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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Fortunat.
Und sehn den Körper vor uns, wie ein Beet
Zu ackern drein, zu säen nach Belieben;
Oft sieht ein Mensch, der einge Jahr bei uns
Die Schule frequentirt, kaum noch mehr ähnlich
Dem Bilde, das Natur zuerst erschuf,
Ist wie Kunstpräparat mehr zu betrachten:
Ich ließ noch kürzlich einen von mir, dem
Der Kopf aus Silber halb bestand, die Beine
Aus Holz, der eine Arm von Leder,
Das Wenige, was von ihm übrig blieb
Das übertrug geschickt die andre Hälfte.
Ich bin einmal sehr fürs Maschinenwesen,
Ein Mensch, so ungeformt, ist edler stets
Als jenes wild gewachsene Produkt.
König.
Wo will denn Eure Meinung nun hinaus?
2. Doktor.
Ich zeige nur, daß wirs hier leichter haben,
Denn hier ist ja kein Mangel zu ersetzen,
Vielmehr ein Ueberfluß nur wegzuschneiden,
Wir trepaniren etwas nur im Großen,
Bohren das Horn weg, doch ein Theil der Schaale
Des Kopfs muß auch mit fort, daß wir die Wurzeln
Zusammt dem Baum ausreuten, sonst von neuem
Wächst er empor, wie auch Versuche zeigten.
König.
Kann bei der Cur mein Kind nicht Schaden
nehmen?
2. Doktor.
Ists tief gewurzelt, hart verwachsen, kann
Freilich der Kopf dabei in Trümmer gehn.
König.
Ei, Bagatell! -- Was soll man dazu sagen?

Fortunat.
Und ſehn den Koͤrper vor uns, wie ein Beet
Zu ackern drein, zu ſaͤen nach Belieben;
Oft ſieht ein Menſch, der einge Jahr bei uns
Die Schule frequentirt, kaum noch mehr aͤhnlich
Dem Bilde, das Natur zuerſt erſchuf,
Iſt wie Kunſtpraͤparat mehr zu betrachten:
Ich ließ noch kuͤrzlich einen von mir, dem
Der Kopf aus Silber halb beſtand, die Beine
Aus Holz, der eine Arm von Leder,
Das Wenige, was von ihm uͤbrig blieb
Das uͤbertrug geſchickt die andre Haͤlfte.
Ich bin einmal ſehr fuͤrs Maſchinenweſen,
Ein Menſch, ſo ungeformt, iſt edler ſtets
Als jenes wild gewachſene Produkt.
Koͤnig.
Wo will denn Eure Meinung nun hinaus?
2. Doktor.
Ich zeige nur, daß wirs hier leichter haben,
Denn hier iſt ja kein Mangel zu erſetzen,
Vielmehr ein Ueberfluß nur wegzuſchneiden,
Wir trepaniren etwas nur im Großen,
Bohren das Horn weg, doch ein Theil der Schaale
Des Kopfs muß auch mit fort, daß wir die Wurzeln
Zuſammt dem Baum ausreuten, ſonſt von neuem
Waͤchſt er empor, wie auch Verſuche zeigten.
Koͤnig.
Kann bei der Cur mein Kind nicht Schaden
nehmen?
2. Doktor.
Iſts tief gewurzelt, hart verwachſen, kann
Freilich der Kopf dabei in Truͤmmer gehn.
Koͤnig.
Ei, Bagatell! — Was ſoll man dazu ſagen?

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[391/0401] Fortunat. Und ſehn den Koͤrper vor uns, wie ein Beet Zu ackern drein, zu ſaͤen nach Belieben; Oft ſieht ein Menſch, der einge Jahr bei uns Die Schule frequentirt, kaum noch mehr aͤhnlich Dem Bilde, das Natur zuerſt erſchuf, Iſt wie Kunſtpraͤparat mehr zu betrachten: Ich ließ noch kuͤrzlich einen von mir, dem Der Kopf aus Silber halb beſtand, die Beine Aus Holz, der eine Arm von Leder, Das Wenige, was von ihm uͤbrig blieb Das uͤbertrug geſchickt die andre Haͤlfte. Ich bin einmal ſehr fuͤrs Maſchinenweſen, Ein Menſch, ſo ungeformt, iſt edler ſtets Als jenes wild gewachſene Produkt. Koͤnig. Wo will denn Eure Meinung nun hinaus? 2. Doktor. Ich zeige nur, daß wirs hier leichter haben, Denn hier iſt ja kein Mangel zu erſetzen, Vielmehr ein Ueberfluß nur wegzuſchneiden, Wir trepaniren etwas nur im Großen, Bohren das Horn weg, doch ein Theil der Schaale Des Kopfs muß auch mit fort, daß wir die Wurzeln Zuſammt dem Baum ausreuten, ſonſt von neuem Waͤchſt er empor, wie auch Verſuche zeigten. Koͤnig. Kann bei der Cur mein Kind nicht Schaden nehmen? 2. Doktor. Iſts tief gewurzelt, hart verwachſen, kann Freilich der Kopf dabei in Truͤmmer gehn. Koͤnig. Ei, Bagatell! — Was ſoll man dazu ſagen?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/401>, abgerufen am 22.11.2024.