Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. nicht wahr, Herr Leibarzt? Fühlen Sie gütigstden Puls. Ja, ja, ich bin noch so viel bei mir, daß ich es einsehe, wie ich vollständig delirire. Ich fürchte den Schlag. Ich bin ganz außer und von mir. -- Ihr werdet mir das Zeugniß geben, Herr Leibarzt, daß ich völlig von Verstande bin. -- Kommt, Gesellen, nach Hause; Frau, steig' her- unter, Du hast lange genug wie ein Narr da ge- standen. Komm, ich muß mich gleich zu Bett legen. Kommt! Gesell. Wir wollen noch hier bleiben, und für unser Geld das Wunderthier betrachten. Flint. Nun so bleibt, bleibt, aber nur rei- nen Mund gehalten! (ab mit der Frau.) Gesell. Was will denn der Meister? -- Sagt uns aber doch, Herr Türke, was ist das da eigentlich für eine Gottes-Creatur? Bürger. Ja, sagt uns, Leute, wo ihr ihn gefangen habt. Frau. Warum der Waldteufel so närrische Gesichter macht. Martin. (mit fremder Aussprache.) Geduld, meine werthen Herrn, werde alles erklären. Er ist gar nicht gefangen, verehrtes Publikum, sondern ge- funden worden. Es werden jetzt in den griechischen Territorien, meinem Vaterlande, 'gar erstaunlich gelehrte Untersuchungen angestellt, man entdeckt alte Münzen und Bildsäulen, man gräbt Palläste und ganze Städte wieder auf, die schon vor mehr als tausend Jahren versunken waren, und so ist man denn auch auf uralte Götzen gestoßen die man anfangs auch für steinern hielt, weil sie so lange Zweite Abtheilung. nicht wahr, Herr Leibarzt? Fuͤhlen Sie guͤtigſtden Puls. Ja, ja, ich bin noch ſo viel bei mir, daß ich es einſehe, wie ich vollſtaͤndig delirire. Ich fuͤrchte den Schlag. Ich bin ganz außer und von mir. — Ihr werdet mir das Zeugniß geben, Herr Leibarzt, daß ich voͤllig von Verſtande bin. — Kommt, Geſellen, nach Hauſe; Frau, ſteig' her- unter, Du haſt lange genug wie ein Narr da ge- ſtanden. Komm, ich muß mich gleich zu Bett legen. Kommt! Geſell. Wir wollen noch hier bleiben, und fuͤr unſer Geld das Wunderthier betrachten. Flint. Nun ſo bleibt, bleibt, aber nur rei- nen Mund gehalten! (ab mit der Frau.) Geſell. Was will denn der Meiſter? — Sagt uns aber doch, Herr Tuͤrke, was iſt das da eigentlich fuͤr eine Gottes-Creatur? Buͤrger. Ja, ſagt uns, Leute, wo ihr ihn gefangen habt. Frau. Warum der Waldteufel ſo naͤrriſche Geſichter macht. Martin. (mit fremder Ausſprache.) Geduld, meine werthen Herrn, werde alles erklaͤren. Er iſt gar nicht gefangen, verehrtes Publikum, ſondern ge- funden worden. Es werden jetzt in den griechiſchen Territorien, meinem Vaterlande, 'gar erſtaunlich gelehrte Unterſuchungen angeſtellt, man entdeckt alte Muͤnzen und Bildſaͤulen, man graͤbt Pallaͤſte und ganze Staͤdte wieder auf, die ſchon vor mehr als tauſend Jahren verſunken waren, und ſo iſt man denn auch auf uralte Goͤtzen geſtoßen die man anfangs auch fuͤr ſteinern hielt, weil ſie ſo lange <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Flint"> <p><pb facs="#f0418" n="408"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> nicht wahr, Herr Leibarzt? Fuͤhlen Sie guͤtigſt<lb/> den Puls. Ja, ja, ich bin noch ſo viel bei mir,<lb/> daß ich es einſehe, wie ich vollſtaͤndig delirire. Ich<lb/> fuͤrchte den Schlag. 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Zweite Abtheilung.
nicht wahr, Herr Leibarzt? Fuͤhlen Sie guͤtigſt
den Puls. Ja, ja, ich bin noch ſo viel bei mir,
daß ich es einſehe, wie ich vollſtaͤndig delirire. Ich
fuͤrchte den Schlag. Ich bin ganz außer und von
mir. — Ihr werdet mir das Zeugniß geben,
Herr Leibarzt, daß ich voͤllig von Verſtande bin. —
Kommt, Geſellen, nach Hauſe; Frau, ſteig' her-
unter, Du haſt lange genug wie ein Narr da ge-
ſtanden. Komm, ich muß mich gleich zu Bett
legen. Kommt!
Geſell. Wir wollen noch hier bleiben, und
fuͤr unſer Geld das Wunderthier betrachten.
Flint. Nun ſo bleibt, bleibt, aber nur rei-
nen Mund gehalten! (ab mit der Frau.)
Geſell. Was will denn der Meiſter? —
Sagt uns aber doch, Herr Tuͤrke, was iſt das da
eigentlich fuͤr eine Gottes-Creatur?
Buͤrger. Ja, ſagt uns, Leute, wo ihr ihn
gefangen habt.
Frau. Warum der Waldteufel ſo naͤrriſche
Geſichter macht.
Martin. (mit fremder Ausſprache.) Geduld, meine
werthen Herrn, werde alles erklaͤren. Er iſt gar
nicht gefangen, verehrtes Publikum, ſondern ge-
funden worden. Es werden jetzt in den griechiſchen
Territorien, meinem Vaterlande, 'gar erſtaunlich
gelehrte Unterſuchungen angeſtellt, man entdeckt
alte Muͤnzen und Bildſaͤulen, man graͤbt Pallaͤſte
und ganze Staͤdte wieder auf, die ſchon vor mehr
als tauſend Jahren verſunken waren, und ſo iſt
man denn auch auf uralte Goͤtzen geſtoßen die man
anfangs auch fuͤr ſteinern hielt, weil ſie ſo lange
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