ich vor mir hatte, weit von mir weg, denn mir gelang kein Zug, und ich spürte auch nicht die mindeste Lust zum Mahlen. Mei¬ ster Dürer war selbst an diesem Tage be¬ trübter als gewöhnlich, alles war im Hause still, und wir fühlten es, daß mit Deiner Abreise eine andre Epoche unsers Lebens anfieng.
Dein Schmidt hat uns besucht; es ist ein lieber Bursche, wir haben viel über ihn gelacht, uns aber auch recht an ihm ge¬ freut. Unermüdet hat er uns einen ganzen Tag lang zugesehn, und wunderte sich im¬ mer darüber daß das Mahlen so langsam von der Stelle gienge. Er setzte sich nach¬ her selber nieder und zeichnete ein paar Verzierungen nach, die ihm ziemlich gut ge¬ riethen, es gereut ihn jetzt daß er das Schmiedehandwerk erlernt und sich nicht lieber so wie wir auf die Mahlerei gelegt
ich vor mir hatte, weit von mir weg, denn mir gelang kein Zug, und ich ſpürte auch nicht die mindeſte Luſt zum Mahlen. Mei¬ ſter Dürer war ſelbſt an dieſem Tage be¬ trübter als gewöhnlich, alles war im Hauſe ſtill, und wir fühlten es, daß mit Deiner Abreiſe eine andre Epoche unſers Lebens anfieng.
Dein Schmidt hat uns beſucht; es iſt ein lieber Burſche, wir haben viel über ihn gelacht, uns aber auch recht an ihm ge¬ freut. Unermüdet hat er uns einen ganzen Tag lang zugeſehn, und wunderte ſich im¬ mer darüber daß das Mahlen ſo langſam von der Stelle gienge. Er ſetzte ſich nach¬ her ſelber nieder und zeichnete ein paar Verzierungen nach, die ihm ziemlich gut ge¬ riethen, es gereut ihn jetzt daß er das Schmiedehandwerk erlernt und ſich nicht lieber ſo wie wir auf die Mahlerei gelegt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0112"n="101"/>
ich vor mir hatte, weit von mir weg, denn<lb/>
mir gelang kein Zug, und ich ſpürte auch<lb/>
nicht die mindeſte Luſt zum Mahlen. Mei¬<lb/>ſter Dürer war ſelbſt an dieſem Tage be¬<lb/>
trübter als gewöhnlich, alles war im Hauſe<lb/>ſtill, und wir fühlten es, daß mit Deiner<lb/>
Abreiſe eine andre Epoche unſers Lebens<lb/>
anfieng.</p><lb/><p>Dein Schmidt hat uns beſucht; es iſt<lb/>
ein lieber Burſche, wir haben viel über ihn<lb/>
gelacht, uns aber auch recht an ihm ge¬<lb/>
freut. Unermüdet hat er uns einen ganzen<lb/>
Tag lang zugeſehn, und wunderte ſich im¬<lb/>
mer darüber daß das Mahlen ſo langſam<lb/>
von der Stelle gienge. Er ſetzte ſich nach¬<lb/>
her ſelber nieder und zeichnete ein paar<lb/>
Verzierungen nach, die ihm ziemlich gut ge¬<lb/>
riethen, es gereut ihn jetzt daß er das<lb/>
Schmiedehandwerk erlernt und ſich nicht<lb/>
lieber ſo wie wir auf die Mahlerei gelegt<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[101/0112]
ich vor mir hatte, weit von mir weg, denn
mir gelang kein Zug, und ich ſpürte auch
nicht die mindeſte Luſt zum Mahlen. Mei¬
ſter Dürer war ſelbſt an dieſem Tage be¬
trübter als gewöhnlich, alles war im Hauſe
ſtill, und wir fühlten es, daß mit Deiner
Abreiſe eine andre Epoche unſers Lebens
anfieng.
Dein Schmidt hat uns beſucht; es iſt
ein lieber Burſche, wir haben viel über ihn
gelacht, uns aber auch recht an ihm ge¬
freut. Unermüdet hat er uns einen ganzen
Tag lang zugeſehn, und wunderte ſich im¬
mer darüber daß das Mahlen ſo langſam
von der Stelle gienge. Er ſetzte ſich nach¬
her ſelber nieder und zeichnete ein paar
Verzierungen nach, die ihm ziemlich gut ge¬
riethen, es gereut ihn jetzt daß er das
Schmiedehandwerk erlernt und ſich nicht
lieber ſo wie wir auf die Mahlerei gelegt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/112>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.