Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

ken mußte; an nichts in der Welt fand ich
mehr Gefallen, die Schmiedearbeit war mir
zur Last. Ich zeichnete täglich etwas, und
selbst in der Krankheit kann ich es nicht las¬
sen; seht, da habe ich eine herrliche Figur
von Lukas Leyden.

Franz betrachtete sie; der junge Mensch
hatte sie sehr gut kopirt und Franz ver¬
wunderte sich darüber, daß er es ohne al¬
len Unterricht so weit habe bringen können.
Messys fuhr fort: So kam ich nach Ant¬
werpen zurück und nichts war mir hier
recht. Ich hatte immer noch den Dürer und
seine Werkstätte im Kopf, es kam so weit,
daß ich mich meines Hammers schämte, ich
verdarb die Arbeit, ich konnte nicht mehr
fort. Schon lange hatte ich die Tochter un¬
sers Nachbars gekannt, aber es war mir
nie eingefallen, sie als ein reiches und vor¬
nehmes Mädchen so anzusehen, als ob ich

ken mußte; an nichts in der Welt fand ich
mehr Gefallen, die Schmiedearbeit war mir
zur Laſt. Ich zeichnete täglich etwas, und
ſelbſt in der Krankheit kann ich es nicht laſ¬
ſen; ſeht, da habe ich eine herrliche Figur
von Lukas Leyden.

Franz betrachtete ſie; der junge Menſch
hatte ſie ſehr gut kopirt und Franz ver¬
wunderte ſich darüber, daß er es ohne al¬
len Unterricht ſo weit habe bringen können.
Meſſys fuhr fort: So kam ich nach Ant¬
werpen zurück und nichts war mir hier
recht. Ich hatte immer noch den Dürer und
ſeine Werkſtätte im Kopf, es kam ſo weit,
daß ich mich meines Hammers ſchämte, ich
verdarb die Arbeit, ich konnte nicht mehr
fort. Schon lange hatte ich die Tochter un¬
ſers Nachbars gekannt, aber es war mir
nie eingefallen, ſie als ein reiches und vor¬
nehmes Mädchen ſo anzuſehen, als ob ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0373" n="362"/>
ken mußte; an nichts in der Welt fand ich<lb/>
mehr Gefallen, die Schmiedearbeit war mir<lb/>
zur La&#x017F;t. Ich zeichnete täglich etwas, und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t in der Krankheit kann ich es nicht la&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en; &#x017F;eht, da habe ich eine herrliche Figur<lb/>
von Lukas Leyden.</p><lb/>
            <p>Franz betrachtete &#x017F;ie; der junge Men&#x017F;ch<lb/>
hatte &#x017F;ie &#x017F;ehr gut kopirt und Franz ver¬<lb/>
wunderte &#x017F;ich darüber, daß er es ohne al¬<lb/>
len Unterricht &#x017F;o weit habe bringen können.<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;ys fuhr fort: So kam ich nach Ant¬<lb/>
werpen zurück und nichts war mir hier<lb/>
recht. Ich hatte immer noch den Dürer und<lb/>
&#x017F;eine Werk&#x017F;tätte im Kopf, es kam &#x017F;o weit,<lb/>
daß ich mich meines Hammers &#x017F;chämte, ich<lb/>
verdarb die Arbeit, ich konnte nicht mehr<lb/>
fort. Schon lange hatte ich die Tochter un¬<lb/>
&#x017F;ers Nachbars gekannt, aber es war mir<lb/>
nie eingefallen, &#x017F;ie als ein reiches und vor¬<lb/>
nehmes Mädchen &#x017F;o anzu&#x017F;ehen, als ob ich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[362/0373] ken mußte; an nichts in der Welt fand ich mehr Gefallen, die Schmiedearbeit war mir zur Laſt. Ich zeichnete täglich etwas, und ſelbſt in der Krankheit kann ich es nicht laſ¬ ſen; ſeht, da habe ich eine herrliche Figur von Lukas Leyden. Franz betrachtete ſie; der junge Menſch hatte ſie ſehr gut kopirt und Franz ver¬ wunderte ſich darüber, daß er es ohne al¬ len Unterricht ſo weit habe bringen können. Meſſys fuhr fort: So kam ich nach Ant¬ werpen zurück und nichts war mir hier recht. Ich hatte immer noch den Dürer und ſeine Werkſtätte im Kopf, es kam ſo weit, daß ich mich meines Hammers ſchämte, ich verdarb die Arbeit, ich konnte nicht mehr fort. Schon lange hatte ich die Tochter un¬ ſers Nachbars gekannt, aber es war mir nie eingefallen, ſie als ein reiches und vor¬ nehmes Mädchen ſo anzuſehen, als ob ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/373
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/373>, abgerufen am 22.11.2024.