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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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das nicht sein war. Doch fürchtete er sich
wieder, so seinen Lebenslauf zu bestimmen
und sich selber Gränzen zu setzen; die
Sehnsucht rief ihn wieder in die Ferne hin¬
ein, seltsame Töne lockten ihn und verspra¬
chen ihm ein goldenes Glück, das weit ab
seiner warte. In dieser Stimmung besuchte
er seinen Freund Rudolf. So vertraut er
mit diesem war, so konnte er ihm doch nie
seine Geschichte, so wie seine wunderbare
Liebe entdecken, es war nur Sebastian,
dem er dergleichen vertrauen durfte. Aber
er erzählte ihm jetzt Vansens Vorschlag und
bat um seinen Rath. Wie soll ich dir hier¬
inn rathen? rief Rudolf lachend aus; das
Rathgeben ist überall eine unnütze Sache,
aber vollends bei der Ehe; jeder Mensch
muß sich sein eignes Glück machen, und dann
kömmt auch deine Frage viel zu früh, denn
du weißt ja nicht einmahl, ob dich das
Mädchen haben will.

das nicht ſein war. Doch fürchtete er ſich
wieder, ſo ſeinen Lebenslauf zu beſtimmen
und ſich ſelber Gränzen zu ſetzen; die
Sehnſucht rief ihn wieder in die Ferne hin¬
ein, ſeltſame Töne lockten ihn und verſpra¬
chen ihm ein goldenes Glück, das weit ab
ſeiner warte. In dieſer Stimmung beſuchte
er ſeinen Freund Rudolf. So vertraut er
mit dieſem war, ſo konnte er ihm doch nie
ſeine Geſchichte, ſo wie ſeine wunderbare
Liebe entdecken, es war nur Sebaſtian,
dem er dergleichen vertrauen durfte. Aber
er erzählte ihm jetzt Vanſens Vorſchlag und
bat um ſeinen Rath. Wie ſoll ich dir hier¬
inn rathen? rief Rudolf lachend aus; das
Rathgeben iſt überall eine unnütze Sache,
aber vollends bei der Ehe; jeder Menſch
muß ſich ſein eignes Glück machen, und dann
kömmt auch deine Frage viel zu früh, denn
du weißt ja nicht einmahl, ob dich das
Mädchen haben will.

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[357/0368] das nicht ſein war. Doch fürchtete er ſich wieder, ſo ſeinen Lebenslauf zu beſtimmen und ſich ſelber Gränzen zu ſetzen; die Sehnſucht rief ihn wieder in die Ferne hin¬ ein, ſeltſame Töne lockten ihn und verſpra¬ chen ihm ein goldenes Glück, das weit ab ſeiner warte. In dieſer Stimmung beſuchte er ſeinen Freund Rudolf. So vertraut er mit dieſem war, ſo konnte er ihm doch nie ſeine Geſchichte, ſo wie ſeine wunderbare Liebe entdecken, es war nur Sebaſtian, dem er dergleichen vertrauen durfte. Aber er erzählte ihm jetzt Vanſens Vorſchlag und bat um ſeinen Rath. Wie ſoll ich dir hier¬ inn rathen? rief Rudolf lachend aus; das Rathgeben iſt überall eine unnütze Sache, aber vollends bei der Ehe; jeder Menſch muß ſich ſein eignes Glück machen, und dann kömmt auch deine Frage viel zu früh, denn du weißt ja nicht einmahl, ob dich das Mädchen haben will.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/368>, abgerufen am 24.11.2024.