Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Reisende geplündert und ermordet, und das ge-stohlne Gut bei sich hat. Richter. Aha! ein schöner Casus! ist lange nicht vorgekommen. Gehört der saubre Vogel ge- wiß zu der großen Bande, die damals vor einigen und zwanzig Jahren die ganze Gegend hier herum unsicher machte. Graf. Macht das Verhör nur kurz, denn die Sache wird sich wohl klar ergeben. Es ist bes- ser, als wenn der Kerl nachher noch in weiter Welt herum läuft, räsonnirt und unnüze Reden führt. Richter. Recht, gnädiger Herr, wie vor ei- nigen Jahren der saubre Vogel, der, weil er un- schuldig war, und wir so gutherzig dachten, ihn laufen zu lassen, uns einen Blam zehn Meilen in die Runde gemacht. Ich kam die lezte Kirchweih da an der See hinunter: glaube der gnädige Herr nur, es ist nicht übertrieben, auch da kannte man mich durch das Renomme, und daran ist bloß die einzige Geschichte Schuld. Ist dieser auch so ein superkluger, feiner, witziger und spitziger Gesell, so wollen wir die Sache kürzer und sichrer nehmen. Er soll gestehn und damit gut. (gehn ab.) Dritte Scene. (Gefängniß.) Fortunat in Fesseln. So bin ich wieder meinem Tode nahe, Fortunat. Reiſende gepluͤndert und ermordet, und das ge-ſtohlne Gut bei ſich hat. Richter. