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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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ben, oder sein Gemüth zu beruhigen. Sie
hörte ihm geduldig und mit Lächeln zu, und
als er geendigt hatte, nahm sie seine Hand,
und sagte: Wahrlich, Ritter, ich bin Euch
unendlich vielen Dank schuldig, und noch
gegen Niemand habe ich die Freundschaft
empfunden, die ich zu Euch trage. Aber
kommt, und laßt uns irgend eine Herberge
suchen, denn der Abend bricht herein.

Die untergehende Sonne färbte die
Wolken schon mit Gold und Purpur, der
Weg führte sie durch den Wald, in welchem
ein kühler Abendwind sich in den nassen
Blättern bewegte. Ferdinand führte die Pil¬
gerinn, und drückte ihre Hand an sein klopfen¬
des Herz; sie war stumm. Die Nacht näherte
sich immer mehr, und noch trafen sie kein
Dorf und keine Hütte; dem Mädchen ward
bange, der Wald ward dichter, und einzelne
Sterne traten schon aus dem blauen Him¬

ben, oder ſein Gemüth zu beruhigen. Sie
hörte ihm geduldig und mit Lächeln zu, und
als er geendigt hatte, nahm ſie ſeine Hand,
und ſagte: Wahrlich, Ritter, ich bin Euch
unendlich vielen Dank ſchuldig, und noch
gegen Niemand habe ich die Freundſchaft
empfunden, die ich zu Euch trage. Aber
kommt, und laßt uns irgend eine Herberge
ſuchen, denn der Abend bricht herein.

Die untergehende Sonne färbte die
Wolken ſchon mit Gold und Purpur, der
Weg führte ſie durch den Wald, in welchem
ein kühler Abendwind ſich in den naſſen
Blättern bewegte. Ferdinand führte die Pil¬
gerinn, und drückte ihre Hand an ſein klopfen¬
des Herz; ſie war ſtumm. Die Nacht näherte
ſich immer mehr, und noch trafen ſie kein
Dorf und keine Hütte; dem Mädchen ward
bange, der Wald ward dichter, und einzelne
Sterne traten ſchon aus dem blauen Him¬

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[303/0314] ben, oder ſein Gemüth zu beruhigen. Sie hörte ihm geduldig und mit Lächeln zu, und als er geendigt hatte, nahm ſie ſeine Hand, und ſagte: Wahrlich, Ritter, ich bin Euch unendlich vielen Dank ſchuldig, und noch gegen Niemand habe ich die Freundſchaft empfunden, die ich zu Euch trage. Aber kommt, und laßt uns irgend eine Herberge ſuchen, denn der Abend bricht herein. Die untergehende Sonne färbte die Wolken ſchon mit Gold und Purpur, der Weg führte ſie durch den Wald, in welchem ein kühler Abendwind ſich in den naſſen Blättern bewegte. Ferdinand führte die Pil¬ gerinn, und drückte ihre Hand an ſein klopfen¬ des Herz; ſie war ſtumm. Die Nacht näherte ſich immer mehr, und noch trafen ſie kein Dorf und keine Hütte; dem Mädchen ward bange, der Wald ward dichter, und einzelne Sterne traten ſchon aus dem blauen Him¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/314>, abgerufen am 24.11.2024.