Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Sein ungebändigt Herz nicht tragen konnte,Denn eitel ist er, wie die Häßlichen; Je mehr er diese Schwäche hehlen will, So mehr drängt sie sich jedem Auge vor. Andalosia. Holdselge Fürstinn, wie mein Alter wächst, (Wenn meiner Jugend Ihr dies Wort vergönnt) Erscheinen mir der Ritterspiele Kunst, Der Rosse Tummeln, Ring- und Lanzenstechen, Die Uebungen, die sonst wohl alle Stunden, Und ganz den jungen Sinn gefangen nahmen Geringer; giebt es Augenblicke doch, Wo ich mich still verwundre, wie mein Leben Sich widmen konnte diesem leichten Tand; Die trübe Stimmung zwar verschwindet mir Schnell, wie sie kam, im fröhlichen Getümmel, Doch kehrt sie wieder, weilet gastlich länger; Und bald hat wohl des Ernstes dunkle Wolke Mein Innres, still anwachsend, überschattet. Drum gönn ich ihm den Ruhm: geschah es nicht, Euch, theure Fürstinn, wie die Sitte heischt, Mit Lanzenkampf und Spielen zu begrüßen, Trat ich ihm nie als Nebenbuhl entgegen. König. Ich suche nochmals Euren Gegner auf, Und führ ihn her, daß er sich Euch versöhne. Kein Groll soll dieser schönen Tage Glanz Und dieser Feste Heiterkeit mir trüben, Will nicht der rohe eigensinnige Mann Vernehmen was Vernunft und Sitte sprechen, So soll er fühlen, daß ich König bin, Und Ihr mein Freund, der nächste meinem Herzen. (geht ab.) Zweite Abtheilung. Sein ungebaͤndigt Herz nicht tragen konnte,Denn eitel iſt er, wie die Haͤßlichen; Je mehr er dieſe Schwaͤche hehlen will, So mehr draͤngt ſie ſich jedem Auge vor. Andaloſia. Holdſelge Fuͤrſtinn, wie mein Alter waͤchſt, (Wenn meiner Jugend Ihr dies Wort vergoͤnnt) Erſcheinen mir der Ritterſpiele Kunſt, Der Roſſe Tummeln, Ring- und Lanzenſtechen, Die Uebungen, die ſonſt wohl alle Stunden, Und ganz den jungen Sinn gefangen nahmen Geringer; giebt es Augenblicke doch, Wo ich mich ſtill verwundre, wie mein Leben Sich widmen konnte dieſem leichten Tand; Die truͤbe Stimmung zwar verſchwindet mir Schnell, wie ſie kam, im froͤhlichen Getuͤmmel, Doch kehrt ſie wieder, weilet gaſtlich laͤnger; Und bald hat wohl des Ernſtes dunkle Wolke Mein Innres, ſtill anwachſend, uͤberſchattet. Drum goͤnn ich ihm den Ruhm: geſchah es nicht, Euch, theure Fuͤrſtinn, wie die Sitte heiſcht, Mit Lanzenkampf und Spielen zu begruͤßen, Trat ich ihm nie als Nebenbuhl entgegen. Koͤnig. Ich ſuche nochmals Euren Gegner auf, Und fuͤhr ihn her, daß er ſich Euch verſoͤhne. Kein Groll ſoll dieſer ſchoͤnen Tage Glanz Und dieſer Feſte Heiterkeit mir truͤben, Will nicht der rohe eigenſinnige Mann Vernehmen was Vernunft und Sitte ſprechen, So ſoll er fuͤhlen, daß ich Koͤnig bin, Und Ihr mein Freund, der naͤchſte meinem Herzen. (geht ab.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Agrippina"> <p><pb facs="#f0476" n="466"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Sein ungebaͤndigt Herz nicht tragen konnte,<lb/> Denn eitel iſt er, wie die Haͤßlichen;<lb/> Je mehr er dieſe Schwaͤche hehlen will,<lb/> So mehr draͤngt ſie ſich jedem Auge vor.