Zweifelt nicht, daß der Künstler in seinem schönen Wahne, die ganze Welt, und jede Empfindung seines Herzens in seine Kunst verflicht, er führt sein Leben nur für die Kunst, und wenn die Kunst ihm abstürbe, würde er nicht wissen, was er mit seinem übrigen Leben weiter anfangen sollte. Ihr erwähnt es als etwas Schändliches, daß der arme Künstler sich genöthigt sieht, um Lohn zu arbeiten, daß er das Werk seines Geistes fortgeben muß, um seinem Körper dadurch fortzuhelfen; er ist aber deshalb eher zu beklagen, als zu verachten. Ihr kennt die Empfindung nicht, wenn ein Mann sein liebstes Werk, mit dem er so innig vertraut geworden ist, aus dem ihm sein Fleiß, und so viele liebe mühevolle Stunden anlächeln, wenn er es nun auf¬ opfern muß, es verstoßen, und von sich ent¬
himmliſchen Genuſſe zurückhalten dürfen.
Zweifelt nicht, daß der Künſtler in ſeinem ſchönen Wahne, die ganze Welt, und jede Empfindung ſeines Herzens in ſeine Kunſt verflicht, er führt ſein Leben nur für die Kunſt, und wenn die Kunſt ihm abſtürbe, würde er nicht wiſſen, was er mit ſeinem übrigen Leben weiter anfangen ſollte. Ihr erwähnt es als etwas Schändliches, daß der arme Künſtler ſich genöthigt ſieht, um Lohn zu arbeiten, daß er das Werk ſeines Geiſtes fortgeben muß, um ſeinem Körper dadurch fortzuhelfen; er iſt aber deshalb eher zu beklagen, als zu verachten. Ihr kennt die Empfindung nicht, wenn ein Mann ſein liebſtes Werk, mit dem er ſo innig vertraut geworden iſt, aus dem ihm ſein Fleiß, und ſo viele liebe mühevolle Stunden anlächeln, wenn er es nun auf¬ opfern muß, es verſtoßen, und von ſich ent¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0359"n="348"/>
himmliſchen Genuſſe zurückhalten dürfen.</p><lb/><p>Zweifelt nicht, daß der Künſtler in ſeinem<lb/>ſchönen Wahne, die ganze Welt, und jede<lb/>
Empfindung ſeines Herzens in ſeine Kunſt<lb/>
verflicht, er führt ſein Leben nur für die<lb/>
Kunſt, und wenn die Kunſt ihm abſtürbe,<lb/>
würde er nicht wiſſen, was er mit ſeinem<lb/>
übrigen Leben weiter anfangen ſollte. Ihr<lb/>
erwähnt es als etwas Schändliches, daß<lb/>
der arme Künſtler ſich genöthigt ſieht, um<lb/>
Lohn zu arbeiten, daß er das Werk ſeines<lb/>
Geiſtes fortgeben muß, um ſeinem Körper<lb/>
dadurch fortzuhelfen; er iſt aber deshalb<lb/>
eher zu beklagen, als zu verachten. Ihr<lb/>
kennt die Empfindung nicht, wenn ein<lb/>
Mann ſein liebſtes Werk, mit dem er ſo<lb/>
innig vertraut geworden iſt, aus dem ihm<lb/>ſein Fleiß, und ſo viele liebe mühevolle<lb/>
Stunden anlächeln, wenn er es nun auf¬<lb/>
opfern muß, es verſtoßen, und von ſich ent¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[348/0359]
himmliſchen Genuſſe zurückhalten dürfen.
Zweifelt nicht, daß der Künſtler in ſeinem
ſchönen Wahne, die ganze Welt, und jede
Empfindung ſeines Herzens in ſeine Kunſt
verflicht, er führt ſein Leben nur für die
Kunſt, und wenn die Kunſt ihm abſtürbe,
würde er nicht wiſſen, was er mit ſeinem
übrigen Leben weiter anfangen ſollte. Ihr
erwähnt es als etwas Schändliches, daß
der arme Künſtler ſich genöthigt ſieht, um
Lohn zu arbeiten, daß er das Werk ſeines
Geiſtes fortgeben muß, um ſeinem Körper
dadurch fortzuhelfen; er iſt aber deshalb
eher zu beklagen, als zu verachten. Ihr
kennt die Empfindung nicht, wenn ein
Mann ſein liebſtes Werk, mit dem er ſo
innig vertraut geworden iſt, aus dem ihm
ſein Fleiß, und ſo viele liebe mühevolle
Stunden anlächeln, wenn er es nun auf¬
opfern muß, es verſtoßen, und von ſich ent¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/359>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.