Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.Der 7te Januar. sie nach Jerusalem zurück getrieben hätte! So muß auch nochjetzt der Schwelger aufhören, wenn alles um ihn her einschläft oder ihn verläßt. Der größte Theil derer, welche nun auf ih- rem Lager schnarchen, würde, falls er wachen könte, noch flu- chen, Tugendhafte beleidigen und Sünden auf Sünden häufen. So aber kan ihre gottlose Seele sich jetzt nur selber in Träumen ängstigen, verführen oder mißhandeln. Aber der Fromme verlieret doch eben so viel Zeit, welche er O! hätte ich doch heute nur solche Gedanken geheget, nur Der
Der 7te Januar. ſie nach Jeruſalem zuruͤck getrieben haͤtte! So muß auch nochjetzt der Schwelger aufhoͤren, wenn alles um ihn her einſchlaͤft oder ihn verlaͤßt. Der groͤßte Theil derer, welche nun auf ih- rem Lager ſchnarchen, wuͤrde, falls er wachen koͤnte, noch flu- chen, Tugendhafte beleidigen und Suͤnden auf Suͤnden haͤufen. So aber kan ihre gottloſe Seele ſich jetzt nur ſelber in Traͤumen aͤngſtigen, verfuͤhren oder mißhandeln. Aber der Fromme verlieret doch eben ſo viel Zeit, welche er O! haͤtte ich doch heute nur ſolche Gedanken geheget, nur Der
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Der 7te Januar.
ſie nach Jeruſalem zuruͤck getrieben haͤtte! So muß auch noch
jetzt der Schwelger aufhoͤren, wenn alles um ihn her einſchlaͤft
oder ihn verlaͤßt. Der groͤßte Theil derer, welche nun auf ih-
rem Lager ſchnarchen, wuͤrde, falls er wachen koͤnte, noch flu-
chen, Tugendhafte beleidigen und Suͤnden auf Suͤnden haͤufen.
So aber kan ihre gottloſe Seele ſich jetzt nur ſelber in Traͤumen
aͤngſtigen, verfuͤhren oder mißhandeln.
Aber der Fromme verlieret doch eben ſo viel Zeit, welche er
edler anwenden, und dem Dienſte Gottes und der Menſchen
weihen koͤnte! — Ja! iſt er aber nicht auch ſchon vom beſtaͤndi-
gen Kampfe mit ſeinen Fehlern ermuͤdet? War es nicht ſchon
ein ſaures Tagewerk fuͤr ihn, ſein Herz beſtaͤndig zu bewachen,
und ſich dem Strome ſeiner Leidenſchaften entgegen zu ſtellen?
Diſſeits des Grabes biſt du, o Menſch! noch zu ſchwach, unauf-
hoͤrlich Gott zu dienen. Du gleicheſt hier den Saͤuglingen, de-
ren ſchwaͤchlicher Koͤrper vielen Schlaf noͤthig hat, um ſich zu
ſeiner bevorſtehenden Beſtimmung gehoͤrig zu entwickeln. Nim
alſo mit innigſtem Danke die dir von Gott verſtattete Ruhe, und
Abloͤſung von deinem gefaͤhrlichen Poſten, an. Dort aber,
wann du einſt zu deinem wahren Leben gelanget biſt, dann wirſt
du nicht mehr unter der Tugend ermatten, nicht mehr nach Er-
holung dich ſehnen. Keine Nacht wird dich mehr, wo alles
Sonne iſt, von deinen Lobgeſaͤngen abrufen, und du wirſt nicht
mehr uͤber deiner Andacht einſchlummern, wie leider jetzt nicht
ſelten geſchieht! Bis dahin aber wache und bete, daß du nicht in
Anfechtung falleſt; denn willig iſt zwar der Geiſt, aber das
Fleiſch iſt ſchwach!
O! haͤtte ich doch heute nur ſolche Gedanken geheget, nur
ſo geredet und gehandelt, daß ich es mit gutem Gewiſſen mor-
gen, oder wenn ich dieſe Nacht ſtuͤrbe, in der Ewigkeit fortſe-
tzen koͤnte! Vergib, Herr Jeſu! was fehlerhaft war, und erloͤſe
mich endlich von allem Uebel! Amen.
Der
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(2023-05-24T12:24:22Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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