Wenn mich der Zukunft Schicksal schreckt, Die Noth der fernen Tage; Wenn sie in mir die Sorg erweckt, Ob ich sie auch ertrage: So mildre mir die Ewigkeit Das kurze Elend dieser Zeit, Daß nicht mein Herz verzage!
Alle Neujahrwünsche, welche ich heute von Freunden und auch wol von heimlichen Feinden eingeerntet habe, laßen mich noch so arm und hülfsbedürftig, wie zuvor! Aber, was konte ich auch von Men- schen erwarten, welche sich heute dankbar vor mir neigten, als ich ihren Glückwunsch erwiederte! Zu dir, Brunnquell aller Ga- ben! zu dir wende ich mich mit ofnen Händen: du allein kanst ge- ben, was mir nützlich ist, und du wirst mich niemals mit leeren Wünschen abfertigen.
Wie verwegen und eigenmächtig theilen nicht an diesem Tage selbst Gottlose deine Güter, nemlich Freuden, Gesundheit und langes Leben aus! Gleich als wenn du, Allerhöchster! auf ihr Geheiß belohnen oder bestrafen müßtest! Vergib, wenn auch ich heute, von der Mode hingerissen, thörigte Wünsche that, bei denen mein Herz nichts empfand! Jetzt bitte ich dich mit Andacht: gib meinen Freunden und Feinden ein tugendreiches Jahr! Erhalt mir jene, wenn es uns nützlich ist, zur Versüssung meines Le-
bens;
A 2
Am Neujahrstage.
Wenn mich der Zukunft Schickſal ſchreckt, Die Noth der fernen Tage; Wenn ſie in mir die Sorg erweckt, Ob ich ſie auch ertrage: So mildre mir die Ewigkeit Das kurze Elend dieſer Zeit, Daß nicht mein Herz verzage!
Alle Neujahrwuͤnſche, welche ich heute von Freunden und auch wol von heimlichen Feinden eingeerntet habe, laßen mich noch ſo arm und huͤlfsbeduͤrftig, wie zuvor! Aber, was konte ich auch von Men- ſchen erwarten, welche ſich heute dankbar vor mir neigten, als ich ihren Gluͤckwunſch erwiederte! Zu dir, Brunnquell aller Ga- ben! zu dir wende ich mich mit ofnen Haͤnden: du allein kanſt ge- ben, was mir nuͤtzlich iſt, und du wirſt mich niemals mit leeren Wuͤnſchen abfertigen.
Wie verwegen und eigenmaͤchtig theilen nicht an dieſem Tage ſelbſt Gottloſe deine Guͤter, nemlich Freuden, Geſundheit und langes Leben aus! Gleich als wenn du, Allerhoͤchſter! auf ihr Geheiß belohnen oder beſtrafen muͤßteſt! Vergib, wenn auch ich heute, von der Mode hingeriſſen, thoͤrigte Wuͤnſche that, bei denen mein Herz nichts empfand! Jetzt bitte ich dich mit Andacht: gib meinen Freunden und Feinden ein tugendreiches Jahr! Erhalt mir jene, wenn es uns nuͤtzlich iſt, zur Verſuͤſſung meines Le-
bens;
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Am Neujahrstage.
Wenn mich der Zukunft Schickſal ſchreckt,
Die Noth der fernen Tage;
Wenn ſie in mir die Sorg erweckt,
Ob ich ſie auch ertrage:
So mildre mir die Ewigkeit
Das kurze Elend dieſer Zeit,
Daß nicht mein Herz verzage!
Alle Neujahrwuͤnſche, welche ich heute von
Freunden und auch wol von heimlichen Feinden
eingeerntet habe, laßen mich noch ſo arm und
huͤlfsbeduͤrftig, wie zuvor! Aber, was konte ich auch von Men-
ſchen erwarten, welche ſich heute dankbar vor mir neigten, als
ich ihren Gluͤckwunſch erwiederte! Zu dir, Brunnquell aller Ga-
ben! zu dir wende ich mich mit ofnen Haͤnden: du allein kanſt ge-
ben, was mir nuͤtzlich iſt, und du wirſt mich niemals mit leeren
Wuͤnſchen abfertigen.
Wie verwegen und eigenmaͤchtig theilen nicht an dieſem
Tage ſelbſt Gottloſe deine Guͤter, nemlich Freuden, Geſundheit
und langes Leben aus! Gleich als wenn du, Allerhoͤchſter! auf
ihr Geheiß belohnen oder beſtrafen muͤßteſt! Vergib, wenn auch
ich heute, von der Mode hingeriſſen, thoͤrigte Wuͤnſche that, bei
denen mein Herz nichts empfand! Jetzt bitte ich dich mit Andacht:
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mir jene, wenn es uns nuͤtzlich iſt, zur Verſuͤſſung meines Le-
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. [33]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/40>, abgerufen am 23.11.2024.
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