Graziana. Du kömmst verdrüßlicher nach Hause stets, Laß uns geduldig unsre Armuth tragen, So sind wir doch der schlimmsten Noth erlößt, Daß mit dem Gram nicht dieser Grimm uns quält.
Theodor.. Wie kann man anders? Soll ich dazu lächeln, Daß meine Noth mit meinem Alter wächst? Daß jeder Tag der Mittel mehr uns raubt? Verachtung, Mangel vor uns, in der Ferne Das grimmige Gespenst des Hungertodes.
Graziana. Wenn wir das Silberbecken und die Kanne, Die uns nichts nützen doch verkaufen wollten, Man könnte manchen Monath davon leben.
Theodor.. Es ist das letzte Stück, das letzte, Frau, Mit meinem Wappen und mein einzger Trost, Wenn es so blank zu mir herüber blickt.
Graziana. Der Wünsche hab' ich all mich nun entschlagen, Seitdem wir keine Magd mehr halten können, Ich selbst gehn muß im Finstern Wasser schöpfen, Am Markt einkaufen unser spärlich Mahl, Am Feuer stehn, und Töpf' und Teller scheuern,
Zweite Abtheilung.
Vierte Scene.
(Zimmer.)
Theodor, Graziana.
Graziana. Du koͤmmſt verdruͤßlicher nach Hauſe ſtets, Laß uns geduldig unſre Armuth tragen, So ſind wir doch der ſchlimmſten Noth erloͤßt, Daß mit dem Gram nicht dieſer Grimm uns quaͤlt.
Theodor.. Wie kann man anders? Soll ich dazu laͤcheln, Daß meine Noth mit meinem Alter waͤchſt? Daß jeder Tag der Mittel mehr uns raubt? Verachtung, Mangel vor uns, in der Ferne Das grimmige Geſpenſt des Hungertodes.
Graziana. Wenn wir das Silberbecken und die Kanne, Die uns nichts nuͤtzen doch verkaufen wollten, Man koͤnnte manchen Monath davon leben.
Theodor.. Es iſt das letzte Stuͤck, das letzte, Frau, Mit meinem Wappen und mein einzger Troſt, Wenn es ſo blank zu mir heruͤber blickt.
Graziana. Der Wuͤnſche hab' ich all mich nun entſchlagen, Seitdem wir keine Magd mehr halten koͤnnen, Ich ſelbſt gehn muß im Finſtern Waſſer ſchoͤpfen, Am Markt einkaufen unſer ſpaͤrlich Mahl, Am Feuer ſtehn, und Toͤpf' und Teller ſcheuern,
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Zweite Abtheilung.
Vierte Scene.
(Zimmer.)
Theodor, Graziana.
Graziana.
Du koͤmmſt verdruͤßlicher nach Hauſe ſtets,
Laß uns geduldig unſre Armuth tragen,
So ſind wir doch der ſchlimmſten Noth erloͤßt,
Daß mit dem Gram nicht dieſer Grimm uns quaͤlt.
Theodor..
Wie kann man anders? Soll ich dazu laͤcheln,
Daß meine Noth mit meinem Alter waͤchſt?
Daß jeder Tag der Mittel mehr uns raubt?
Verachtung, Mangel vor uns, in der Ferne
Das grimmige Geſpenſt des Hungertodes.
Graziana.
Wenn wir das Silberbecken und die Kanne,
Die uns nichts nuͤtzen doch verkaufen wollten,
Man koͤnnte manchen Monath davon leben.
Theodor..
Es iſt das letzte Stuͤck, das letzte, Frau,
Mit meinem Wappen und mein einzger Troſt,
Wenn es ſo blank zu mir heruͤber blickt.
Graziana.
Der Wuͤnſche hab' ich all mich nun entſchlagen,
Seitdem wir keine Magd mehr halten koͤnnen,
Ich ſelbſt gehn muß im Finſtern Waſſer ſchoͤpfen,
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Am Feuer ſtehn, und Toͤpf' und Teller ſcheuern,
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/220>, abgerufen am 23.02.2025.
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