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>Holdſelge Fuͤrſtinn, wie mein Alter waͤchſt,<lb/> (Wenn meiner Jugend Ihr dies Wort vergoͤnnt)<lb/> Erſcheinen mir der Ritterſpiele Kunſt,<lb/> Der Roſſe Tummeln, Ring- und Lanzenſtechen,<lb/> Die Uebungen, die ſonſt wohl alle Stunden,<lb/> Und ganz den jungen Sinn gefangen nahmen<lb/> Geringer; giebt es Augenblicke doch,<lb/> Wo ich mich ſtill verwundre, wie mein Leben<lb/> Sich widmen konnte dieſem leichten Tand;<lb/> Die truͤbe Stimmung zwar verſchwindet mir<lb/> Schnell, wie ſie kam, im froͤhlichen Getuͤmmel,<lb/> Doch kehrt ſie wieder, weilet gaſtlich laͤnger;<lb/> Und bald hat wohl des Ernſtes dunkle Wolke<lb/> Mein Innres, ſtill anwachſend, uͤberſchattet.<lb/> Drum goͤnn ich ihm den Ruhm: geſchah es nicht,<lb/> Euch, theure Fuͤrſtinn, wie die Sitte heiſcht,<lb/> Mit Lanzenkampf und Spielen zu begruͤßen,<lb/> Trat ich ihm nie als Nebenbuhl entgegen.</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich ſuche nochmals Euren Gegner auf,<lb/> Und fuͤhr ihn her, daß er ſich Euch verſoͤhne.<lb/> Kein Groll ſoll dieſer ſchoͤnen Tage Glanz<lb/> Und dieſer Feſte Heiterkeit mir truͤben,<lb/> Will nicht der rohe eigenſinnige Mann<lb/> Vernehmen was Vernunft und Sitte ſprechen,<lb/> So ſoll er fuͤhlen, daß ich Koͤnig bin,<lb/> Und Ihr mein Freund, der naͤchſte meinem Herzen.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#right">(geht ab.)</hi> </stage> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [466/0476]
Zweite Abtheilung.
Sein ungebaͤndigt Herz nicht tragen konnte,
Denn eitel iſt er, wie die Haͤßlichen;
Je mehr er dieſe Schwaͤche hehlen will,
So mehr draͤngt ſie ſich jedem Auge vor.
Andaloſia.
Holdſelge Fuͤrſtinn, wie mein Alter waͤchſt,
(Wenn meiner Jugend Ihr dies Wort vergoͤnnt)
Erſcheinen mir der Ritterſpiele Kunſt,
Der Roſſe Tummeln, Ring- und Lanzenſtechen,
Die Uebungen, die ſonſt wohl alle Stunden,
Und ganz den jungen Sinn gefangen nahmen
Geringer; giebt es Augenblicke doch,
Wo ich mich ſtill verwundre, wie mein Leben
Sich widmen konnte dieſem leichten Tand;
Die truͤbe Stimmung zwar verſchwindet mir
Schnell, wie ſie kam, im froͤhlichen Getuͤmmel,
Doch kehrt ſie wieder, weilet gaſtlich laͤnger;
Und bald hat wohl des Ernſtes dunkle Wolke
Mein Innres, ſtill anwachſend, uͤberſchattet.
Drum goͤnn ich ihm den Ruhm: geſchah es nicht,
Euch, theure Fuͤrſtinn, wie die Sitte heiſcht,
Mit Lanzenkampf und Spielen zu begruͤßen,
Trat ich ihm nie als Nebenbuhl entgegen.
Koͤnig.
Ich ſuche nochmals Euren Gegner auf,
Und fuͤhr ihn her, daß er ſich Euch verſoͤhne.
Kein Groll ſoll dieſer ſchoͤnen Tage Glanz
Und dieſer Feſte Heiterkeit mir truͤben,
Will nicht der rohe eigenſinnige Mann
Vernehmen was Vernunft und Sitte ſprechen,
So ſoll er fuͤhlen, daß ich Koͤnig bin,
Und Ihr mein Freund, der naͤchſte meinem Herzen.
(geht ab.)
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