Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Fortunat.
Walther. Mir geht's, wie immer; aber ein
Abentheurer, wie Ihr, ein herumirrender Junker von
der leeren Tasche muß seitdem manches erlebt haben.
Andrea. Immer noch das lose Maul? Ist
Euch denn keiner seitdem drüber gekommen, altes
Fell?
Fortunat. Laßt das, der liebe Alte ist unser
Freund, und wir dulden es nicht, daß man einem
so würdigen Manne schimpflich begegnet.
Andrea. So? Seyd Ihr sein Vorkämpfer?
Er säuft wohl von Eurem Wein, und hofirt und
rüffelt Euch abwechselnd? Nun, wohl bekomm's,
Ihr werdet ihn schon noch kennen lernen.
Fortunat. Wir verbitten uns dergleichen ein
für allemal.
Andrea. Ich sage kein Wort mehr. -- Da
ist der Wein; gieb, ich bin durstig.
Antonio. Ihr thut auch am klügsten, Mensch,
denn seht, seht, -- ich kann mich kaum fassen, daß
ich Euch nicht beim Kragen nehme: Blut müßte
eigentlich fließen, weil Ihr dem verehrten Herrn
so schnöde begegnet.
Andrea. So? -- Da, nimm Dein Geld, Kell-
ner; und nun lebt wohl, auf Wiedersehn, Ihr jun-
gen, unflücken, aus dem Ei gekrochnen Nestlinge,
die der alte Uhu da ausbrüten soll.
(geht ab.)
Betty. Der unverschämte Gesell! Aber, Du
kleiner Dicker, ich hätte dich nicht für so tapfer ge-
halten.
Antonio. O mein Seel, mir thut's leid, daß
ich ihn so habe gehn lassen, ich habe mich noch
III. [ 5 ]
Fortunat.
Walther. Mir geht's, wie immer; aber ein
Abentheurer, wie Ihr, ein herumirrender Junker von
der leeren Taſche muß ſeitdem manches erlebt haben.
Andrea. Immer noch das loſe Maul? Iſt
Euch denn keiner ſeitdem druͤber gekommen, altes
Fell?
Fortunat. Laßt das, der liebe Alte iſt unſer
Freund, und wir dulden es nicht, daß man einem
ſo wuͤrdigen Manne ſchimpflich begegnet.
Andrea. So? Seyd Ihr ſein Vorkaͤmpfer?
Er ſaͤuft wohl von Eurem Wein, und hofirt und
ruͤffelt Euch abwechſelnd? Nun, wohl bekomm's,
Ihr werdet ihn ſchon noch kennen lernen.
Fortunat. Wir verbitten uns dergleichen ein
fuͤr allemal.
Andrea. Ich ſage kein Wort mehr. — Da
iſt der Wein; gieb, ich bin durſtig.
Antonio. Ihr thut auch am kluͤgſten, Menſch,
denn ſeht, ſeht, — ich kann mich kaum faſſen, daß
ich Euch nicht beim Kragen nehme: Blut muͤßte
eigentlich fließen, weil Ihr dem verehrten Herrn
ſo ſchnoͤde begegnet.
Andrea. So? — Da, nimm Dein Geld, Kell-
ner; und nun lebt wohl, auf Wiederſehn, Ihr jun-
gen, unfluͤcken, aus dem Ei gekrochnen Neſtlinge,
die der alte Uhu da ausbruͤten ſoll.
(geht ab.)
Betty. Der unverſchaͤmte Geſell! Aber, Du
kleiner Dicker, ich haͤtte dich nicht fuͤr ſo tapfer ge-
halten.
