Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Wir wissen ja doch schon im voraus Alles,Drum laßt Euch in der Güte nur bereden; Denn, Freund, wir haben hier, Ihr denkt's wohl nicht, Gar liebe saubere Tortur-Anstalten, Da schraubt und kneift und drückt und zieht man Euch So lange, bis die Wahrheit wie ein Draht Künstlich aus Euch herausgefördert ist. Fortunat. Soll ich gestehn, was ich niemals beging? Richter. Stellt Euch doch nicht so dumm, nehmt doch Vernunft an, Laßt Euch still weg in Lieb' und Güte hängen, Und zwingt uns nicht zu harten Prozeduren. Man hat da einen Dolch bei Euch gefunden. Graf. Weist nach, wie solch ein Mensch, der arm nur scheint, Fremd ist, weit her, zu den sechshundert Nobeln Gekommen ist: doch könnt Ihr das nicht thun, Nicht Bürgen stellen, Leute, die Euch kennen, So seyd Ihr auch ein Dieb, ein Räuber, Mörder. Richter. Sehr schön gesagt! Nun, seht Ihr's noch nicht ein? Mein Seel', das nenn ich einen harten Kopf! Das heißt Vernunft recht in die Wüste pred'gen. Fortunat. Mein gnädiger Herr Graf, gestrenger Herr, Ich
Zweite Abtheilung. Wir wiſſen ja doch ſchon im voraus Alles,Drum laßt Euch in der Guͤte nur bereden; Denn, Freund, wir haben hier, Ihr denkt's wohl nicht, Gar liebe ſaubere Tortur-Anſtalten, Da ſchraubt und kneift und druͤckt und zieht man Euch So lange, bis die Wahrheit wie ein Draht Kuͤnſtlich aus Euch herausgefoͤrdert iſt. Fortunat. Soll ich geſtehn, was ich niemals beging? Richter. Stellt Euch doch nicht ſo dumm, nehmt doch Vernunft an, Laßt Euch ſtill weg in Lieb' und Guͤte haͤngen, Und zwingt uns nicht zu harten Prozeduren. Man hat da einen Dolch bei Euch gefunden. Graf. Weiſt nach, wie ſolch ein Menſch, der arm nur ſcheint, Fremd iſt, weit her, zu den ſechshundert Nobeln Gekommen iſt: doch koͤnnt Ihr das nicht thun, Nicht Buͤrgen ſtellen, Leute, die Euch kennen, So ſeyd Ihr auch ein Dieb, ein Raͤuber, Moͤrder. Richter. Sehr ſchoͤn geſagt! Nun, ſeht Ihr's noch nicht ein? Mein Seel', das nenn ich einen harten Kopf! Das heißt Vernunft recht in die Wuͤſte pred'gen. Fortunat. Mein gnaͤdiger Herr Graf, geſtrenger Herr, Ich
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Richter"> <p><pb facs="#f0138" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Wir wiſſen ja doch ſchon im voraus Alles,<lb/> Drum laßt Euch in der Guͤte nur bereden;<lb/> Denn, Freund, wir haben hier, Ihr denkt's wohl<lb/><hi rendition="#et">nicht,</hi><lb/> Gar liebe ſaubere Tortur-Anſtalten,<lb/> Da ſchraubt und kneift und druͤckt und zieht man<lb/><hi rendition="#et">Euch</hi><lb/> So lange, bis die Wahrheit wie ein Draht<lb/> Kuͤnſtlich aus Euch herausgefoͤrdert iſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker><lb/> <p>Soll ich geſtehn, was ich niemals beging?</p> </sp><lb/> <sp who="#Richter"> <speaker><hi rendition="#g">Richter</hi>.</speaker><lb/> <p>Stellt Euch doch nicht ſo dumm, nehmt doch<lb/><hi rendition="#et">Vernunft an,</hi><lb/> Laßt Euch ſtill weg in Lieb' und Guͤte haͤngen,<lb/> Und zwingt uns nicht zu harten Prozeduren.<lb/> Man hat da einen Dolch bei Euch gefunden.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker><hi rendition="#g">Graf</hi>.</speaker><lb/> <p>Weiſt nach, wie ſolch ein Menſch, der arm nur<lb/><hi rendition="#et">ſcheint,</hi><lb/> Fremd iſt, weit her, zu den ſechshundert Nobeln<lb/> Gekommen iſt: doch koͤnnt Ihr das nicht thun,<lb/> Nicht Buͤrgen ſtellen, Leute, die Euch kennen,<lb/> So ſeyd Ihr auch ein Dieb, ein Raͤuber, Moͤrder.</p> </sp><lb/> <sp who="#Richter"> <speaker><hi rendition="#g">Richter</hi>.</speaker><lb/> <p>Sehr ſchoͤn geſagt! Nun, ſeht Ihr's noch nicht<lb/><hi rendition="#et">ein?</hi><lb/> Mein Seel', das nenn ich einen harten Kopf!<lb/> Das heißt Vernunft recht in die Wuͤſte pred'gen.</p> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker><lb/> <p>Mein gnaͤdiger Herr Graf, geſtrenger Herr,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ich</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0138]
Zweite Abtheilung.
Wir wiſſen ja doch ſchon im voraus Alles,
Drum laßt Euch in der Guͤte nur bereden;
Denn, Freund, wir haben hier, Ihr denkt's wohl
nicht,
Gar liebe ſaubere Tortur-Anſtalten,
Da ſchraubt und kneift und druͤckt und zieht man
Euch
So lange, bis die Wahrheit wie ein Draht
Kuͤnſtlich aus Euch herausgefoͤrdert iſt.
Fortunat.
Soll ich geſtehn, was ich niemals beging?
Richter.
Stellt Euch doch nicht ſo dumm, nehmt doch
Vernunft an,
Laßt Euch ſtill weg in Lieb' und Guͤte haͤngen,
Und zwingt uns nicht zu harten Prozeduren.
Man hat da einen Dolch bei Euch gefunden.
Graf.
Weiſt nach, wie ſolch ein Menſch, der arm nur
ſcheint,
Fremd iſt, weit her, zu den ſechshundert Nobeln
Gekommen iſt: doch koͤnnt Ihr das nicht thun,
Nicht Buͤrgen ſtellen, Leute, die Euch kennen,
So ſeyd Ihr auch ein Dieb, ein Raͤuber, Moͤrder.
Richter.
Sehr ſchoͤn geſagt! Nun, ſeht Ihr's noch nicht
ein?
Mein Seel', das nenn ich einen harten Kopf!
Das heißt Vernunft recht in die Wuͤſte pred'gen.
Fortunat.
Mein gnaͤdiger Herr Graf, geſtrenger Herr,
Ich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |