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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 26te Februar.
Nun geht ihr matten Glieder!
Geht hin und legt euch nieder,
Der Betten ihr begehrt.
Es kommen Stund und Zeiten,
Da man euch wird bereiten
Zu ruhn ein Bettlein in der Erd!


Die Aehnlichkeit unter Bette und Grab ist so groß,
daß man sich kaum enthalten kan, an beide zugleich zu ge-
denken. Ist es doch, als wenn der Allgütige alles um uns her
unterrichtet hätte, laut uns zuzurufen: Mensch! bestell dein Haus!

Ich ziehe jetzt meine Kleider aus, und nehme beinahe die
Gestalt an, welche ich im Sarge haben werde. Ein Hemde und
einige Kleinigkeiten, welche zusammen genommen nicht so viel
werth sind, als ich zuweilen in einer Mahlzeit verzehre, oder an
den Finger stecke! So armselig werde ich auch die Welt verlassen!
Fast eben so nackend, als ich sie betrat! Die Krankheit macht den
Anfang, uns auszukleiden. Sie nimt uns alles, läßt uns aber
doch noch das Bette, etwas Arznei, Wasser aber kaum Brod,
und die allernächsten Freunde; denn die andern verlaufen sich
meistens. Sind wir todt, so ziehet man uns vollend aus. Einige
Bretter, etwas Hobelspäne und Leinewand: das ist die ganze
Ausstattung, womit man uns von sich hinaus schaft.

Betend beschliesse ich jetzt meine Geschäfte, und sehne mich
nach Ruhe. So werde ich auch am Abend meines Lebens von
aller irdischen Arbeit feiern, herzlich (noch herzlicher als jetzt!)
beten, und mich nach meiner Auflösung sehnen. Diese heilsame
Sehnsucht, die wir bei gesunden Tagen so wenig kennen, wird
uns nach und nach durch Alter oder Krankheiten beigebracht.
Denn auch dafür hat der Allgütige gesorgt, daß wir nicht mit

zu
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Der 26te Februar.
Nun geht ihr matten Glieder!
Geht hin und legt euch nieder,
Der Betten ihr begehrt.
Es kommen Stund und Zeiten,
Da man euch wird bereiten
Zu ruhn ein Bettlein in der Erd!


Die Aehnlichkeit unter Bette und Grab iſt ſo groß,
daß man ſich kaum enthalten kan, an beide zugleich zu ge-
denken. Iſt es doch, als wenn der Allguͤtige alles um uns her
unterrichtet haͤtte, laut uns zuzurufen: Menſch! beſtell dein Haus!

Ich ziehe jetzt meine Kleider aus, und nehme beinahe die
Geſtalt an, welche ich im Sarge haben werde. Ein Hemde und
einige Kleinigkeiten, welche zuſammen genommen nicht ſo viel
werth ſind, als ich zuweilen in einer Mahlzeit verzehre, oder an
den Finger ſtecke! So armſelig werde ich auch die Welt verlaſſen!
Faſt eben ſo nackend, als ich ſie betrat! Die Krankheit macht den
Anfang, uns auszukleiden. Sie nimt uns alles, laͤßt uns aber
doch noch das Bette, etwas Arznei, Waſſer aber kaum Brod,
und die allernaͤchſten Freunde; denn die andern verlaufen ſich
meiſtens. Sind wir todt, ſo ziehet man uns vollend aus. Einige
Bretter, etwas Hobelſpaͤne und Leinewand: das iſt die ganze
Ausſtattung, womit man uns von ſich hinaus ſchaft.

Betend beſchlieſſe ich jetzt meine Geſchaͤfte, und ſehne mich
nach Ruhe. So werde ich auch am Abend meines Lebens von
aller irdiſchen Arbeit feiern, herzlich (noch herzlicher als jetzt!)
beten, und mich nach meiner Aufloͤſung ſehnen. Dieſe heilſame
Sehnſucht, die wir bei geſunden Tagen ſo wenig kennen, wird
uns nach und nach durch Alter oder Krankheiten beigebracht.
Denn auch dafuͤr hat der Allguͤtige geſorgt, daß wir nicht mit

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[117[147]/0154] Der 26te Februar. Nun geht ihr matten Glieder! Geht hin und legt euch nieder, Der Betten ihr begehrt. Es kommen Stund und Zeiten, Da man euch wird bereiten Zu ruhn ein Bettlein in der Erd! Die Aehnlichkeit unter Bette und Grab iſt ſo groß, daß man ſich kaum enthalten kan, an beide zugleich zu ge- denken. Iſt es doch, als wenn der Allguͤtige alles um uns her unterrichtet haͤtte, laut uns zuzurufen: Menſch! beſtell dein Haus! Ich ziehe jetzt meine Kleider aus, und nehme beinahe die Geſtalt an, welche ich im Sarge haben werde. Ein Hemde und einige Kleinigkeiten, welche zuſammen genommen nicht ſo viel werth ſind, als ich zuweilen in einer Mahlzeit verzehre, oder an den Finger ſtecke! So armſelig werde ich auch die Welt verlaſſen! Faſt eben ſo nackend, als ich ſie betrat! Die Krankheit macht den Anfang, uns auszukleiden. Sie nimt uns alles, laͤßt uns aber doch noch das Bette, etwas Arznei, Waſſer aber kaum Brod, und die allernaͤchſten Freunde; denn die andern verlaufen ſich meiſtens. Sind wir todt, ſo ziehet man uns vollend aus. Einige Bretter, etwas Hobelſpaͤne und Leinewand: das iſt die ganze Ausſtattung, womit man uns von ſich hinaus ſchaft. Betend beſchlieſſe ich jetzt meine Geſchaͤfte, und ſehne mich nach Ruhe. So werde ich auch am Abend meines Lebens von aller irdiſchen Arbeit feiern, herzlich (noch herzlicher als jetzt!) beten, und mich nach meiner Aufloͤſung ſehnen. Dieſe heilſame Sehnſucht, die wir bei geſunden Tagen ſo wenig kennen, wird uns nach und nach durch Alter oder Krankheiten beigebracht. Denn auch dafuͤr hat der Allguͤtige geſorgt, daß wir nicht mit zu H 3

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 117[147]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/154>, abgerufen am 21.11.2024.