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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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empfand er eine seltsame Beklemmung; in
manchen Augenblicken glaubte er, daß dieser
Tag für ihn sehr merkwürdig seyn würde;
dann verflog es wie eine ungewisse Ahndung
aus seiner Seele, die zuweilen nächtlich um
den Menschen wandelt, und beim Schein
des Morgens schnell entflieht. Es war jetzt
nicht mehr sein Gemählde das ihn beschäf¬
tigte, sondern etwas Fremdes das er selbst
nicht kannte.

So ist die Seele des Künstlers oft von
wunderlichen Träumereyen befangen, denn
jeder Gegenstand der Natur, jede bewegte
Blume, jede ziehende Wolke ist ihm eine
Erinnerung, oder ein Wink in die Zukunft.
Heereszüge von Luftgestalten wandeln durch
seinen Sinn hin und zurück, die bei den
übrigen Menschen keinen Eingang antreffen;
besonders ist der Geist des Dichters ein ewig
bewegter Strom, dessen murmelnde Melo¬

die

empfand er eine ſeltſame Beklemmung; in
manchen Augenblicken glaubte er, daß dieſer
Tag für ihn ſehr merkwürdig ſeyn würde;
dann verflog es wie eine ungewiſſe Ahndung
aus ſeiner Seele, die zuweilen nächtlich um
den Menſchen wandelt, und beim Schein
des Morgens ſchnell entflieht. Es war jetzt
nicht mehr ſein Gemählde das ihn beſchäf¬
tigte, ſondern etwas Fremdes das er ſelbſt
nicht kannte.

So iſt die Seele des Künſtlers oft von
wunderlichen Träumereyen befangen, denn
jeder Gegenſtand der Natur, jede bewegte
Blume, jede ziehende Wolke iſt ihm eine
Erinnerung, oder ein Wink in die Zukunft.
Heereszüge von Luftgeſtalten wandeln durch
ſeinen Sinn hin und zurück, die bei den
übrigen Menſchen keinen Eingang antreffen;
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bewegter Strom, deſſen murmelnde Melo¬

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[128/0139] empfand er eine ſeltſame Beklemmung; in manchen Augenblicken glaubte er, daß dieſer Tag für ihn ſehr merkwürdig ſeyn würde; dann verflog es wie eine ungewiſſe Ahndung aus ſeiner Seele, die zuweilen nächtlich um den Menſchen wandelt, und beim Schein des Morgens ſchnell entflieht. Es war jetzt nicht mehr ſein Gemählde das ihn beſchäf¬ tigte, ſondern etwas Fremdes das er ſelbſt nicht kannte. So iſt die Seele des Künſtlers oft von wunderlichen Träumereyen befangen, denn jeder Gegenſtand der Natur, jede bewegte Blume, jede ziehende Wolke iſt ihm eine Erinnerung, oder ein Wink in die Zukunft. Heereszüge von Luftgeſtalten wandeln durch ſeinen Sinn hin und zurück, die bei den übrigen Menſchen keinen Eingang antreffen; beſonders iſt der Geiſt des Dichters ein ewig bewegter Strom, deſſen murmelnde Melo¬ die

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/139>, abgerufen am 23.11.2024.