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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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versetzt, von der wir so gern erzählen hö¬
ren, wo die Thür noch keinen Riegel kennt,
wo noch kein Frevler des andern Gut be¬
tastet hat.

Nach einiger Zeit kam der alte Mahler
zurück; er wunderte sich gar nicht, einen
Fremdling vor seiner Schwelle anzutreffen,
sondern ging in seine Hütte, räumte auf,
und spielte dann auf der Zitter, als wenn
niemand zugegen wäre. Franz betrachtete
den Alten mit Verwunderung, der indessen
wie ein Kind in seinem Hause saß, und zu
erkennen gab, wie wohl ihm sey in seiner
kleinen Heimath, unter den befreundeten,
wohlbekannten Tönen seines Instrumentes.
Als er sein Spiel geendigt, packte er Kräu¬
ter, Moos und Steine aus seinen Taschen,
und legte sie sorgfältig in kleine Schachteln
zurecht, indem er jedes aufmerksam betrach¬
tete. Über manches lächelte er, anderes

verſetzt, von der wir ſo gern erzählen hö¬
ren, wo die Thür noch keinen Riegel kennt,
wo noch kein Frevler des andern Gut be¬
taſtet hat.

Nach einiger Zeit kam der alte Mahler
zurück; er wunderte ſich gar nicht, einen
Fremdling vor ſeiner Schwelle anzutreffen,
ſondern ging in ſeine Hütte, räumte auf,
und ſpielte dann auf der Zitter, als wenn
niemand zugegen wäre. Franz betrachtete
den Alten mit Verwunderung, der indeſſen
wie ein Kind in ſeinem Hauſe ſaß, und zu
erkennen gab, wie wohl ihm ſey in ſeiner
kleinen Heimath, unter den befreundeten,
wohlbekannten Tönen ſeines Inſtrumentes.
Als er ſein Spiel geendigt, packte er Kräu¬
ter, Moos und Steine aus ſeinen Taſchen,
und legte ſie ſorgfältig in kleine Schachteln
zurecht, indem er jedes aufmerkſam betrach¬
tete. Über manches lächelte er, anderes

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[110/0118] verſetzt, von der wir ſo gern erzählen hö¬ ren, wo die Thür noch keinen Riegel kennt, wo noch kein Frevler des andern Gut be¬ taſtet hat. Nach einiger Zeit kam der alte Mahler zurück; er wunderte ſich gar nicht, einen Fremdling vor ſeiner Schwelle anzutreffen, ſondern ging in ſeine Hütte, räumte auf, und ſpielte dann auf der Zitter, als wenn niemand zugegen wäre. Franz betrachtete den Alten mit Verwunderung, der indeſſen wie ein Kind in ſeinem Hauſe ſaß, und zu erkennen gab, wie wohl ihm ſey in ſeiner kleinen Heimath, unter den befreundeten, wohlbekannten Tönen ſeines Inſtrumentes. Als er ſein Spiel geendigt, packte er Kräu¬ ter, Moos und Steine aus ſeinen Taſchen, und legte ſie ſorgfältig in kleine Schachteln zurecht, indem er jedes aufmerkſam betrach¬ tete. Über manches lächelte er, anderes

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/118>, abgerufen am 23.11.2024.