Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

treffe, so ist es mir ein kleines, auch anzu¬
nehmen, daß diese Thiere sprechen, und daß
ihre Worte hingeschrieben sind, wie sie selbst
nur gemahlt sind. Es entsteht dadurch et¬
was Geheimnißvolles, wovon ich nicht gut sa¬
gen kann, worin es liegt. Die übertriebenen
Mienen und Gebehrden aber sind mir zuwi¬
der. Wenn die Mahler immer bei dieser
alten Methode bleiben, so werden sie sich
auch stets in den Schranken der guten Sit¬
ten halten, denn dieser Ausdruck mit Wor¬
ten führt gleichsam eine Aufsicht über ihr
Werk. Ein Gemählde ist und bleibt eine
gutgemeinte Spielerei, und darum muß man
sie auch niemals zu ernsthaft treiben.

Franz ging betrübt hinweg, er wollte
am folgenden Morgen anfangen. Das Ge¬
rüst wurde eingerichtet, die Farben waren
zubereitet; als er in der Kirche oben allein
stand, und in die trüben Gitter hineinsah,

treffe, ſo iſt es mir ein kleines, auch anzu¬
nehmen, daß dieſe Thiere ſprechen, und daß
ihre Worte hingeſchrieben ſind, wie ſie ſelbſt
nur gemahlt ſind. Es entſteht dadurch et¬
was Geheimnißvolles, wovon ich nicht gut ſa¬
gen kann, worin es liegt. Die übertriebenen
Mienen und Gebehrden aber ſind mir zuwi¬
der. Wenn die Mahler immer bei dieſer
alten Methode bleiben, ſo werden ſie ſich
auch ſtets in den Schranken der guten Sit¬
ten halten, denn dieſer Ausdruck mit Wor¬
ten führt gleichſam eine Aufſicht über ihr
Werk. Ein Gemählde iſt und bleibt eine
gutgemeinte Spielerei, und darum muß man
ſie auch niemals zu ernſthaft treiben.

Franz ging betrübt hinweg, er wollte
am folgenden Morgen anfangen. Das Ge¬
rüſt wurde eingerichtet, die Farben waren
zubereitet; als er in der Kirche oben allein
ſtand, und in die trüben Gitter hineinſah,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0325" n="317"/>
treffe, &#x017F;o i&#x017F;t es mir ein kleines, auch anzu¬<lb/>
nehmen, daß die&#x017F;e Thiere &#x017F;prechen, und daß<lb/>
ihre Worte hinge&#x017F;chrieben &#x017F;ind, wie &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nur gemahlt &#x017F;ind. Es ent&#x017F;teht dadurch et¬<lb/>
was Geheimnißvolles, wovon ich nicht gut &#x017F;<lb/>
gen kann, worin es liegt. Die übertriebenen<lb/>
Mienen und Gebehrden aber &#x017F;ind mir zuwi¬<lb/>
der. Wenn die Mahler immer bei die&#x017F;er<lb/>
alten Methode bleiben, &#x017F;o werden &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
auch &#x017F;tets in den Schranken der guten Sit¬<lb/>
ten halten, denn die&#x017F;er Ausdruck mit Wor¬<lb/>
ten führt gleich&#x017F;am eine Auf&#x017F;icht über ihr<lb/>
Werk. Ein Gemählde i&#x017F;t und bleibt eine<lb/>
gutgemeinte Spielerei, und darum muß man<lb/>
&#x017F;ie auch niemals zu ern&#x017F;thaft treiben.</p><lb/>
          <p>Franz ging betrübt hinweg, er wollte<lb/>
am folgenden Morgen anfangen. Das Ge¬<lb/>&#x017F;t wurde eingerichtet, die Farben waren<lb/>
zubereitet; als er in der Kirche oben allein<lb/>
&#x017F;tand, und in die trüben Gitter hinein&#x017F;ah,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0325] treffe, ſo iſt es mir ein kleines, auch anzu¬ nehmen, daß dieſe Thiere ſprechen, und daß ihre Worte hingeſchrieben ſind, wie ſie ſelbſt nur gemahlt ſind. Es entſteht dadurch et¬ was Geheimnißvolles, wovon ich nicht gut ſa¬ gen kann, worin es liegt. Die übertriebenen Mienen und Gebehrden aber ſind mir zuwi¬ der. Wenn die Mahler immer bei dieſer alten Methode bleiben, ſo werden ſie ſich auch ſtets in den Schranken der guten Sit¬ ten halten, denn dieſer Ausdruck mit Wor¬ ten führt gleichſam eine Aufſicht über ihr Werk. Ein Gemählde iſt und bleibt eine gutgemeinte Spielerei, und darum muß man ſie auch niemals zu ernſthaft treiben. Franz ging betrübt hinweg, er wollte am folgenden Morgen anfangen. Das Ge¬ rüſt wurde eingerichtet, die Farben waren zubereitet; als er in der Kirche oben allein ſtand, und in die trüben Gitter hineinſah,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/325
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/325>, abgerufen am 27.11.2024.