stigen dürften, so wären doch gewiß Alle um vieles glücklicher. Dann hätten sie die Freiheit und die Ruhe die wahrhaftig die größte Seligkeit sind. Wie beglückt müßte sich dann der Künstler fühlen, der die rein¬ sten Empfindungen dieser Geschöpfe darzu¬ stellen unternähme! dann würde es erst möglich seyn, das Erhabene zu wagen, dann würde jener falsche Enthusiasmus, der sich an Kleinigkeiten und Spielwerk schließt, erst eine Bahn finden, auf der er eine herr¬ liche Erscheinung wandeln dürfte. Aber al¬ le Menschen sind so abgetrieben, so von Mühseligkeiten, Neid, Eigennutz, Planen, Sorgen verfolgt, daß sie gar nicht das Herz haben, die Kunst und Poesie, den Himmel und die Natur als etwas Göttliches anzu¬ sehn. In ihre Brust kömmt selbst die An¬ dacht nur mit Erdensorgen vermischt, und indem sie glauben klüger und besser zu wer¬
ſtigen dürften, ſo wären doch gewiß Alle um vieles glücklicher. Dann hätten ſie die Freiheit und die Ruhe die wahrhaftig die größte Seligkeit ſind. Wie beglückt müßte ſich dann der Künſtler fühlen, der die rein¬ ſten Empfindungen dieſer Geſchöpfe darzu¬ ſtellen unternähme! dann würde es erſt möglich ſeyn, das Erhabene zu wagen, dann würde jener falſche Enthuſiasmus, der ſich an Kleinigkeiten und Spielwerk ſchließt, erſt eine Bahn finden, auf der er eine herr¬ liche Erſcheinung wandeln dürfte. Aber al¬ le Menſchen ſind ſo abgetrieben, ſo von Mühſeligkeiten, Neid, Eigennutz, Planen, Sorgen verfolgt, daß ſie gar nicht das Herz haben, die Kunſt und Poeſie, den Himmel und die Natur als etwas Göttliches anzu¬ ſehn. In ihre Bruſt kömmt ſelbſt die An¬ dacht nur mit Erdenſorgen vermiſcht, und indem ſie glauben klüger und beſſer zu wer¬
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ſtigen dürften, ſo wären doch gewiß Alle
um vieles glücklicher. Dann hätten ſie die
Freiheit und die Ruhe die wahrhaftig die
größte Seligkeit ſind. Wie beglückt müßte
ſich dann der Künſtler fühlen, der die rein¬
ſten Empfindungen dieſer Geſchöpfe darzu¬
ſtellen unternähme! dann würde es erſt
möglich ſeyn, das Erhabene zu wagen,
dann würde jener falſche Enthuſiasmus, der
ſich an Kleinigkeiten und Spielwerk ſchließt,
erſt eine Bahn finden, auf der er eine herr¬
liche Erſcheinung wandeln dürfte. Aber al¬
le Menſchen ſind ſo abgetrieben, ſo von
Mühſeligkeiten, Neid, Eigennutz, Planen,
Sorgen verfolgt, daß ſie gar nicht das Herz
haben, die Kunſt und Poeſie, den Himmel
und die Natur als etwas Göttliches anzu¬
ſehn. In ihre Bruſt kömmt ſelbſt die An¬
dacht nur mit Erdenſorgen vermiſcht, und
indem ſie glauben klüger und beſſer zu wer¬
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/154>, abgerufen am 24.11.2024.
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