Daniel. Nun, mein junger Herr, warum denn so traurig, aller Muth fort, so in die Winkel weggekrochen und geheult, wie ein altes Weib?
Ampedo. Du weißt es ja selbst, mein guter Daniel, daß mein Vater krank ist und mit jedem Tage schwächer wird, so daß die Aerzte nicht mehr viele Hoffnung haben.
Daniel. Ja, das ist wahr; es scheint wohl, daß der gute alte Herr Fortunat bald sein letztes Brod wird gekauft haben, er sieht miserabel aus und läßt die Flügel recht hängen: weil er aber wie ein Hänfling in der Mauße, wie ein Huhn ist, das den Pips und alle Federn aufgestrobelt hat, müßt ihr denn darum aussehn, wie eine gebadete Maus? Alte Leute müssen sterben, junge müssen leben, das
Fortunat.
Erſter Akt.
Erſte Scene.
(Zimmer.)
Ampedo, Daniel.
Daniel. Nun, mein junger Herr, warum denn ſo traurig, aller Muth fort, ſo in die Winkel weggekrochen und geheult, wie ein altes Weib?
Ampedo. Du weißt es ja ſelbſt, mein guter Daniel, daß mein Vater krank iſt und mit jedem Tage ſchwaͤcher wird, ſo daß die Aerzte nicht mehr viele Hoffnung haben.
Daniel. Ja, das iſt wahr; es ſcheint wohl, daß der gute alte Herr Fortunat bald ſein letztes Brod wird gekauft haben, er ſieht miſerabel aus und laͤßt die Fluͤgel recht haͤngen: weil er aber wie ein Haͤnfling in der Mauße, wie ein Huhn iſt, das den Pips und alle Federn aufgeſtrobelt hat, muͤßt ihr denn darum ausſehn, wie eine gebadete Maus? Alte Leute muͤſſen ſterben, junge muͤſſen leben, das
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0279"n="269"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Erſter Akt</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="4"><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Erſte Scene</hi>.</hi></head><lb/><stage><hirendition="#c">(<hirendition="#g">Zimmer</hi>.)</hi></stage><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><stage><hirendition="#c"><hirendition="#g">Ampedo, Daniel</hi>.</hi></stage><lb/><spwho="#Daniel"><speaker><hirendition="#g">Daniel</hi>.</speaker><lb/><p><hirendition="#in">N</hi>un, mein junger Herr, warum denn ſo traurig,<lb/>
aller Muth fort, ſo in die Winkel weggekrochen<lb/>
und geheult, wie ein altes Weib?</p></sp><lb/><spwho="#Ampedo"><speaker><hirendition="#g">Ampedo</hi>.</speaker><p>Du weißt es ja ſelbſt, mein guter<lb/>
Daniel, daß mein Vater krank iſt und mit jedem<lb/>
Tage ſchwaͤcher wird, ſo daß die Aerzte nicht mehr<lb/>
viele Hoffnung haben.</p></sp><lb/><spwho="#Daniel"><speaker><hirendition="#g">Daniel</hi>.</speaker><p>Ja, das iſt wahr; es ſcheint wohl,<lb/>
daß der gute alte Herr Fortunat bald ſein letztes<lb/>
Brod wird gekauft haben, er ſieht miſerabel aus<lb/>
und laͤßt die Fluͤgel recht haͤngen: weil er aber wie<lb/>
ein Haͤnfling in der Mauße, wie ein Huhn iſt, das<lb/>
den Pips und alle Federn aufgeſtrobelt hat, muͤßt<lb/>
ihr denn darum ausſehn, wie eine gebadete Maus?<lb/>
Alte Leute muͤſſen ſterben, junge muͤſſen leben, das<lb/></p></sp></div></div></div></div></body></text></TEI>
[269/0279]
Fortunat.
Erſter Akt.
Erſte Scene.
(Zimmer.)
Ampedo, Daniel.
Daniel.
Nun, mein junger Herr, warum denn ſo traurig,
aller Muth fort, ſo in die Winkel weggekrochen
und geheult, wie ein altes Weib?
Ampedo. Du weißt es ja ſelbſt, mein guter
Daniel, daß mein Vater krank iſt und mit jedem
Tage ſchwaͤcher wird, ſo daß die Aerzte nicht mehr
viele Hoffnung haben.
Daniel. Ja, das iſt wahr; es ſcheint wohl,
daß der gute alte Herr Fortunat bald ſein letztes
Brod wird gekauft haben, er ſieht miſerabel aus
und laͤßt die Fluͤgel recht haͤngen: weil er aber wie
ein Haͤnfling in der Mauße, wie ein Huhn iſt, das
den Pips und alle Federn aufgeſtrobelt hat, muͤßt
ihr denn darum ausſehn, wie eine gebadete Maus?
Alte Leute muͤſſen ſterben, junge muͤſſen leben, das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/279>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.