Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Agrippina. Künft'gen Monat, Doch jetzt muß ich allein mich dran ergötzen Für meine Angst, für jenes Wunder, das Ich mir nie zu erklären weiß, das ich Für Traum erklärte, wären mir die Steine Als Unterpfand der Wahrheit nicht geblieben. König. Ueber dem menschlichen Begreifen ists! Im Grunde auch der Säckel; nur daß man Schon diesen mehr gewohnt ist: ebenfalls, Wie Andalosia zu ihm gekommen, Wo dieser Mensch geblieben; kurz, mein Kind, Sieht man mit einiger Philosophie In dieses bunte höchst verworrne Leben, So müssen wir gestehn: es giebt viel Dinge, Die man zeitlebens nicht begreifen kann. Agrippina. Da kommt Herr Raimund, Ihr erlaubt mir wohl Davon zu gehn, was der Mann unternimmt Ist mir am allermeisten unbegreiflich, Laßt Euch die Kunst das Gold zu machen lehren, Nur etwas Eifer mehr, braucht Ihr mich nicht. König. Du spottest ohne Noth, das ist ein Geist Der hoch erhaben über allen steht. Agrippina ab, Raimund tritt ein. Raimund. Seyd Ihr schon heut beim großen Werk gewesen? König. Es will nicht fördern, denn der Weg scheint weit; Kann man auf keinem Fußsteig hingelangen? Zweite Abtheilung. Agrippina. Kuͤnft'gen Monat, Doch jetzt muß ich allein mich dran ergoͤtzen Fuͤr meine Angſt, fuͤr jenes Wunder, das Ich mir nie zu erklaͤren weiß, das ich Fuͤr Traum erklaͤrte, waͤren mir die Steine Als Unterpfand der Wahrheit nicht geblieben. Koͤnig. Ueber dem menſchlichen Begreifen iſts! Im Grunde auch der Saͤckel; nur daß man Schon dieſen mehr gewohnt iſt: ebenfalls, Wie Andaloſia zu ihm gekommen, Wo dieſer Menſch geblieben; kurz, mein Kind, Sieht man mit einiger Philoſophie In dieſes bunte hoͤchſt verworrne Leben, So muͤſſen wir geſtehn: es giebt viel Dinge, Die man zeitlebens nicht begreifen kann. Agrippina. Da kommt Herr Raimund, Ihr erlaubt mir wohl Davon zu gehn, was der Mann unternimmt Iſt mir am allermeiſten unbegreiflich, Laßt Euch die Kunſt das Gold zu machen lehren, Nur etwas Eifer mehr, braucht Ihr mich nicht. Koͤnig. Du ſpotteſt ohne Noth, das iſt ein Geiſt Der hoch erhaben uͤber allen ſteht. Agrippina ab, Raimund tritt ein. Raimund. Seyd Ihr ſchon heut beim großen Werk geweſen? Koͤnig. Es will nicht foͤrdern, denn der Weg ſcheint weit; Kann man auf keinem Fußſteig hingelangen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0370" n="360"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Kuͤnft'gen Monat,</hi><lb/> Doch jetzt muß ich allein mich dran ergoͤtzen<lb/> Fuͤr meine Angſt, fuͤr jenes Wunder, das<lb/> Ich mir nie zu erklaͤren weiß, das ich<lb/> Fuͤr Traum erklaͤrte, waͤren mir die Steine<lb/> Als Unterpfand der Wahrheit nicht geblieben.</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker><lb/> <p>Ueber dem menſchlichen Begreifen iſts!<lb/> Im Grunde auch der Saͤckel; nur daß man<lb/> Schon dieſen mehr gewohnt iſt: ebenfalls,<lb/> Wie Andaloſia zu ihm gekommen,<lb/> Wo dieſer Menſch geblieben; kurz, mein Kind,<lb/> Sieht man mit einiger Philoſophie<lb/> In dieſes bunte hoͤchſt verworrne Leben,<lb/> So muͤſſen wir geſtehn: es giebt viel Dinge,<lb/> Die man zeitlebens nicht begreifen kann.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p>Da kommt Herr Raimund, Ihr erlaubt mir wohl<lb/> Davon zu gehn, was der Mann unternimmt<lb/> Iſt mir am allermeiſten unbegreiflich,<lb/> Laßt Euch die Kunſt das Gold zu machen lehren,<lb/> Nur etwas Eifer mehr, braucht Ihr mich nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker><lb/> <p>Du ſpotteſt ohne Noth, das iſt ein Geiſt<lb/> Der hoch erhaben uͤber allen ſteht.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Agrippina</hi> ab, <hi rendition="#g">Raimund</hi> tritt ein.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#Raimund"> <speaker><hi rendition="#g">Raimund</hi>.</speaker><lb/> <p>Seyd Ihr ſchon heut beim großen Werk geweſen?</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker><lb/> <p>Es will nicht foͤrdern, denn der Weg ſcheint weit;<lb/> Kann man auf keinem Fußſteig hingelangen?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [360/0370]
Zweite Abtheilung.
Agrippina.
Kuͤnft'gen Monat,
Doch jetzt muß ich allein mich dran ergoͤtzen
Fuͤr meine Angſt, fuͤr jenes Wunder, das
Ich mir nie zu erklaͤren weiß, das ich
Fuͤr Traum erklaͤrte, waͤren mir die Steine
Als Unterpfand der Wahrheit nicht geblieben.
Koͤnig.
Ueber dem menſchlichen Begreifen iſts!
Im Grunde auch der Saͤckel; nur daß man
Schon dieſen mehr gewohnt iſt: ebenfalls,
Wie Andaloſia zu ihm gekommen,
Wo dieſer Menſch geblieben; kurz, mein Kind,
Sieht man mit einiger Philoſophie
In dieſes bunte hoͤchſt verworrne Leben,
So muͤſſen wir geſtehn: es giebt viel Dinge,
Die man zeitlebens nicht begreifen kann.
Agrippina.
Da kommt Herr Raimund, Ihr erlaubt mir wohl
Davon zu gehn, was der Mann unternimmt
Iſt mir am allermeiſten unbegreiflich,
Laßt Euch die Kunſt das Gold zu machen lehren,
Nur etwas Eifer mehr, braucht Ihr mich nicht.
Koͤnig.
Du ſpotteſt ohne Noth, das iſt ein Geiſt
Der hoch erhaben uͤber allen ſteht.
Agrippina ab, Raimund tritt ein.
Raimund.
Seyd Ihr ſchon heut beim großen Werk geweſen?
Koͤnig.
Es will nicht foͤrdern, denn der Weg ſcheint weit;
Kann man auf keinem Fußſteig hingelangen?
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/370>, abgerufen am 16.02.2025. |