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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
des Spiel des Menschenhassers diesem ersten
Stücke gleich so entschiedenen Beifall verschaffte,
wie ihn seit vielen Jahren kein dramatisches
Werk erhalten hatte. Die Unzelmann war als
Eulalia eben so vortrefflich, sie war erst kürzlich
nach Berlin gekommen, und welchen Zauber,
welche Grazie sie über die Gurli und viele andre
Dichtungen ergoß, ist nicht auszusprechen; ihr
gegenüber stand die Baranius, und diese bei-
den Frauen ergänzten sich so in Schönheit und
Reiz, in Anmuth und Naivität, daß man sie sich
kaum getrennt denken konnte; war die eine die
muthwillige Figur, so war jene die ernste, nahm
diese den stilleren Charakter an, so tändelte jene
als Bauernmädchen oder Dienerinn: die Bara-
nius hatte nicht das große Talent ihrer Mitspie-
lerinn, aber wo sie auch stand, war sie anmuthig
und ihr Spiel erfreulich: man wollte sie auch
einmal in der Tragödie bewundern, aber hier
war sie nicht an ihrem Platz. Unzelmann war
trefflich in komischen Alten, in phantastischen
Charakteren, man sah ihm eine sehr gute Schule
und eine vielseitige Praktik an; in manchen Rit-
terstücken, in denen er nicht gefiel, machte er
mir große Freude, er stellte ein herrliches Por-
trait dar und erinnerte oft an Schröder. Cze-
tizky, den man nicht im Tragischen oder in Lei-
denschaften sehen mußte, war Muster in der
Darstellung eines feinen Mannes, in jungen Mi-

III. [ 33 ]

Zweite Abtheilung.
des Spiel des Menſchenhaſſers dieſem erſten
Stuͤcke gleich ſo entſchiedenen Beifall verſchaffte,
wie ihn ſeit vielen Jahren kein dramatiſches
Werk erhalten hatte. Die Unzelmann war als
Eulalia eben ſo vortrefflich, ſie war erſt kuͤrzlich
nach Berlin gekommen, und welchen Zauber,
welche Grazie ſie uͤber die Gurli und viele andre
Dichtungen ergoß, iſt nicht auszuſprechen; ihr
gegenuͤber ſtand die Baranius, und dieſe bei-
den Frauen ergaͤnzten ſich ſo in Schoͤnheit und
Reiz, in Anmuth und Naivitaͤt, daß man ſie ſich
kaum getrennt denken konnte; war die eine die
muthwillige Figur, ſo war jene die ernſte, nahm
dieſe den ſtilleren Charakter an, ſo taͤndelte jene
als Bauernmaͤdchen oder Dienerinn: die Bara-
nius hatte nicht das große Talent ihrer Mitſpie-
lerinn, aber wo ſie auch ſtand, war ſie anmuthig
und ihr Spiel erfreulich: man wollte ſie auch
einmal in der Tragoͤdie bewundern, aber hier
war ſie nicht an ihrem Platz. Unzelmann war
trefflich in komiſchen Alten, in phantaſtiſchen
Charakteren, man ſah ihm eine ſehr gute Schule
und eine vielſeitige Praktik an; in manchen Rit-
terſtuͤcken, in denen er nicht gefiel, machte er
mir große Freude, er ſtellte ein herrliches Por-
trait dar und erinnerte oft an Schroͤder. Cze-
tizky, den man nicht im Tragiſchen oder in Lei-
denſchaften ſehen mußte, war Muſter in der
Darſtellung eines feinen Mannes, in jungen Mi-

III. [ 33 ]
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[513/0523] Zweite Abtheilung. des Spiel des Menſchenhaſſers dieſem erſten Stuͤcke gleich ſo entſchiedenen Beifall verſchaffte, wie ihn ſeit vielen Jahren kein dramatiſches Werk erhalten hatte. Die Unzelmann war als Eulalia eben ſo vortrefflich, ſie war erſt kuͤrzlich nach Berlin gekommen, und welchen Zauber, welche Grazie ſie uͤber die Gurli und viele andre Dichtungen ergoß, iſt nicht auszuſprechen; ihr gegenuͤber ſtand die Baranius, und dieſe bei- den Frauen ergaͤnzten ſich ſo in Schoͤnheit und Reiz, in Anmuth und Naivitaͤt, daß man ſie ſich kaum getrennt denken konnte; war die eine die muthwillige Figur, ſo war jene die ernſte, nahm dieſe den ſtilleren Charakter an, ſo taͤndelte jene als Bauernmaͤdchen oder Dienerinn: die Bara- nius hatte nicht das große Talent ihrer Mitſpie- lerinn, aber wo ſie auch ſtand, war ſie anmuthig und ihr Spiel erfreulich: man wollte ſie auch einmal in der Tragoͤdie bewundern, aber hier war ſie nicht an ihrem Platz. Unzelmann war trefflich in komiſchen Alten, in phantaſtiſchen Charakteren, man ſah ihm eine ſehr gute Schule und eine vielſeitige Praktik an; in manchen Rit- terſtuͤcken, in denen er nicht gefiel, machte er mir große Freude, er ſtellte ein herrliches Por- trait dar und erinnerte oft an Schroͤder. Cze- tizky, den man nicht im Tragiſchen oder in Lei- denſchaften ſehen mußte, war Muſter in der Darſtellung eines feinen Mannes, in jungen Mi- III. [ 33 ]

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/523>, abgerufen am 27.11.2024.