Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Alle Gesträuche und Gewächse standen
hier in der schönsten Ordnung; einige hatte
der Herbst schon entblättert, andre waren noch
frisch grün, als wären sie eben aufgebro¬
chen. Die Gänge waren sehr reinlich gehal¬
ten, die späten Herbstblumen standen im
schönsten Flore. Franzens Gemüth war völ¬
lig erheitert, er fühlte eine holdselige Ge¬
genwart um sich scherzen, und die Zukunft
sah ihn mit freundlichen Gebehrden an.
Er öffnete den Brief und las:

Trauter Bruder.

Wie weh thut es mir, daß ich unsern Dü¬
rer nicht habe begleiten können, um Dich in
den Niederlanden vielleicht noch anzutreffen.
Meine Krankheit ist nicht gefährlich, aber
doch hält sie mich von dieser Reise ab.
Meine Sehnsucht nach Dir wird auf mei¬
nem einsamen Lager in jeder Stunde leben¬

Q 2

Alle Geſträuche und Gewächſe ſtanden
hier in der ſchönſten Ordnung; einige hatte
der Herbſt ſchon entblättert, andre waren noch
friſch grün, als wären ſie eben aufgebro¬
chen. Die Gänge waren ſehr reinlich gehal¬
ten, die ſpäten Herbſtblumen ſtanden im
ſchönſten Flore. Franzens Gemüth war völ¬
lig erheitert, er fühlte eine holdſelige Ge¬
genwart um ſich ſcherzen, und die Zukunft
ſah ihn mit freundlichen Gebehrden an.
Er öffnete den Brief und las:

Trauter Bruder.

Wie weh thut es mir, daß ich unſern Dü¬
rer nicht habe begleiten können, um Dich in
den Niederlanden vielleicht noch anzutreffen.
Meine Krankheit iſt nicht gefährlich, aber
doch hält ſie mich von dieſer Reiſe ab.
Meine Sehnſucht nach Dir wird auf mei¬
nem einſamen Lager in jeder Stunde leben¬

Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0254" n="141 [243]"/>
            <p>Alle Ge&#x017F;träuche und Gewäch&#x017F;e &#x017F;tanden<lb/>
hier in der &#x017F;chön&#x017F;ten Ordnung; einige hatte<lb/>
der Herb&#x017F;t &#x017F;chon entblättert, andre waren noch<lb/>
fri&#x017F;ch grün, als wären &#x017F;ie eben aufgebro¬<lb/>
chen. Die Gänge waren &#x017F;ehr reinlich gehal¬<lb/>
ten, die &#x017F;päten Herb&#x017F;tblumen &#x017F;tanden im<lb/>
&#x017F;chön&#x017F;ten Flore. Franzens Gemüth war völ¬<lb/>
lig erheitert, er fühlte eine hold&#x017F;elige Ge¬<lb/>
genwart um &#x017F;ich &#x017F;cherzen, und die Zukunft<lb/>
&#x017F;ah ihn mit freundlichen Gebehrden an.<lb/>
Er öffnete den Brief und las:</p><lb/>
            <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Trauter Bruder</hi>.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>ie weh thut es mir, daß ich un&#x017F;ern Dü¬<lb/>
rer nicht habe begleiten können, um Dich in<lb/>
den Niederlanden vielleicht noch anzutreffen.<lb/>
Meine Krankheit i&#x017F;t nicht gefährlich, aber<lb/>
doch hält &#x017F;ie mich von die&#x017F;er Rei&#x017F;e ab.<lb/>
Meine Sehn&#x017F;ucht nach Dir wird auf mei¬<lb/>
nem ein&#x017F;amen Lager in jeder Stunde leben¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141 [243]/0254] Alle Geſträuche und Gewächſe ſtanden hier in der ſchönſten Ordnung; einige hatte der Herbſt ſchon entblättert, andre waren noch friſch grün, als wären ſie eben aufgebro¬ chen. Die Gänge waren ſehr reinlich gehal¬ ten, die ſpäten Herbſtblumen ſtanden im ſchönſten Flore. Franzens Gemüth war völ¬ lig erheitert, er fühlte eine holdſelige Ge¬ genwart um ſich ſcherzen, und die Zukunft ſah ihn mit freundlichen Gebehrden an. Er öffnete den Brief und las: Trauter Bruder. Wie weh thut es mir, daß ich unſern Dü¬ rer nicht habe begleiten können, um Dich in den Niederlanden vielleicht noch anzutreffen. Meine Krankheit iſt nicht gefährlich, aber doch hält ſie mich von dieſer Reiſe ab. Meine Sehnſucht nach Dir wird auf mei¬ nem einſamen Lager in jeder Stunde leben¬ Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/254
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 141 [243]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/254>, abgerufen am 22.11.2024.