Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.samkeit, nach Art des Diogenes, aus dem Hause, sondern im Gegentheil im Gefühl meines Wohlstandes, um nur nicht, wie die jetzige Zeit, aus thörichtem Sparen zum Verschwender zu werden. Du hast es getroffen, sagte die Gattin lächelnd; aber damals lebten wir von dem Erlös dieser überflüssigen Sachen doch noch verschwenderisch. Oft sogar hatten wir zwei Schüsseln. Jetzt setzten sich die beiden Gatten zum dürftigsten Male nieder. Wer sie gesehen, hätte sie für beneidenswerth halten müssen, so fröhlich, ja ausgelassen waren sie an der einfachen Tafel. Als die Brodsuppe verzehrt war, holte Clara mit schalkhafter Miene einen verdeckten Teller aus dem Ofen und setzte dem überraschten Gatten noch einige Kartoffeln vor. Sieh! rief dieser, das heißt einem, wenn man sich an den vielen Büchern satt studirt hat, eine heimliche Freude machen! Dieser gute Erdapfel hat mit zu der großen Umwälzung von Europa beigetragen. Der Held Walter Raleigh soll leben! Sie stießen mit den Wassergläsern an, und Heinrich sah nach, ob der Enthusiasmus auch nicht einen Riß im Glase verursacht habe. Um diese ungeheure Künstlichkeit, sagte er dann, um diese Einrichtung mit unsern alltäglichen Gläsern würden uns die reichsten Fürsten des Alterthums beneidet haben. Es muß langweilig sein, aus einem goldenen Pokal zu trinken, vollends so schönes, klares, gesundes Wasser. Aber in unsern Gläsern schwebt die erfrischende Welle so heiter samkeit, nach Art des Diogenes, aus dem Hause, sondern im Gegentheil im Gefühl meines Wohlstandes, um nur nicht, wie die jetzige Zeit, aus thörichtem Sparen zum Verschwender zu werden. Du hast es getroffen, sagte die Gattin lächelnd; aber damals lebten wir von dem Erlös dieser überflüssigen Sachen doch noch verschwenderisch. Oft sogar hatten wir zwei Schüsseln. Jetzt setzten sich die beiden Gatten zum dürftigsten Male nieder. Wer sie gesehen, hätte sie für beneidenswerth halten müssen, so fröhlich, ja ausgelassen waren sie an der einfachen Tafel. Als die Brodsuppe verzehrt war, holte Clara mit schalkhafter Miene einen verdeckten Teller aus dem Ofen und setzte dem überraschten Gatten noch einige Kartoffeln vor. Sieh! rief dieser, das heißt einem, wenn man sich an den vielen Büchern satt studirt hat, eine heimliche Freude machen! Dieser gute Erdapfel hat mit zu der großen Umwälzung von Europa beigetragen. Der Held Walter Raleigh soll leben! Sie stießen mit den Wassergläsern an, und Heinrich sah nach, ob der Enthusiasmus auch nicht einen Riß im Glase verursacht habe. Um diese ungeheure Künstlichkeit, sagte er dann, um diese Einrichtung mit unsern alltäglichen Gläsern würden uns die reichsten Fürsten des Alterthums beneidet haben. Es muß langweilig sein, aus einem goldenen Pokal zu trinken, vollends so schönes, klares, gesundes Wasser. Aber in unsern Gläsern schwebt die erfrischende Welle so heiter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012"/> samkeit, nach Art des Diogenes, aus dem Hause, sondern im Gegentheil im Gefühl meines Wohlstandes, um nur nicht, wie die jetzige Zeit, aus thörichtem Sparen zum Verschwender zu werden.</p><lb/> <p>Du hast es getroffen, sagte die Gattin lächelnd; aber damals lebten wir von dem Erlös dieser überflüssigen Sachen doch noch verschwenderisch. Oft sogar hatten wir zwei Schüsseln.</p><lb/> <p>Jetzt setzten sich die beiden Gatten zum dürftigsten Male nieder. Wer sie gesehen, hätte sie für beneidenswerth halten müssen, so fröhlich, ja ausgelassen waren sie an der einfachen Tafel. Als die Brodsuppe verzehrt war, holte Clara mit schalkhafter Miene einen verdeckten Teller aus dem Ofen und setzte dem überraschten Gatten noch einige Kartoffeln vor. Sieh! rief dieser, das heißt einem, wenn man sich an den vielen Büchern satt studirt hat, eine heimliche Freude machen! Dieser gute Erdapfel hat mit zu der großen Umwälzung von Europa beigetragen. Der Held Walter Raleigh soll leben! Sie stießen mit den Wassergläsern an, und Heinrich sah nach, ob der Enthusiasmus auch nicht einen Riß im Glase verursacht habe. Um diese ungeheure Künstlichkeit, sagte er dann, um diese Einrichtung mit unsern alltäglichen Gläsern würden uns die reichsten Fürsten des Alterthums beneidet haben. Es muß langweilig sein, aus einem goldenen Pokal zu trinken, vollends so schönes, klares, gesundes Wasser. Aber in unsern Gläsern schwebt die erfrischende Welle so heiter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0012]
samkeit, nach Art des Diogenes, aus dem Hause, sondern im Gegentheil im Gefühl meines Wohlstandes, um nur nicht, wie die jetzige Zeit, aus thörichtem Sparen zum Verschwender zu werden.
Du hast es getroffen, sagte die Gattin lächelnd; aber damals lebten wir von dem Erlös dieser überflüssigen Sachen doch noch verschwenderisch. Oft sogar hatten wir zwei Schüsseln.
Jetzt setzten sich die beiden Gatten zum dürftigsten Male nieder. Wer sie gesehen, hätte sie für beneidenswerth halten müssen, so fröhlich, ja ausgelassen waren sie an der einfachen Tafel. Als die Brodsuppe verzehrt war, holte Clara mit schalkhafter Miene einen verdeckten Teller aus dem Ofen und setzte dem überraschten Gatten noch einige Kartoffeln vor. Sieh! rief dieser, das heißt einem, wenn man sich an den vielen Büchern satt studirt hat, eine heimliche Freude machen! Dieser gute Erdapfel hat mit zu der großen Umwälzung von Europa beigetragen. Der Held Walter Raleigh soll leben! Sie stießen mit den Wassergläsern an, und Heinrich sah nach, ob der Enthusiasmus auch nicht einen Riß im Glase verursacht habe. Um diese ungeheure Künstlichkeit, sagte er dann, um diese Einrichtung mit unsern alltäglichen Gläsern würden uns die reichsten Fürsten des Alterthums beneidet haben. Es muß langweilig sein, aus einem goldenen Pokal zu trinken, vollends so schönes, klares, gesundes Wasser. Aber in unsern Gläsern schwebt die erfrischende Welle so heiter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/12 |
Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/12>, abgerufen am 17.02.2025. |