Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Ist er, mein armer Neffe; freilich wohlWar auch sein Lebenswandel nicht der beste. Theodor.. So? Euer Neffe? Wie kommt nun ein Mann, Vernünftig wie Ihr seyd und wohlgezogen, Im Umgang angenehm, auch wohlgebildet, In aller Welt dazu, solch wildes Kraut, Solch Gänseköpfchen zum Neveu zu haben? König. (zu Herbert.) Ich sehs Euch an, daß Ihr schon wieder zürnt. Herbert. Ja, wie er naht, wie er den Mund nur öffnet, So zittr' ich schon, den Aberwitz zu hören. Ich geh, mein hoher Herr, mir ist nicht wohl, Vielleicht hab' ich zum letztenmal gesehn Eur huldreich Angesicht, mein Alter drückt, Mit manchem Gram vereint, mich schwer zu Boden. König. Mein Freund, wir sehn uns oft noch frölich wieder. Schlaft wohl, und schonet, bitt' ich, Eure Schwäche. (Herbert ab.) Limosin. Wie ich mich freue, kennen Euch zu lernen Kann ich nicht sagen; glaubt, ich bin nicht jung, Doch hab' ich kaum im Leben wen gefunden Mit dem's Sympathisiren sich verlohnte. Theodor.. Gehts mir denn besser, Schatz? Das sag' ich ja, Für unser eins ists nur 'ne Hundewelt: Ich suche Freundschaft; aber wie? Gesellen, Gelbschnäbel, Klugsichdünker, Obenaus, Glattzungen, Schmeichler, die polirten Herrn Mit Bildung, Allerweltsvortreflichkeit, Zweite Abtheilung. Iſt er, mein armer Neffe; freilich wohlWar auch ſein Lebenswandel nicht der beſte. Theodor.. So? Euer Neffe? Wie kommt nun ein Mann, Vernuͤnftig wie Ihr ſeyd und wohlgezogen, Im Umgang angenehm, auch wohlgebildet, In aller Welt dazu, ſolch wildes Kraut, Solch Gaͤnſekoͤpfchen zum Neveu zu haben? Koͤnig. (zu Herbert.) Ich ſehs Euch an, daß Ihr ſchon wieder zuͤrnt. Herbert. Ja, wie er naht, wie er den Mund nur oͤffnet, So zittr' ich ſchon, den Aberwitz zu hoͤren. Ich geh, mein hoher Herr, mir iſt nicht wohl, Vielleicht hab' ich zum letztenmal geſehn Eur huldreich Angeſicht, mein Alter druͤckt, Mit manchem Gram vereint, mich ſchwer zu Boden. Koͤnig. Mein Freund, wir ſehn uns oft noch froͤlich wieder. Schlaft wohl, und ſchonet, bitt' ich, Eure Schwaͤche. (Herbert ab.) Limoſin. Wie ich mich freue, kennen Euch zu lernen Kann ich nicht ſagen; glaubt, ich bin nicht jung, Doch hab' ich kaum im Leben wen gefunden Mit dem's Sympathiſiren ſich verlohnte. Theodor.. Gehts mir denn beſſer, Schatz? Das ſag' ich ja, Fuͤr unſer eins iſts nur 'ne Hundewelt: Ich ſuche Freundſchaft; aber wie? Geſellen, Gelbſchnaͤbel, Klugſichduͤnker, Obenaus, Glattzungen, Schmeichler, die polirten Herrn Mit Bildung, Allerweltsvortreflichkeit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Limoſin"> <p><pb facs="#f0432" n="422"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Iſt er, mein armer Neffe; freilich wohl<lb/> War auch ſein Lebenswandel nicht der beſte.</p> </sp><lb/> <sp who="#THEO"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>..</speaker><lb/> <p>So? Euer Neffe? Wie kommt nun ein Mann,<lb/> Vernuͤnftig wie Ihr ſeyd und wohlgezogen,<lb/> Im Umgang angenehm, auch wohlgebildet,<lb/> In aller Welt dazu, ſolch wildes Kraut,<lb/> Solch Gaͤnſekoͤpfchen zum Neveu zu haben?