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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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aber wir haben unsern Zweck gewißlich schon
erreicht, wenn wir nur das wollen und er¬
kennen, was der Allmächtige in uns hinein¬
gelegt hat. Wir können in dieser Welt nur
wollen, nur in Vorsätzen leben, das ei¬
gentliche Handeln liegt jenseits, und besteht
gewiß aus den eigentlichsten, wirklichsten
Gedanken, da in dieser bunten Welt alles
in allem liegt. So hat sich der großmäch¬
tige Schöpfer heimlich- und kindlicherweise
durch seine Natur unsern schwachen Sinnen
offenbart, er ist es nicht selbst, der zu uns
spricht, weil wir dermalen zu schwach sind,
ihn zu verstehn; aber er winkt uns zu sich,
und in jedem Moose, in jeglichem Gestein
ist eine geheime Ziffer verborgen, die sich
nie hinschreiben, nie völlig errathen läßt,
die wir aber beständig wahrzunehmen glau¬
ben. Fast eben so macht es der Künstler:
wunderliche, fremde, unbekannte Lichter schei¬

(2r Th.) H

aber wir haben unſern Zweck gewißlich ſchon
erreicht, wenn wir nur das wollen und er¬
kennen, was der Allmächtige in uns hinein¬
gelegt hat. Wir können in dieſer Welt nur
wollen, nur in Vorſätzen leben, das ei¬
gentliche Handeln liegt jenſeits, und beſteht
gewiß aus den eigentlichſten, wirklichſten
Gedanken, da in dieſer bunten Welt alles
in allem liegt. So hat ſich der großmäch¬
tige Schöpfer heimlich- und kindlicherweiſe
durch ſeine Natur unſern ſchwachen Sinnen
offenbart, er iſt es nicht ſelbſt, der zu uns
ſpricht, weil wir dermalen zu ſchwach ſind,
ihn zu verſtehn; aber er winkt uns zu ſich,
und in jedem Mooſe, in jeglichem Geſtein
iſt eine geheime Ziffer verborgen, die ſich
nie hinſchreiben, nie völlig errathen läßt,
die wir aber beſtändig wahrzunehmen glau¬
ben. Faſt eben ſo macht es der Künſtler:
wunderliche, fremde, unbekannte Lichter ſchei¬

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[113/0121] aber wir haben unſern Zweck gewißlich ſchon erreicht, wenn wir nur das wollen und er¬ kennen, was der Allmächtige in uns hinein¬ gelegt hat. Wir können in dieſer Welt nur wollen, nur in Vorſätzen leben, das ei¬ gentliche Handeln liegt jenſeits, und beſteht gewiß aus den eigentlichſten, wirklichſten Gedanken, da in dieſer bunten Welt alles in allem liegt. So hat ſich der großmäch¬ tige Schöpfer heimlich- und kindlicherweiſe durch ſeine Natur unſern ſchwachen Sinnen offenbart, er iſt es nicht ſelbſt, der zu uns ſpricht, weil wir dermalen zu ſchwach ſind, ihn zu verſtehn; aber er winkt uns zu ſich, und in jedem Mooſe, in jeglichem Geſtein iſt eine geheime Ziffer verborgen, die ſich nie hinſchreiben, nie völlig errathen läßt, die wir aber beſtändig wahrzunehmen glau¬ ben. Faſt eben ſo macht es der Künſtler: wunderliche, fremde, unbekannte Lichter ſchei¬ (2r Th.) H

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/121>, abgerufen am 23.11.2024.