Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.nahe, und streckte die Arme nach ihr aus, Bin ich denn gewiß des Glückes? Ist denn Hand und Lippe mein? Mir der süße Gruß des Blickes? Ach woher du goldner Schein? Trübe hing ein dichter Schleier Über Busch und Wald daher. Sagt: wo ist die Frühlingsfeier? Ist der Wald an Tönen leer? Rührt kein Wind sich in den Zweigen,
Treibt die Wolken über's Feld? -- Dumpfes, ödes, todtes Schweigen, Die Natur gefangen hält. -- nahe, und ſtreckte die Arme nach ihr aus, Bin ich denn gewiß des Glückes? Iſt denn Hand und Lippe mein? Mir der ſüße Gruß des Blickes? Ach woher du goldner Schein? Trübe hing ein dichter Schleier Über Buſch und Wald daher. Sagt: wo iſt die Frühlingsfeier? Iſt der Wald an Tönen leer? Rührt kein Wind ſich in den Zweigen,
Treibt die Wolken über's Feld? — Dumpfes, ödes, todtes Schweigen, Die Natur gefangen hält. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0317" n="306"/> nahe, und ſtreckte die Arme nach ihr aus,<lb/> er rief ſie laut und weinte, indem er ſich<lb/> allein ſah. Als der Mondſchimmer erblaßte,<lb/> und die Morgenröthe nach und nach am<lb/> Himmel heraufſpielte, da verließ er die<lb/> Hütte, ſetzte ſich unter einem Baume nieder<lb/> und ſang:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Bin ich denn gewiß des Glückes?</l><lb/> <l>Iſt denn Hand und Lippe mein?</l><lb/> <l>Mir der ſüße Gruß des Blickes?</l><lb/> <l>Ach woher du goldner Schein?</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Trübe hing ein dichter Schleier</l><lb/> <l>Über Buſch und Wald daher.</l><lb/> <l>Sagt: wo iſt die Frühlingsfeier?</l><lb/> <l>Iſt der Wald an Tönen leer?</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Rührt kein Wind ſich in den Zweigen,</l><lb/> <l>Treibt die Wolken über's Feld? —</l><lb/> <l>Dumpfes, ödes, todtes Schweigen,</l><lb/> <l>Die Natur gefangen hält. —</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [306/0317]
nahe, und ſtreckte die Arme nach ihr aus,
er rief ſie laut und weinte, indem er ſich
allein ſah. Als der Mondſchimmer erblaßte,
und die Morgenröthe nach und nach am
Himmel heraufſpielte, da verließ er die
Hütte, ſetzte ſich unter einem Baume nieder
und ſang:
Bin ich denn gewiß des Glückes?
Iſt denn Hand und Lippe mein?
Mir der ſüße Gruß des Blickes?
Ach woher du goldner Schein?
Trübe hing ein dichter Schleier
Über Buſch und Wald daher.
Sagt: wo iſt die Frühlingsfeier?
Iſt der Wald an Tönen leer?
Rührt kein Wind ſich in den Zweigen,
Treibt die Wolken über's Feld? —
Dumpfes, ödes, todtes Schweigen,
Die Natur gefangen hält. —
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/317>, abgerufen am 27.07.2024. |