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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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niemals um die Natur zu thun, sondern ich
suche den Charakter oder die Physiognomie
herauszufühlen, und irgend einen frommen
Gedanken hineinzulegen, der die Landschaft
wieder in eine schöne Historie verwandelt.

Er machte hierauf den jungen Mahler
auf eine Landschaft aufmerksam, die etwas
abseits hing. Es war eine Nachtscene, Wald,
Berg und Thal lag in unkenntlichen Massen
durch einander, schwarze Wolken tief vom
Himmel hinunter. Ein Pilgram ging durch
die Nacht, an seinem Stabe, an seinen Mu¬
scheln am Hute kennbar: um ihn zog sich
das dichteste Dunkel, er selber nur von ver¬
stohlenen Mondstrahlen erschimmert; ein fin¬
sterer Hohlweg deutete sich an, oben auf ei¬
nem Hügel von fern her glänzte ein Cruci¬
fix, um das sich die Wolken theilten; ein
Strahlenregen vom Monde ergoß sich, und
spielte um das heilige Zeichen.

niemals um die Natur zu thun, ſondern ich
ſuche den Charakter oder die Phyſiognomie
herauszufühlen, und irgend einen frommen
Gedanken hineinzulegen, der die Landſchaft
wieder in eine ſchöne Hiſtorie verwandelt.

Er machte hierauf den jungen Mahler
auf eine Landſchaft aufmerkſam, die etwas
abſeits hing. Es war eine Nachtſcene, Wald,
Berg und Thal lag in unkenntlichen Maſſen
durch einander, ſchwarze Wolken tief vom
Himmel hinunter. Ein Pilgram ging durch
die Nacht, an ſeinem Stabe, an ſeinen Mu¬
ſcheln am Hute kennbar: um ihn zog ſich
das dichteſte Dunkel, er ſelber nur von ver¬
ſtohlenen Mondſtrahlen erſchimmert; ein fin¬
ſterer Hohlweg deutete ſich an, oben auf ei¬
nem Hügel von fern her glänzte ein Cruci¬
fix, um das ſich die Wolken theilten; ein
Strahlenregen vom Monde ergoß ſich, und
ſpielte um das heilige Zeichen.

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[122/0130] niemals um die Natur zu thun, ſondern ich ſuche den Charakter oder die Phyſiognomie herauszufühlen, und irgend einen frommen Gedanken hineinzulegen, der die Landſchaft wieder in eine ſchöne Hiſtorie verwandelt. Er machte hierauf den jungen Mahler auf eine Landſchaft aufmerkſam, die etwas abſeits hing. Es war eine Nachtſcene, Wald, Berg und Thal lag in unkenntlichen Maſſen durch einander, ſchwarze Wolken tief vom Himmel hinunter. Ein Pilgram ging durch die Nacht, an ſeinem Stabe, an ſeinen Mu¬ ſcheln am Hute kennbar: um ihn zog ſich das dichteſte Dunkel, er ſelber nur von ver¬ ſtohlenen Mondſtrahlen erſchimmert; ein fin¬ ſterer Hohlweg deutete ſich an, oben auf ei¬ nem Hügel von fern her glänzte ein Cruci¬ fix, um das ſich die Wolken theilten; ein Strahlenregen vom Monde ergoß ſich, und ſpielte um das heilige Zeichen.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/130>, abgerufen am 27.11.2024.