Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

wandt seyn, er sah hier dieselbe Simplici¬
tät in der Zusammensetzung, dieselbe Ver¬
schmähung unnützer Nebenwerke, die rüh¬
rende und ächt deutsche Behandlung der
Gesichter und Leidenschaften, dasselbe Stre¬
ben nach Wahrheit.

Lukas war in seinem Gespräche ein mun¬
trer, fröhlicher Mann, seine Augen waren
sehr lebhaft, und seine schnellveränderlichen
Minen begleiteten und erklärten jedes seiner
Worte. Franz konnte ihn noch immer nicht
genug betrachten, denn in seiner Einbildung
hatte er sich ihn ganz anders gedacht, er
hatte einen großen, starken, ernsthaften
Mann erwartet, und nun sah er eine klei¬
ne, sehr behende, aber fast kränkliche Figur
vor sich, dessen Reden alle das Gepräge ei¬
nes lustigen freien Gemüthes trugen.

Es freut mich ungemein Euch kennen zu
lernen, rief Lukas mit seiner Lebhaftigkeit

M 2

wandt ſeyn, er ſah hier dieſelbe Simplici¬
tät in der Zuſammenſetzung, dieſelbe Ver¬
ſchmähung unnützer Nebenwerke, die rüh¬
rende und ächt deutſche Behandlung der
Geſichter und Leidenſchaften, daſſelbe Stre¬
ben nach Wahrheit.

Lukas war in ſeinem Geſpräche ein mun¬
trer, fröhlicher Mann, ſeine Augen waren
ſehr lebhaft, und ſeine ſchnellveränderlichen
Minen begleiteten und erklärten jedes ſeiner
Worte. Franz konnte ihn noch immer nicht
genug betrachten, denn in ſeiner Einbildung
hatte er ſich ihn ganz anders gedacht, er
hatte einen großen, ſtarken, ernſthaften
Mann erwartet, und nun ſah er eine klei¬
ne, ſehr behende, aber faſt kränkliche Figur
vor ſich, deſſen Reden alle das Gepräge ei¬
nes luſtigen freien Gemüthes trugen.

Es freut mich ungemein Euch kennen zu
lernen, rief Lukas mit ſeiner Lebhaftigkeit

M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0190" n="179"/>
wandt &#x017F;eyn, er &#x017F;ah hier die&#x017F;elbe Simplici¬<lb/>
tät in der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung, die&#x017F;elbe Ver¬<lb/>
&#x017F;chmähung unnützer Nebenwerke, die rüh¬<lb/>
rende und ächt deut&#x017F;che Behandlung der<lb/>
Ge&#x017F;ichter und Leiden&#x017F;chaften, da&#x017F;&#x017F;elbe Stre¬<lb/>
ben nach Wahrheit.</p><lb/>
            <p>Lukas war in &#x017F;einem Ge&#x017F;präche ein mun¬<lb/>
trer, fröhlicher Mann, &#x017F;eine Augen waren<lb/>
&#x017F;ehr lebhaft, und &#x017F;eine &#x017F;chnellveränderlichen<lb/>
Minen begleiteten und erklärten jedes &#x017F;einer<lb/>
Worte. Franz konnte ihn noch immer nicht<lb/>
genug betrachten, denn in &#x017F;einer Einbildung<lb/>
hatte er &#x017F;ich ihn ganz anders gedacht, er<lb/>
hatte einen großen, &#x017F;tarken, ern&#x017F;thaften<lb/>
Mann erwartet, und nun &#x017F;ah er eine klei¬<lb/>
ne, &#x017F;ehr behende, aber fa&#x017F;t kränkliche Figur<lb/>
vor &#x017F;ich, de&#x017F;&#x017F;en Reden alle das Gepräge ei¬<lb/>
nes lu&#x017F;tigen freien Gemüthes trugen.</p><lb/>
            <p>Es freut mich ungemein Euch kennen zu<lb/>
lernen, rief Lukas mit &#x017F;einer Lebhaftigkeit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0190] wandt ſeyn, er ſah hier dieſelbe Simplici¬ tät in der Zuſammenſetzung, dieſelbe Ver¬ ſchmähung unnützer Nebenwerke, die rüh¬ rende und ächt deutſche Behandlung der Geſichter und Leidenſchaften, daſſelbe Stre¬ ben nach Wahrheit. Lukas war in ſeinem Geſpräche ein mun¬ trer, fröhlicher Mann, ſeine Augen waren ſehr lebhaft, und ſeine ſchnellveränderlichen Minen begleiteten und erklärten jedes ſeiner Worte. Franz konnte ihn noch immer nicht genug betrachten, denn in ſeiner Einbildung hatte er ſich ihn ganz anders gedacht, er hatte einen großen, ſtarken, ernſthaften Mann erwartet, und nun ſah er eine klei¬ ne, ſehr behende, aber faſt kränkliche Figur vor ſich, deſſen Reden alle das Gepräge ei¬ nes luſtigen freien Gemüthes trugen. Es freut mich ungemein Euch kennen zu lernen, rief Lukas mit ſeiner Lebhaftigkeit M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/190
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/190>, abgerufen am 24.11.2024.