Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und durcheinander; denn eine glänzende Equipage suchte sich in der engen Gasse Bahn zu machen. Livreebediente in betreßten Kleidern standen hinten auf, ein glänzender, geschickter Kutscher lenkte die Rosse, und aus dem Wagen stieg ein prächtig gekleideter Herr mit Orden und Stern. Wohnt hier nicht ein Herr Brand? fragte der vornehme Mann; und was hat dieser Auflauf zu bedeuten? Sie wollen da drin, Ew. Durchlaucht, sagte ein kleiner Krämer, eine neue Revolution anfangen, und die Polizei ist dahintergekommen; es wird auch gleich ein Regiment von der Garde einrücken, weil sich die Rebellen nicht ergeben wollen. Es ist halt eine Secte, Excellenz, rief ein Obsthöker; sie wollen als gottlos und überflüssig alle Treppen abschaffen. Nein, nein! schrie eine Frau dazwischen, er soll vom heiligen Sanct Simon abstammen, der Empörer; alles Holz, sagt er, und alles Eigenthum soll gemeinschaftlich sein, und die Feuerleiter haben sie schon geholt, um ihn gefangen zu nehmen. Es war dem Fremden schwer, in die Thür des Hauses zu gelangen, obgleich ihm Alles Platz machen wollte. Der alte Emmerich trat ihm entgegen und berichtete auf Nachfrage mit vieler Höflichkeit die Lage der Dinge, und wie man noch nicht einig sei, auf welche Weise man des großen Verbrechers habhaft und durcheinander; denn eine glänzende Equipage suchte sich in der engen Gasse Bahn zu machen. Livreebediente in betreßten Kleidern standen hinten auf, ein glänzender, geschickter Kutscher lenkte die Rosse, und aus dem Wagen stieg ein prächtig gekleideter Herr mit Orden und Stern. Wohnt hier nicht ein Herr Brand? fragte der vornehme Mann; und was hat dieser Auflauf zu bedeuten? Sie wollen da drin, Ew. Durchlaucht, sagte ein kleiner Krämer, eine neue Revolution anfangen, und die Polizei ist dahintergekommen; es wird auch gleich ein Regiment von der Garde einrücken, weil sich die Rebellen nicht ergeben wollen. Es ist halt eine Secte, Excellenz, rief ein Obsthöker; sie wollen als gottlos und überflüssig alle Treppen abschaffen. Nein, nein! schrie eine Frau dazwischen, er soll vom heiligen Sanct Simon abstammen, der Empörer; alles Holz, sagt er, und alles Eigenthum soll gemeinschaftlich sein, und die Feuerleiter haben sie schon geholt, um ihn gefangen zu nehmen. Es war dem Fremden schwer, in die Thür des Hauses zu gelangen, obgleich ihm Alles Platz machen wollte. Der alte Emmerich trat ihm entgegen und berichtete auf Nachfrage mit vieler Höflichkeit die Lage der Dinge, und wie man noch nicht einig sei, auf welche Weise man des großen Verbrechers habhaft <TEI> <text> <body> <div n="4"> <p><pb facs="#f0082"/> und durcheinander; denn eine glänzende Equipage suchte sich in der engen Gasse Bahn zu machen. Livreebediente in betreßten Kleidern standen hinten auf, ein glänzender, geschickter Kutscher lenkte die Rosse, und aus dem Wagen stieg ein prächtig gekleideter Herr mit Orden und Stern.</p><lb/> <p>Wohnt hier nicht ein Herr Brand? fragte der vornehme Mann; und was hat dieser Auflauf zu bedeuten?</p><lb/> <p>Sie wollen da drin, Ew. Durchlaucht, sagte ein kleiner Krämer, eine neue Revolution anfangen, und die Polizei ist dahintergekommen; es wird auch gleich ein Regiment von der Garde einrücken, weil sich die Rebellen nicht ergeben wollen.</p><lb/> <p>Es ist halt eine Secte, Excellenz, rief ein Obsthöker; sie wollen als gottlos und überflüssig alle Treppen abschaffen.</p><lb/> <p>Nein, nein! schrie eine Frau dazwischen, er soll vom heiligen Sanct Simon abstammen, der Empörer; alles Holz, sagt er, und alles Eigenthum soll gemeinschaftlich sein, und die Feuerleiter haben sie schon geholt, um ihn gefangen zu nehmen.</p><lb/> <p>Es war dem Fremden schwer, in die Thür des Hauses zu gelangen, obgleich ihm Alles Platz machen wollte. Der alte Emmerich trat ihm entgegen und berichtete auf Nachfrage mit vieler Höflichkeit die Lage der Dinge, und wie man noch nicht einig sei, auf welche Weise man des großen Verbrechers habhaft<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
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Wohnt hier nicht ein Herr Brand? fragte der vornehme Mann; und was hat dieser Auflauf zu bedeuten?
Sie wollen da drin, Ew. Durchlaucht, sagte ein kleiner Krämer, eine neue Revolution anfangen, und die Polizei ist dahintergekommen; es wird auch gleich ein Regiment von der Garde einrücken, weil sich die Rebellen nicht ergeben wollen.
Es ist halt eine Secte, Excellenz, rief ein Obsthöker; sie wollen als gottlos und überflüssig alle Treppen abschaffen.
Nein, nein! schrie eine Frau dazwischen, er soll vom heiligen Sanct Simon abstammen, der Empörer; alles Holz, sagt er, und alles Eigenthum soll gemeinschaftlich sein, und die Feuerleiter haben sie schon geholt, um ihn gefangen zu nehmen.
Es war dem Fremden schwer, in die Thür des Hauses zu gelangen, obgleich ihm Alles Platz machen wollte. Der alte Emmerich trat ihm entgegen und berichtete auf Nachfrage mit vieler Höflichkeit die Lage der Dinge, und wie man noch nicht einig sei, auf welche Weise man des großen Verbrechers habhaft
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/82>, abgerufen am 19.07.2024. |