chen Daniels, diese pünktliche Bestimmung der Geburt Christi, keine gemeine Einsicht in die Chronologie erfodern: so kan mich der heutige Tag an manche wichtige Wahrheit erinnern. Mit wel- chen erhabnen Vorzügen hast du, o Gott! die Menschen begabt! Ihr Verstand dringt über die Wolken, mißt den wunderbaren Lauf deiner Welten, und -- sich selbst kennen sie selten genau! Von da durchspüren sie die Eingeweide der Berge, und -- sich selbst vergessen sie! Wie groß und wie klein ist doch der Sterbli- che! Und welch ein Zwerg ist er, trotz seines Aufblähens, wenn er Gott nicht fürchtet!
Wie viele Aussichten eröfnet mir demnach nicht der heutige seltne Tag! Aber das soll mir die wichtigste seyn, daß wenn ich ihn, nach manchem sauren Schritt, aber auch nach unzähligen Wohlthaten Gottes, noch Einmal erleben solte, er mich alsdann fertiger im Guten und vereinigter mit Jesu antreffen müsse. Dis sey mein heutiges Gelübde. Erinnere mich dessen, mein Erlö- ser! so oft ich leichtsinnig werden will, und erhalt mich dir ge- treu, bis ich dahin komme, wo keine Abwechselung von Licht und Finsterniß, wo keine Zeit mehr ist!
Der
Der 29te Februar.
chen Daniels, dieſe puͤnktliche Beſtimmung der Geburt Chriſti, keine gemeine Einſicht in die Chronologie erfodern: ſo kan mich der heutige Tag an manche wichtige Wahrheit erinnern. Mit wel- chen erhabnen Vorzuͤgen haſt du, o Gott! die Menſchen begabt! Ihr Verſtand dringt uͤber die Wolken, mißt den wunderbaren Lauf deiner Welten, und — ſich ſelbſt kennen ſie ſelten genau! Von da durchſpuͤren ſie die Eingeweide der Berge, und — ſich ſelbſt vergeſſen ſie! Wie groß und wie klein iſt doch der Sterbli- che! Und welch ein Zwerg iſt er, trotz ſeines Aufblaͤhens, wenn er Gott nicht fuͤrchtet!
Wie viele Ausſichten eroͤfnet mir demnach nicht der heutige ſeltne Tag! Aber das ſoll mir die wichtigſte ſeyn, daß wenn ich ihn, nach manchem ſauren Schritt, aber auch nach unzaͤhligen Wohlthaten Gottes, noch Einmal erleben ſolte, er mich alsdann fertiger im Guten und vereinigter mit Jeſu antreffen muͤſſe. Dis ſey mein heutiges Geluͤbde. Erinnere mich deſſen, mein Erloͤ- ſer! ſo oft ich leichtſinnig werden will, und erhalt mich dir ge- treu, bis ich dahin komme, wo keine Abwechſelung von Licht und Finſterniß, wo keine Zeit mehr iſt!
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[124[154]/0161]
Der 29te Februar.
chen Daniels, dieſe puͤnktliche Beſtimmung der Geburt Chriſti,
keine gemeine Einſicht in die Chronologie erfodern: ſo kan mich
der heutige Tag an manche wichtige Wahrheit erinnern. Mit wel-
chen erhabnen Vorzuͤgen haſt du, o Gott! die Menſchen begabt!
Ihr Verſtand dringt uͤber die Wolken, mißt den wunderbaren
Lauf deiner Welten, und — ſich ſelbſt kennen ſie ſelten genau!
Von da durchſpuͤren ſie die Eingeweide der Berge, und — ſich
ſelbſt vergeſſen ſie! Wie groß und wie klein iſt doch der Sterbli-
che! Und welch ein Zwerg iſt er, trotz ſeines Aufblaͤhens, wenn
er Gott nicht fuͤrchtet!
Wie viele Ausſichten eroͤfnet mir demnach nicht der heutige
ſeltne Tag! Aber das ſoll mir die wichtigſte ſeyn, daß wenn ich
ihn, nach manchem ſauren Schritt, aber auch nach unzaͤhligen
Wohlthaten Gottes, noch Einmal erleben ſolte, er mich alsdann
fertiger im Guten und vereinigter mit Jeſu antreffen muͤſſe. Dis
ſey mein heutiges Geluͤbde. Erinnere mich deſſen, mein Erloͤ-
ſer! ſo oft ich leichtſinnig werden will, und erhalt mich dir ge-
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 124[154]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/161>, abgerufen am 27.07.2024.
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