uns sehr bilden können; obgleich der Abstand zwischen dem [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] pfer und seinem Geschöpf allemal unendlich bleibt.
Noch faßlicher aber ist uns das Vorbild unsers Er[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Seine Menschwerdung hatte auch den grossen Entzweck, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] wir ein näheres Muster unsers Verhaltens hätten. Sein [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] halten gegen Freund und Feind, in heitern und trüben Tagen, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Armuth, Versuchung und Leiden; sein Leben und Tod sind l[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Klugheitsregeln für uns. Jm öftern Umgange mit ihm ler[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] wir beten, Sünden besiegen, die Welt verleugnen und dem Hi[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] mel gefallen. Sein Tod ist unser Leben.
Jch Armer! wie weit bin ich noch vom Ziel, von mein[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] möglichsten Vollkommenheit entfernt! Bin ich so liebreich un[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] versöhnlich, so billig und heilig als Gott? Kan ich wie Jesus Mangel leiden und meinem Vater im Himmel danken? Johannes war feinem göttlichen Freunde am ähnlichsten, der hitzige und flatterhafte Petrus war es anfangs weniger, und der neidische gierige Judas am wenigsten. Und wenn ich auch nicht dem Ori- ginal folgen wolte, welchem unter diesen drei Kopien wünschte ich denn am ähnlichsten zu seyn? Jch verwerfe frostig das Exempel des Judas: aber wolte Gott, daß ich nicht schon öfters schnödern Personen nachgeäffet; ihren Gang, ihre Sprache und Flüche treulich kopirt; oder ihre Denkungsart, so schwindelnd sie auch war, zur meinigen gemacht hätte! Schnödern Personen sage ich, welche die dreißig Silberlinge lieber zu einem neuen Buben- stück angeleget hätten.
O! ich will künftig kein Wiederhall menschlicher Gesinnun- gen seyn! Wer an Gott sich spiegeln kan, muß sich nicht um der Thoren Füsse winden und Staub lecken. Jesus schlief unter den Stürmen des Meers: kan ich auch getrost einschlafen, wenn Menschen auf mich stürmen? Gottes Güte gegen jedermann, seine Treue wird mit jedem Morgen verneuet: werde ich morgen auch menschenfreundlich, und werde ich redlich gegen Gott er- wachen?
Der
Der 29te April.
uns ſehr bilden koͤnnen; obgleich der Abſtand zwiſchen dem [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] pfer und ſeinem Geſchoͤpf allemal unendlich bleibt.
Noch faßlicher aber iſt uns das Vorbild unſers Er[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Seine Menſchwerdung hatte auch den groſſen Entzweck, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] wir ein naͤheres Muſter unſers Verhaltens haͤtten. Sein [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] halten gegen Freund und Feind, in heitern und truͤben Tagen, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Armuth, Verſuchung und Leiden; ſein Leben und Tod ſind l[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Klugheitsregeln fuͤr uns. Jm oͤftern Umgange mit ihm ler[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] wir beten, Suͤnden beſiegen, die Welt verleugnen und dem Hi[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] mel gefallen. Sein Tod iſt unſer Leben.
Jch Armer! wie weit bin ich noch vom Ziel, von mein[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] moͤglichſten Vollkommenheit entfernt! Bin ich ſo liebreich un[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] verſoͤhnlich, ſo billig und heilig als Gott? Kan ich wie Jeſus Mangel leiden und meinem Vater im Himmel danken? Johannes war feinem goͤttlichen Freunde am aͤhnlichſten, der hitzige und flatterhafte Petrus war es anfangs weniger, und der neidiſche gierige Judas am wenigſten. Und wenn ich auch nicht dem Ori- ginal folgen wolte, welchem unter dieſen drei Kopien wuͤnſchte ich denn am aͤhnlichſten zu ſeyn? Jch verwerfe froſtig das Exempel des Judas: aber wolte Gott, daß ich nicht ſchon oͤfters ſchnoͤdern Perſonen nachgeaͤffet; ihren Gang, ihre Sprache und Fluͤche treulich kopirt; oder ihre Denkungsart, ſo ſchwindelnd ſie auch war, zur meinigen gemacht haͤtte! Schnoͤdern Perſonen ſage ich, welche die dreißig Silberlinge lieber zu einem neuen Buben- ſtuͤck angeleget haͤtten.
O! ich will kuͤnftig kein Wiederhall menſchlicher Geſinnun- gen ſeyn! Wer an Gott ſich ſpiegeln kan, muß ſich nicht um der Thoren Fuͤſſe winden und Staub lecken. Jeſus ſchlief unter den Stuͤrmen des Meers: kan ich auch getroſt einſchlafen, wenn Menſchen auf mich ſtuͤrmen? Gottes Guͤte gegen jedermann, ſeine Treue wird mit jedem Morgen verneuet: werde ich morgen auch menſchenfreundlich, und werde ich redlich gegen Gott er- wachen?
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[248[278]/0285]
Der 29te April.
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Mangel leiden und meinem Vater im Himmel danken? Johannes
war feinem goͤttlichen Freunde am aͤhnlichſten, der hitzige und
flatterhafte Petrus war es anfangs weniger, und der neidiſche
gierige Judas am wenigſten. Und wenn ich auch nicht dem Ori-
ginal folgen wolte, welchem unter dieſen drei Kopien wuͤnſchte ich
denn am aͤhnlichſten zu ſeyn? Jch verwerfe froſtig das Exempel
des Judas: aber wolte Gott, daß ich nicht ſchon oͤfters ſchnoͤdern
Perſonen nachgeaͤffet; ihren Gang, ihre Sprache und Fluͤche
treulich kopirt; oder ihre Denkungsart, ſo ſchwindelnd ſie auch
war, zur meinigen gemacht haͤtte! Schnoͤdern Perſonen ſage
ich, welche die dreißig Silberlinge lieber zu einem neuen Buben-
ſtuͤck angeleget haͤtten.
O! ich will kuͤnftig kein Wiederhall menſchlicher Geſinnun-
gen ſeyn! Wer an Gott ſich ſpiegeln kan, muß ſich nicht um
der Thoren Fuͤſſe winden und Staub lecken. Jeſus ſchlief unter
den Stuͤrmen des Meers: kan ich auch getroſt einſchlafen, wenn
Menſchen auf mich ſtuͤrmen? Gottes Guͤte gegen jedermann,
ſeine Treue wird mit jedem Morgen verneuet: werde ich morgen
auch menſchenfreundlich, und werde ich redlich gegen Gott er-
wachen?
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 248[278]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/285>, abgerufen am 24.11.2024.
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