Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.zu ergeben, und ich werde ihm jetzt Antwort sagen, aber bescheidentlich, nicht wie mein großes Vorbild von damals. Clara lächelte ihm freundlich zu und sagte nur die wenigen Worte: Dein Schicksal ist das meinige; ich glaube aber doch, daß wenn mein Vater mich jetzt sähe, er mir verzeihen würde. Heinrich ging wieder hinaus, und als er sah, daß man wirklich eine Leiter herbeischleppen wollte, sagte er mit feierlichem Ton: Meine Herren, bedenken Sie, was Sie thun, ich bin seit Wochen schon auf Alles, auf das Aeußerste gefaßt, ich werde mich nicht gefangen geben, sondern mich bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen. Hier bringe ich zwei Doppelflinten, beide scharf geladen, und noch mehr, diese alte Kanone, ein gefährliches Feldstück voller Kartätschen und gehacktem Blei, zerstoßenem Glas und derlei Ingredienzen. Pulver, Kugeln, Kartätschen, Blei, alles Nöthige ist im Zimmer aufgehäuft; während ich schieße, ladet meine tapfere Frau, die als Jägerin wohl damit umzugehen weiß, die Stücke aufs Neue, und so rücken Sie denn an, wenn Sie Blut vergießen wollen. Das ist ja ein Erzsakermenter, sagte der Polizeianführer; ein solcher resoluter Verbrecher ist mir seit lange nicht vor die Augen gekommen. Wie mag er nur aussehen? Denn man kann in diesem dunkeln Neste keinen Stich sehen. Heinrich hatte zwei Stäbe und einen alten Stiefel auf den Boden niedergelegt, die ihm für Kanone und zu ergeben, und ich werde ihm jetzt Antwort sagen, aber bescheidentlich, nicht wie mein großes Vorbild von damals. Clara lächelte ihm freundlich zu und sagte nur die wenigen Worte: Dein Schicksal ist das meinige; ich glaube aber doch, daß wenn mein Vater mich jetzt sähe, er mir verzeihen würde. Heinrich ging wieder hinaus, und als er sah, daß man wirklich eine Leiter herbeischleppen wollte, sagte er mit feierlichem Ton: Meine Herren, bedenken Sie, was Sie thun, ich bin seit Wochen schon auf Alles, auf das Aeußerste gefaßt, ich werde mich nicht gefangen geben, sondern mich bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen. Hier bringe ich zwei Doppelflinten, beide scharf geladen, und noch mehr, diese alte Kanone, ein gefährliches Feldstück voller Kartätschen und gehacktem Blei, zerstoßenem Glas und derlei Ingredienzen. Pulver, Kugeln, Kartätschen, Blei, alles Nöthige ist im Zimmer aufgehäuft; während ich schieße, ladet meine tapfere Frau, die als Jägerin wohl damit umzugehen weiß, die Stücke aufs Neue, und so rücken Sie denn an, wenn Sie Blut vergießen wollen. Das ist ja ein Erzsakermenter, sagte der Polizeianführer; ein solcher resoluter Verbrecher ist mir seit lange nicht vor die Augen gekommen. Wie mag er nur aussehen? Denn man kann in diesem dunkeln Neste keinen Stich sehen. Heinrich hatte zwei Stäbe und einen alten Stiefel auf den Boden niedergelegt, die ihm für Kanone und <TEI> <text> <body> <div n="4"> <p><pb facs="#f0079"/> zu ergeben, und ich werde ihm jetzt Antwort sagen, aber bescheidentlich, nicht wie mein großes Vorbild von damals. Clara lächelte ihm freundlich zu und sagte nur die wenigen Worte: Dein Schicksal ist das meinige; ich glaube aber doch, daß wenn mein Vater mich jetzt sähe, er mir verzeihen würde.</p><lb/> <p>Heinrich ging wieder hinaus, und als er sah, daß man wirklich eine Leiter herbeischleppen wollte, sagte er mit feierlichem Ton: Meine Herren, bedenken Sie, was Sie thun, ich bin seit Wochen schon auf Alles, auf das Aeußerste gefaßt, ich werde mich nicht gefangen geben, sondern mich bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen. Hier bringe ich zwei Doppelflinten, beide scharf geladen, und noch mehr, diese alte Kanone, ein gefährliches Feldstück voller Kartätschen und gehacktem Blei, zerstoßenem Glas und derlei Ingredienzen. Pulver, Kugeln, Kartätschen, Blei, alles Nöthige ist im Zimmer aufgehäuft; während ich schieße, ladet meine tapfere Frau, die als Jägerin wohl damit umzugehen weiß, die Stücke aufs Neue, und so rücken Sie denn an, wenn Sie Blut vergießen wollen.</p><lb/> <p>Das ist ja ein Erzsakermenter, sagte der Polizeianführer; ein solcher resoluter Verbrecher ist mir seit lange nicht vor die Augen gekommen. Wie mag er nur aussehen? Denn man kann in diesem dunkeln Neste keinen Stich sehen.</p><lb/> <p>Heinrich hatte zwei Stäbe und einen alten Stiefel auf den Boden niedergelegt, die ihm für Kanone und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0079]
zu ergeben, und ich werde ihm jetzt Antwort sagen, aber bescheidentlich, nicht wie mein großes Vorbild von damals. Clara lächelte ihm freundlich zu und sagte nur die wenigen Worte: Dein Schicksal ist das meinige; ich glaube aber doch, daß wenn mein Vater mich jetzt sähe, er mir verzeihen würde.
Heinrich ging wieder hinaus, und als er sah, daß man wirklich eine Leiter herbeischleppen wollte, sagte er mit feierlichem Ton: Meine Herren, bedenken Sie, was Sie thun, ich bin seit Wochen schon auf Alles, auf das Aeußerste gefaßt, ich werde mich nicht gefangen geben, sondern mich bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen. Hier bringe ich zwei Doppelflinten, beide scharf geladen, und noch mehr, diese alte Kanone, ein gefährliches Feldstück voller Kartätschen und gehacktem Blei, zerstoßenem Glas und derlei Ingredienzen. Pulver, Kugeln, Kartätschen, Blei, alles Nöthige ist im Zimmer aufgehäuft; während ich schieße, ladet meine tapfere Frau, die als Jägerin wohl damit umzugehen weiß, die Stücke aufs Neue, und so rücken Sie denn an, wenn Sie Blut vergießen wollen.
Das ist ja ein Erzsakermenter, sagte der Polizeianführer; ein solcher resoluter Verbrecher ist mir seit lange nicht vor die Augen gekommen. Wie mag er nur aussehen? Denn man kann in diesem dunkeln Neste keinen Stich sehen.
Heinrich hatte zwei Stäbe und einen alten Stiefel auf den Boden niedergelegt, die ihm für Kanone und
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/79>, abgerufen am 19.07.2024. |