</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <stage>(zu <hi rendition="#g">Herbert</hi>.)</stage><lb/> <p>Ich ſehs Euch an, daß Ihr ſchon wieder zuͤrnt.</p> </sp><lb/> <sp who="#Herbert"> <speaker><hi rendition="#g">Herbert</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, wie er naht, wie er den Mund nur oͤffnet,<lb/> So zittr' ich ſchon, den Aberwitz zu hoͤren.<lb/> Ich geh, mein hoher Herr, mir iſt nicht wohl,<lb/> Vielleicht hab' ich zum letztenmal geſehn<lb/> Eur huldreich Angeſicht, mein Alter druͤckt,<lb/> Mit manchem Gram vereint, mich ſchwer zu Boden.</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker><lb/> <p>Mein Freund, wir ſehn uns oft noch froͤlich wieder.<lb/> Schlaft wohl, und ſchonet, bitt' ich, Eure Schwaͤche.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(Herbert ab.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#Limoſin"> <speaker><hi rendition="#g">Limoſin</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie ich mich freue, kennen Euch zu lernen<lb/> Kann ich nicht ſagen; glaubt, ich bin nicht jung,<lb/> Doch hab' ich kaum im Leben wen gefunden<lb/> Mit dem's Sympathiſiren ſich verlohnte.</p> </sp><lb/> <sp who="#THEO"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>..</speaker><lb/> <p>Gehts mir denn beſſer, Schatz? Das ſag' ich ja,<lb/> Fuͤr unſer eins iſts nur 'ne Hundewelt:<lb/> Ich ſuche Freundſchaft; aber wie? Geſellen,<lb/> Gelbſchnaͤbel, Klugſichduͤnker, Obenaus,<lb/> Glattzungen, Schmeichler, die polirten Herrn<lb/> Mit Bildung, Allerweltsvortreflichkeit,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0432]
Zweite Abtheilung.
Iſt er, mein armer Neffe; freilich wohl
War auch ſein Lebenswandel nicht der beſte.
Theodor..
So? Euer Neffe? Wie kommt nun ein Mann,
Vernuͤnftig wie Ihr ſeyd und wohlgezogen,
Im Umgang angenehm, auch wohlgebildet,
In aller Welt dazu, ſolch wildes Kraut,
Solch Gaͤnſekoͤpfchen zum Neveu zu haben?
Koͤnig. (zu Herbert.)
Ich ſehs Euch an, daß Ihr ſchon wieder zuͤrnt.
Herbert.
Ja, wie er naht, wie er den Mund nur oͤffnet,
So zittr' ich ſchon, den Aberwitz zu hoͤren.
Ich geh, mein hoher Herr, mir iſt nicht wohl,
Vielleicht hab' ich zum letztenmal geſehn
Eur huldreich Angeſicht, mein Alter druͤckt,
Mit manchem Gram vereint, mich ſchwer zu Boden.
Koͤnig.
Mein Freund, wir ſehn uns oft noch froͤlich wieder.
Schlaft wohl, und ſchonet, bitt' ich, Eure Schwaͤche.
(Herbert ab.)
Limoſin.
Wie ich mich freue, kennen Euch zu lernen
Kann ich nicht ſagen; glaubt, ich bin nicht jung,
Doch hab' ich kaum im Leben wen gefunden
Mit dem's Sympathiſiren ſich verlohnte.
Theodor..
Gehts mir denn beſſer, Schatz? Das ſag' ich ja,
Fuͤr unſer eins iſts nur 'ne Hundewelt:
Ich ſuche Freundſchaft; aber wie? Geſellen,
Gelbſchnaͤbel, Klugſichduͤnker, Obenaus,
Glattzungen, Schmeichler, die polirten Herrn
Mit Bildung, Allerweltsvortreflichkeit,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |