Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Dann wurde dem Bethörten Hohn und LachenAuf seinem armen Wege nachgesandt; Indessen ich, verschmäht, betrogen, abseits Zur Armuth mich, zur Reue wenden mußte, Und gern noch Glück und Leben opferte (Auch wenn mich Dein Besitz niemals beglückt) Daß Wort und Blick nur nicht betrogen hätten, Das als das Bitterste im Schmerz empfindend, Daß ich geliebt, wo ich verachten mußte. Wo willst Du Worte finden, wo die Lüge, (Die fernste taugt Dir nicht) dies abzuläugnen? Agrippina. Noch einmal werf' ich mich vor Dir zur Erde, Nur flehen kann ich, nimmer mich entschuld'gen. Dein ist das Recht, Du hast mich so besiegt, Daß mir die Kraft zum Leben selbst ermangelt, So sticht mir jedes Wort ins Herz ein Messer. Was mein Gewissen dunkel mir und leise Oft zugeflüstert, ach, die bittre Reue, Die ich betäubte, hast Du nun erweckt, Daß ihre Stimme laut und lauter mahnt. Und mich ihr grauser Donnerton betäubt. Ach, Andalosia, nicht fleh' ich Dir Um meinethalb, weil ich die Königstochter, Daß Du mich achten möchtest, ehren, schonen, Nein, bei Dir selbst, bei dem Gefühl im Busen, Das einst geliebt die tief Unwürdige, Bei Deinem eignen Werth beschwör' ich Dich, Entweihe nicht das Herz, das mir geschlagen, Wirf mich nicht hart der öden Wildniß zu, Dem Wahnsinn, Thieren, noch der Krankheit Graun! Nein, Du erbarmst Dich, denn Du bist es noch, Des Auge Lieb' und Sehnsucht auf mich blickte. Zweite Abtheilung. Dann wurde dem Bethoͤrten Hohn und LachenAuf ſeinem armen Wege nachgeſandt; Indeſſen ich, verſchmaͤht, betrogen, abſeits Zur Armuth mich, zur Reue wenden mußte, Und gern noch Gluͤck und Leben opferte (Auch wenn mich Dein Beſitz niemals begluͤckt) Daß Wort und Blick nur nicht betrogen haͤtten, Das als das Bitterſte im Schmerz empfindend, Daß ich geliebt, wo ich verachten mußte. Wo willſt Du Worte finden, wo die Luͤge, (Die fernſte taugt Dir nicht) dies abzulaͤugnen? Agrippina. Noch einmal werf' ich mich vor Dir zur Erde, Nur flehen kann ich, nimmer mich entſchuld'gen. Dein iſt das Recht, Du haſt mich ſo beſiegt, Daß mir die Kraft zum Leben ſelbſt ermangelt, So ſticht mir jedes Wort ins Herz ein Meſſer. Was mein Gewiſſen dunkel mir und leiſe Oft zugefluͤſtert, ach, die bittre Reue, Die ich betaͤubte, haſt Du nun erweckt, Daß ihre Stimme laut und lauter mahnt. Und mich ihr grauſer Donnerton betaͤubt. Ach, Andaloſia, nicht fleh' ich Dir Um meinethalb, weil ich die Koͤnigstochter, Daß Du mich achten moͤchteſt, ehren, ſchonen, Nein, bei Dir ſelbſt, bei dem Gefuͤhl im Buſen, Das einſt geliebt die tief Unwuͤrdige, Bei Deinem eignen Werth beſchwoͤr' ich Dich, Entweihe nicht das Herz, das mir geſchlagen, Wirf mich nicht hart der oͤden Wildniß zu, Dem Wahnſinn, Thieren, noch der Krankheit Graun! Nein, Du erbarmſt Dich, denn Du biſt es noch, Des Auge Lieb' und Sehnſucht auf mich blickte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Andaloſia"> <p><pb facs="#f0454" n="444"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Dann wurde dem Bethoͤrten Hohn und Lachen<lb/> Auf ſeinem armen Wege nachgeſandt;<lb/> Indeſſen ich, verſchmaͤht, betrogen, abſeits<lb/> Zur Armuth mich, zur Reue wenden mußte,<lb/> Und gern noch Gluͤck und Leben opferte<lb/> (Auch wenn mich Dein Beſitz niemals begluͤckt)<lb/> Daß Wort und Blick nur nicht betrogen haͤtten,<lb/> Das als das Bitterſte im Schmerz empfindend,<lb/> Daß ich geliebt, wo ich verachten mußte.<lb/> Wo willſt Du Worte finden, wo die Luͤge,<lb/> (Die fernſte taugt Dir nicht) dies abzulaͤugnen?</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p>Noch einmal werf' ich mich vor Dir zur Erde,<lb/> Nur flehen kann ich, nimmer mich entſchuld'gen.<lb/> Dein iſt das Recht, Du haſt mich ſo beſiegt,<lb/> Daß mir die Kraft zum Leben ſelbſt ermangelt,<lb/> So ſticht mir jedes Wort ins Herz ein Meſſer.<lb/> Was mein Gewiſſen dunkel mir und leiſe<lb/> Oft zugefluͤſtert, ach, die bittre Reue,<lb/> Die ich betaͤubte, haſt Du nun erweckt,<lb/> Daß ihre Stimme laut und lauter mahnt.<lb/> Und mich ihr grauſer Donnerton betaͤubt.<lb/> Ach, Andaloſia, nicht fleh' ich Dir<lb/> Um meinethalb, weil ich die Koͤnigstochter,<lb/> Daß Du mich achten moͤchteſt, ehren, ſchonen,<lb/> Nein, bei Dir ſelbſt, bei dem Gefuͤhl im Buſen,<lb/> Das einſt geliebt die tief Unwuͤrdige,<lb/> Bei Deinem eignen Werth beſchwoͤr' ich Dich,<lb/> Entweihe nicht das Herz, das mir geſchlagen,<lb/> Wirf mich nicht hart der oͤden Wildniß zu,<lb/> Dem Wahnſinn, Thieren, noch der Krankheit Graun!<lb/> Nein, Du erbarmſt Dich, denn Du biſt es noch,<lb/> Des Auge Lieb' und Sehnſucht auf mich blickte.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [444/0454]
Zweite Abtheilung.
Dann wurde dem Bethoͤrten Hohn und Lachen
Auf ſeinem armen Wege nachgeſandt;
Indeſſen ich, verſchmaͤht, betrogen, abſeits
Zur Armuth mich, zur Reue wenden mußte,
Und gern noch Gluͤck und Leben opferte
(Auch wenn mich Dein Beſitz niemals begluͤckt)
Daß Wort und Blick nur nicht betrogen haͤtten,
Das als das Bitterſte im Schmerz empfindend,
Daß ich geliebt, wo ich verachten mußte.
Wo willſt Du Worte finden, wo die Luͤge,
(Die fernſte taugt Dir nicht) dies abzulaͤugnen?
Agrippina.
Noch einmal werf' ich mich vor Dir zur Erde,
Nur flehen kann ich, nimmer mich entſchuld'gen.
Dein iſt das Recht, Du haſt mich ſo beſiegt,
Daß mir die Kraft zum Leben ſelbſt ermangelt,
So ſticht mir jedes Wort ins Herz ein Meſſer.
Was mein Gewiſſen dunkel mir und leiſe
Oft zugefluͤſtert, ach, die bittre Reue,
Die ich betaͤubte, haſt Du nun erweckt,
Daß ihre Stimme laut und lauter mahnt.
Und mich ihr grauſer Donnerton betaͤubt.
Ach, Andaloſia, nicht fleh' ich Dir
Um meinethalb, weil ich die Koͤnigstochter,
Daß Du mich achten moͤchteſt, ehren, ſchonen,
Nein, bei Dir ſelbſt, bei dem Gefuͤhl im Buſen,
Das einſt geliebt die tief Unwuͤrdige,
Bei Deinem eignen Werth beſchwoͤr' ich Dich,
Entweihe nicht das Herz, das mir geſchlagen,
Wirf mich nicht hart der oͤden Wildniß zu,
Dem Wahnſinn, Thieren, noch der Krankheit Graun!
Nein, Du erbarmſt Dich, denn Du biſt es noch,
Des Auge Lieb' und Sehnſucht auf mich blickte.
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