Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Ja einen einzigen Gedanken, ihm
Entgegen doch zu denken und zu athmen!
Stets sah' ich seine Lieb' und Sorg' um mich,
Sein unbegränzt Vertraun; wenn Weisheit jezt
Ihn treibt, mir diese Richtung vorzuschreiben,
So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben
Wie sehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe.
Alice.
Nun ja, Ihr seyd das Muster einer Frau,
Und er ein weiser, kluger Ehemann;
Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch,
Und das muß nicht der gnäd'ge Herr vergessen
Daß er so viel in Jahren Euch voraus.
Lady Old.
Nicht einen Laut mehr, soll'n wir Freunde
bleiben!
Zu spät erfahr' ich, daß man jedes Wort
Mit seiner Dienerschaft bewachen muß.
Alice.
O nur nicht zürnen, schönste gnäd'ge Frau,
Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja,
Bestraft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. --
Wo ist denn unser lieber gnäd'ger Herr?
Lady Old.
Ein Florentiner kam ihn abzuholen
Zum Mittagsessen nach der Lombard-Straße,
Der will ihm auch kostbare Steine zeigen,
Die dann vielleicht der König an sich kauft,
Den Schmuck noch zu verschönern, den mein Herr
Nach Burgund bringen soll, wie Du es weißt.

Zweite Abtheilung.
Ja einen einzigen Gedanken, ihm
Entgegen doch zu denken und zu athmen!
Stets ſah' ich ſeine Lieb' und Sorg' um mich,
Sein unbegraͤnzt Vertraun; wenn Weisheit jezt
Ihn treibt, mir dieſe Richtung vorzuſchreiben,
So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben
Wie ſehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe.
Alice.
Nun ja, Ihr ſeyd das Muſter einer Frau,
Und er ein weiſer, kluger Ehemann;
Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch,
Und das muß nicht der gnaͤd'ge Herr vergeſſen
Daß er ſo viel in Jahren Euch voraus.
Lady Old.
Nicht einen Laut mehr, ſoll'n wir Freunde
bleiben!
Zu ſpaͤt erfahr' ich, daß man jedes Wort
Mit ſeiner Dienerſchaft bewachen muß.
Alice.
O nur nicht zuͤrnen, ſchoͤnſte gnaͤd'ge Frau,
Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja,
Beſtraft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. —
Wo iſt denn unſer lieber gnaͤd'ger Herr?
Lady Old.
Ein Florentiner kam ihn abzuholen
Zum Mittagseſſen nach der Lombard-Straße,
Der will ihm auch koſtbare Steine zeigen,
Die dann vielleicht der Koͤnig an ſich kauft,
Den Schmuck noch zu verſchoͤnern, den mein Herr
Nach Burgund bringen ſoll, wie Du es weißt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#Lady Old">
                <p><pb facs="#f0096" n="86"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
Ja einen einzigen Gedanken, ihm<lb/>
Entgegen doch zu denken und zu athmen!<lb/>
Stets &#x017F;ah' ich &#x017F;eine Lieb' und Sorg' um mich,<lb/>
Sein unbegra&#x0364;nzt Vertraun; wenn Weisheit jezt<lb/>
Ihn treibt, mir die&#x017F;e Richtung vorzu&#x017F;chreiben,<lb/>
So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben<lb/>
Wie &#x017F;ehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Alice">
                <speaker><hi rendition="#g">Alice</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Nun ja, Ihr &#x017F;eyd das Mu&#x017F;ter einer Frau,<lb/>
Und er ein wei&#x017F;er, kluger Ehemann;<lb/>
Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch,<lb/>
Und das muß nicht der gna&#x0364;d'ge Herr verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Daß er &#x017F;o viel in Jahren Euch voraus.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Lady Old">
                <speaker><hi rendition="#g">Lady Old</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Nicht einen Laut mehr, &#x017F;oll'n wir Freunde<lb/><hi rendition="#et">bleiben!</hi><lb/>
Zu &#x017F;pa&#x0364;t erfahr' ich, daß man jedes Wort<lb/>
Mit &#x017F;einer Diener&#x017F;chaft bewachen muß.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Alice">
                <speaker><hi rendition="#g">Alice</hi>.</speaker><lb/>
                <p>O nur nicht zu&#x0364;rnen, &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te gna&#x0364;d'ge Frau,<lb/>
Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja,<lb/>
Be&#x017F;traft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. &#x2014;<lb/>
Wo i&#x017F;t denn un&#x017F;er lieber gna&#x0364;d'ger Herr?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Lady Old">
                <speaker><hi rendition="#g">Lady Old</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Ein Florentiner kam ihn abzuholen<lb/>
Zum Mittagse&#x017F;&#x017F;en nach der Lombard-Straße,<lb/>
Der will ihm auch ko&#x017F;tbare Steine zeigen,<lb/>
Die dann vielleicht der Ko&#x0364;nig an &#x017F;ich kauft,<lb/>
Den Schmuck noch zu ver&#x017F;cho&#x0364;nern, den mein Herr<lb/>
Nach Burgund bringen &#x017F;oll, wie Du es weißt.</p><lb/>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0096] Zweite Abtheilung. Ja einen einzigen Gedanken, ihm Entgegen doch zu denken und zu athmen! Stets ſah' ich ſeine Lieb' und Sorg' um mich, Sein unbegraͤnzt Vertraun; wenn Weisheit jezt Ihn treibt, mir dieſe Richtung vorzuſchreiben, So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben Wie ſehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe. Alice. Nun ja, Ihr ſeyd das Muſter einer Frau, Und er ein weiſer, kluger Ehemann; Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch, Und das muß nicht der gnaͤd'ge Herr vergeſſen Daß er ſo viel in Jahren Euch voraus. Lady Old. Nicht einen Laut mehr, ſoll'n wir Freunde bleiben! Zu ſpaͤt erfahr' ich, daß man jedes Wort Mit ſeiner Dienerſchaft bewachen muß. Alice. O nur nicht zuͤrnen, ſchoͤnſte gnaͤd'ge Frau, Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja, Beſtraft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. — Wo iſt denn unſer lieber gnaͤd'ger Herr? Lady Old. Ein Florentiner kam ihn abzuholen Zum Mittagseſſen nach der Lombard-Straße, Der will ihm auch koſtbare Steine zeigen, Die dann vielleicht der Koͤnig an ſich kauft, Den Schmuck noch zu verſchoͤnern, den mein Herr Nach Burgund bringen ſoll, wie Du es weißt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/96
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/96>, abgerufen am 23.11.2024.