Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

liebt, der einzige, den ich ganz so wieder
lieben kann.

Sagt das nicht, Albrecht, sagte Franz,
ich vergehe vor Euch.

Dürer fuhr fort: Es ist nur die Wahr¬
heit, mein Sohn, denn als solchen liebe ich
Dich. Meinst Du, Deine getreue Anhänglich¬
keit von Deiner Kindheit auf habe mein
Herz nicht geruht? O Du weißt nicht, wie
mir an jenem Abend in Nürnberg war, und
wie mir jetzt wieder ist: wie ich damals den
Abschied von Dir abkürzte, und es jetzt
gern wieder thäte; aber ich kann nicht.

Er umarmte ihn freiwillig, und Franz
fühlte daß sein theurer Lehrer weinte. Sein
Herz wollte brechen. Die übrigen Men¬
schen, sagte Dürer, lieben mich nicht wie
Du; es ist zu viel Irrdisches in ihren Ge¬
danken. Ich stelle mich oft wohl äußerlich
hart, und thue wie die übrigen; aber mein

R 2

liebt, der einzige, den ich ganz ſo wieder
lieben kann.

Sagt das nicht, Albrecht, ſagte Franz,
ich vergehe vor Euch.

Dürer fuhr fort: Es iſt nur die Wahr¬
heit, mein Sohn, denn als ſolchen liebe ich
Dich. Meinſt Du, Deine getreue Anhänglich¬
keit von Deiner Kindheit auf habe mein
Herz nicht geruht? O Du weißt nicht, wie
mir an jenem Abend in Nürnberg war, und
wie mir jetzt wieder iſt: wie ich damals den
Abſchied von Dir abkürzte, und es jetzt
gern wieder thäte; aber ich kann nicht.

Er umarmte ihn freiwillig, und Franz
fühlte daß ſein theurer Lehrer weinte. Sein
Herz wollte brechen. Die übrigen Men¬
ſchen, ſagte Dürer, lieben mich nicht wie
Du; es iſt zu viel Irrdiſches in ihren Ge¬
danken. Ich ſtelle mich oft wohl äußerlich
hart, und thue wie die übrigen; aber mein

R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0270" n="259"/>
liebt, der einzige, den ich ganz &#x017F;o wieder<lb/>
lieben kann.</p><lb/>
            <p>Sagt das nicht, Albrecht, &#x017F;agte Franz,<lb/>
ich vergehe vor Euch.</p><lb/>
            <p>Dürer fuhr fort: Es i&#x017F;t nur die Wahr¬<lb/>
heit, mein Sohn, denn als &#x017F;olchen liebe ich<lb/>
Dich. Mein&#x017F;t Du, Deine getreue Anhänglich¬<lb/>
keit von Deiner Kindheit auf habe mein<lb/>
Herz nicht geruht? O Du weißt nicht, wie<lb/>
mir an jenem Abend in Nürnberg war, und<lb/>
wie mir jetzt wieder i&#x017F;t: wie ich damals den<lb/>
Ab&#x017F;chied von Dir abkürzte, und es jetzt<lb/>
gern wieder thäte; aber ich kann nicht.</p><lb/>
            <p>Er umarmte ihn freiwillig, und Franz<lb/>
fühlte daß &#x017F;ein theurer Lehrer weinte. Sein<lb/>
Herz wollte brechen. Die übrigen Men¬<lb/>
&#x017F;chen, &#x017F;agte Dürer, lieben mich nicht wie<lb/>
Du; es i&#x017F;t zu viel Irrdi&#x017F;ches in ihren Ge¬<lb/>
danken. Ich &#x017F;telle mich oft wohl äußerlich<lb/>
hart, und thue wie die übrigen; aber mein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0270] liebt, der einzige, den ich ganz ſo wieder lieben kann. Sagt das nicht, Albrecht, ſagte Franz, ich vergehe vor Euch. Dürer fuhr fort: Es iſt nur die Wahr¬ heit, mein Sohn, denn als ſolchen liebe ich Dich. Meinſt Du, Deine getreue Anhänglich¬ keit von Deiner Kindheit auf habe mein Herz nicht geruht? O Du weißt nicht, wie mir an jenem Abend in Nürnberg war, und wie mir jetzt wieder iſt: wie ich damals den Abſchied von Dir abkürzte, und es jetzt gern wieder thäte; aber ich kann nicht. Er umarmte ihn freiwillig, und Franz fühlte daß ſein theurer Lehrer weinte. Sein Herz wollte brechen. Die übrigen Men¬ ſchen, ſagte Dürer, lieben mich nicht wie Du; es iſt zu viel Irrdiſches in ihren Ge¬ danken. Ich ſtelle mich oft wohl äußerlich hart, und thue wie die übrigen; aber mein R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/270
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/270>, abgerufen am 25.11.2024.