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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
Leibarzt. Nein!
Frau. Hat Euch denn kein Mensch, auch
der Herr Raimund, nichts davon gesagt?
Leibarzt. Nein!
Frau. Ist der König gnädig, oder ungnädig,
könnt Ihr mir das nicht sagen?
Leibarzt. Nein! -- Er schneidet mich ja,
Flegel.
Gesell. Hochgelahrt sprechen das Nein so
pastetisch aus, und mit so großer Paraphrase, daß
Dero ganzes Gesicht aufläuft, so kann man das
Schneiden dann nicht gut unterlassen.
Frau. Er wird hingerichtet, gewiß, sie haben
lange von oben kein Exempel statuirt: nun muß
er gerade daran glauben. -- Da kommt ja unser
Gevatter, der Herr Hofschneider gerannt.

Der Hofschneider kömmt schnell herein.
Schneider. Ist Euer Mann nicht hier?
Frau. Ach, leider Gottes, nein, der ist ge-
wiß schon rekolgirt.
Schneider. Er muß gleich kommen. Es
gehn große Dinge vor. Wir bekommen alle Hände
voll zu thun, und die ganze Welt wird umgedreht.
Frau. Und mein Mann hat auch dabei
zu thun?
Schneider. Der eben hat die Hauptsache
zu besorgen. Da kömmt er, seht nur, wie ihm
das ganze Gesicht glüht.

Flint tritt herein.
Flint. Da seyd Ihr schon Meister, -- Frau,
gleich
Zweite Abtheilung.
Leibarzt. Nein!
Frau. Hat Euch denn kein Menſch, auch
der Herr Raimund, nichts davon geſagt?
Leibarzt. Nein!
Frau. Iſt der Koͤnig gnaͤdig, oder ungnaͤdig,
koͤnnt Ihr mir das nicht ſagen?
Leibarzt. Nein! — Er ſchneidet mich ja,
Flegel.
Geſell. Hochgelahrt ſprechen das Nein ſo
paſtetiſch aus, und mit ſo großer Paraphraſe, daß
Dero ganzes Geſicht auflaͤuft, ſo kann man das
Schneiden dann nicht gut unterlaſſen.
Frau. Er wird hingerichtet, gewiß, ſie haben
lange von oben kein Exempel ſtatuirt: nun muß
er gerade daran glauben. — Da kommt ja unſer
Gevatter, der Herr Hofſchneider gerannt.

Der Hofſchneider koͤmmt ſchnell herein.
Schneider. Iſt Euer Mann nicht hier?
Frau. Ach, leider Gottes, nein, der iſt ge-
wiß ſchon rekolgirt.
Schneider. Er muß gleich kommen. Es
gehn große Dinge vor. Wir bekommen alle Haͤnde
voll zu thun, und die ganze Welt wird umgedreht.
Frau. Und mein Mann hat auch dabei
zu thun?
Schneider. Der eben hat die Hauptſache
zu beſorgen. Da koͤmmt er, ſeht nur, wie ihm
das ganze Geſicht gluͤht.

Flint tritt herein.
Flint. Da ſeyd Ihr ſchon Meiſter, — Frau,
gleich
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[400/0410] Zweite Abtheilung. Leibarzt. Nein! Frau. Hat Euch denn kein Menſch, auch der Herr Raimund, nichts davon geſagt? Leibarzt. Nein! Frau. Iſt der Koͤnig gnaͤdig, oder ungnaͤdig, koͤnnt Ihr mir das nicht ſagen? Leibarzt. Nein! — Er ſchneidet mich ja, Flegel. Geſell. Hochgelahrt ſprechen das Nein ſo paſtetiſch aus, und mit ſo großer Paraphraſe, daß Dero ganzes Geſicht auflaͤuft, ſo kann man das Schneiden dann nicht gut unterlaſſen. Frau. Er wird hingerichtet, gewiß, ſie haben lange von oben kein Exempel ſtatuirt: nun muß er gerade daran glauben. — Da kommt ja unſer Gevatter, der Herr Hofſchneider gerannt. Der Hofſchneider koͤmmt ſchnell herein. Schneider. Iſt Euer Mann nicht hier? Frau. Ach, leider Gottes, nein, der iſt ge- wiß ſchon rekolgirt. Schneider. Er muß gleich kommen. Es gehn große Dinge vor. Wir bekommen alle Haͤnde voll zu thun, und die ganze Welt wird umgedreht. Frau. Und mein Mann hat auch dabei zu thun? Schneider. Der eben hat die Hauptſache zu beſorgen. Da koͤmmt er, ſeht nur, wie ihm das ganze Geſicht gluͤht. Flint tritt herein. Flint. Da ſeyd Ihr ſchon Meiſter, — Frau, gleich

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/410>, abgerufen am 30.11.2024.