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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
stürzt ein Mensch aus dem Fenster und bricht den
Hals, geht ein Schiff zu Grunde, platzt einem Sol-
daten das Gewehr: wer hat alles dies veranstaltet?
der Zufall! Am auffallendsten war es mir neulich
als ich hörte, einem sey durch einen Zufall das
Maul aufstehn geblieben; Unsinn und kein Ende!
Täglich hört man: durch einen Zufall ging die
Thür auf: nein, wenn sie zugeschlagen wird, meine
Herren, wenn das Maul zusammen klappt, dann ist
es ein Zufall, anders nicht; der Fuchs und der Wolf
werden in den Eisen nur durch einen Zufall gefan-
gen, wenn es der Jäger auch noch so künstlich ver-
anstaltet hat; die Maschienerie der Mausfallen be-
ruht einzig auf einem Zufall: darauf bitte ich in Zu-
kunft Rücksicht zu nehmen.
Sekretär. Bester, er spricht Unsinn, für
den vernünftigen Menschen giebt es gar keinen
Zufall.
Diener. So? Weg da! Platz da! (er schlägt
Rad, wirft die Tische um, und kollert zur Thür hinaus.)
Sekretär. Himmel und Erde! Sehn Sie,
Herr Rath, alle Skripturen, meine saubern Abschrif-
ten, die großen Tintenfässer drüber und hinein ge-
gossen, die Tintenflaschen zerbrochen, alles ein
schwarzes Meer, in welchem alle Buchstaben, alle
Beweise, alle Protokolle, wie Pharao mit seinem
Gefolge ersoffen sind.
1. Rath. Der Bösewicht!
2. Rath. Was soll man denken? Soll man
dies einen Zufall nennen?

Zweite Abtheilung.
ſtuͤrzt ein Menſch aus dem Fenſter und bricht den
Hals, geht ein Schiff zu Grunde, platzt einem Sol-
daten das Gewehr: wer hat alles dies veranſtaltet?
der Zufall! Am auffallendſten war es mir neulich
als ich hoͤrte, einem ſey durch einen Zufall das
Maul aufſtehn geblieben; Unſinn und kein Ende!
Taͤglich hoͤrt man: durch einen Zufall ging die
Thuͤr auf: nein, wenn ſie zugeſchlagen wird, meine
Herren, wenn das Maul zuſammen klappt, dann iſt
es ein Zufall, anders nicht; der Fuchs und der Wolf
werden in den Eiſen nur durch einen Zufall gefan-
gen, wenn es der Jaͤger auch noch ſo kuͤnſtlich ver-
anſtaltet hat; die Maſchienerie der Mausfallen be-
ruht einzig auf einem Zufall: darauf bitte ich in Zu-
kunft Ruͤckſicht zu nehmen.
Sekretaͤr. Beſter, er ſpricht Unſinn, fuͤr
den vernuͤnftigen Menſchen giebt es gar keinen
Zufall.
Diener. So? Weg da! Platz da! (er ſchlaͤgt
Rad, wirft die Tiſche um, und kollert zur Thuͤr hinaus.)
Sekretaͤr. Himmel und Erde! Sehn Sie,
Herr Rath, alle Skripturen, meine ſaubern Abſchrif-
ten, die großen Tintenfaͤſſer druͤber und hinein ge-
goſſen, die Tintenflaſchen zerbrochen, alles ein
ſchwarzes Meer, in welchem alle Buchſtaben, alle
Beweiſe, alle Protokolle, wie Pharao mit ſeinem
Gefolge erſoffen ſind.
1. Rath. Der Boͤſewicht!
2. Rath. Was ſoll man denken? Soll man
dies einen Zufall nennen?

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[263/0273] Zweite Abtheilung. ſtuͤrzt ein Menſch aus dem Fenſter und bricht den Hals, geht ein Schiff zu Grunde, platzt einem Sol- daten das Gewehr: wer hat alles dies veranſtaltet? der Zufall! Am auffallendſten war es mir neulich als ich hoͤrte, einem ſey durch einen Zufall das Maul aufſtehn geblieben; Unſinn und kein Ende! Taͤglich hoͤrt man: durch einen Zufall ging die Thuͤr auf: nein, wenn ſie zugeſchlagen wird, meine Herren, wenn das Maul zuſammen klappt, dann iſt es ein Zufall, anders nicht; der Fuchs und der Wolf werden in den Eiſen nur durch einen Zufall gefan- gen, wenn es der Jaͤger auch noch ſo kuͤnſtlich ver- anſtaltet hat; die Maſchienerie der Mausfallen be- ruht einzig auf einem Zufall: darauf bitte ich in Zu- kunft Ruͤckſicht zu nehmen. Sekretaͤr. Beſter, er ſpricht Unſinn, fuͤr den vernuͤnftigen Menſchen giebt es gar keinen Zufall. Diener. So? Weg da! Platz da! (er ſchlaͤgt Rad, wirft die Tiſche um, und kollert zur Thuͤr hinaus.) Sekretaͤr. Himmel und Erde! Sehn Sie, Herr Rath, alle Skripturen, meine ſaubern Abſchrif- ten, die großen Tintenfaͤſſer druͤber und hinein ge- goſſen, die Tintenflaſchen zerbrochen, alles ein ſchwarzes Meer, in welchem alle Buchſtaben, alle Beweiſe, alle Protokolle, wie Pharao mit ſeinem Gefolge erſoffen ſind. 1. Rath. Der Boͤſewicht! 2. Rath. Was ſoll man denken? Soll man dies einen Zufall nennen?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/273>, abgerufen am 25.11.2024.