Antonio. O mein Seel, mir thut's leid, daß
ich ihn ſo habe gehn laſſen, ich habe mich noch
III. [ 5 ]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0075" n="65"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/>
              <sp who="#Walther">
                <speaker><hi rendition="#g">Walther</hi>.</speaker>
                <p>Mir geht's, wie immer; aber ein<lb/>
Abentheurer, wie Ihr, ein herumirrender Junker von<lb/>
der leeren Ta&#x017F;che muß &#x017F;eitdem manches erlebt haben.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Andrea">
                <speaker><hi rendition="#g">Andrea</hi>.</speaker>
                <p>Immer noch das lo&#x017F;e Maul? I&#x017F;t<lb/>
Euch denn keiner &#x017F;eitdem dru&#x0364;ber gekommen, altes<lb/>
Fell?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker>
                <p>Laßt das, der liebe Alte i&#x017F;t un&#x017F;er<lb/>
Freund, und wir dulden es nicht, daß man einem<lb/>
&#x017F;o wu&#x0364;rdigen Manne &#x017F;chimpflich begegnet.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Andrea">
                <speaker><hi rendition="#g">Andrea</hi>.</speaker>
                <p>So? Seyd Ihr &#x017F;ein Vorka&#x0364;mpfer?<lb/>
Er &#x017F;a&#x0364;uft wohl von Eurem Wein, und hofirt und<lb/>
ru&#x0364;ffelt Euch abwech&#x017F;elnd? Nun, wohl bekomm's,<lb/>
Ihr werdet ihn &#x017F;chon noch kennen lernen.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker>
                <p>Wir verbitten uns dergleichen ein<lb/>
fu&#x0364;r allemal.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Andrea">
                <speaker><hi rendition="#g">Andrea</hi>.</speaker>
                <p>Ich &#x017F;age kein Wort mehr. &#x2014; Da<lb/>
i&#x017F;t der Wein; gieb, ich bin dur&#x017F;tig.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Antonio">
                <speaker><hi rendition="#g">Antonio</hi>.</speaker>
                <p>Ihr thut auch am klu&#x0364;g&#x017F;ten, Men&#x017F;ch,<lb/>
denn &#x017F;eht, &#x017F;eht, &#x2014; ich kann mich kaum fa&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
ich Euch nicht beim Kragen nehme: Blut mu&#x0364;ßte<lb/>
eigentlich fließen, weil Ihr dem verehrten Herrn<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chno&#x0364;de begegnet.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Andrea">
                <speaker><hi rendition="#g">Andrea</hi>.</speaker>
                <p>So? &#x2014; Da, nimm Dein Geld, Kell-<lb/>
ner; und nun lebt wohl, auf Wieder&#x017F;ehn, Ihr jun-<lb/>
gen, unflu&#x0364;cken, aus dem Ei gekrochnen Ne&#x017F;tlinge,<lb/>
die der alte Uhu da ausbru&#x0364;ten &#x017F;oll.</p>
                <stage>(geht ab.)</stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Betty">
                <speaker><hi rendition="#g">Betty</hi>.</speaker>
                <p>Der unver&#x017F;cha&#x0364;mte Ge&#x017F;ell! Aber, Du<lb/>
kleiner Dicker, ich ha&#x0364;tte dich nicht fu&#x0364;r &#x017F;o tapfer ge-<lb/>
halten.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Antonio">
                <speaker><hi rendition="#g">Antonio</hi>.</speaker>
                <p>O mein Seel, mir thut's leid, daß<lb/>
ich ihn &#x017F;o habe gehn la&#x017F;&#x017F;en, ich habe mich noch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi> [ 5 ]</fw><lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0075] Fortunat. Walther. Mir geht's, wie immer; aber ein Abentheurer, wie Ihr, ein herumirrender Junker von der leeren Taſche muß ſeitdem manches erlebt haben. Andrea. Immer noch das loſe Maul? Iſt Euch denn keiner ſeitdem druͤber gekommen, altes Fell? Fortunat. Laßt das, der liebe Alte iſt unſer Freund, und wir dulden es nicht, daß man einem ſo wuͤrdigen Manne ſchimpflich begegnet. Andrea. So? Seyd Ihr ſein Vorkaͤmpfer? Er ſaͤuft wohl von Eurem Wein, und hofirt und ruͤffelt Euch abwechſelnd? Nun, wohl bekomm's, Ihr werdet ihn ſchon noch kennen lernen. Fortunat. Wir verbitten uns dergleichen ein fuͤr allemal. Andrea. Ich ſage kein Wort mehr. — Da iſt der Wein; gieb, ich bin durſtig. Antonio. Ihr thut auch am kluͤgſten, Menſch, denn ſeht, ſeht, — ich kann mich kaum faſſen, daß ich Euch nicht beim Kragen nehme: Blut muͤßte eigentlich fließen, weil Ihr dem verehrten Herrn ſo ſchnoͤde begegnet. Andrea. So? — Da, nimm Dein Geld, Kell- ner; und nun lebt wohl, auf Wiederſehn, Ihr jun- gen, unfluͤcken, aus dem Ei gekrochnen Neſtlinge, die der alte Uhu da ausbruͤten ſoll. (geht ab.) Betty. Der unverſchaͤmte Geſell! Aber, Du kleiner Dicker, ich haͤtte dich nicht fuͤr ſo tapfer ge- halten. Antonio. O mein Seel, mir thut's leid, daß ich ihn ſo habe gehn laſſen, ich habe mich noch III. [ 5 ]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/75
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/75>, abgerufen am 22.11.2024.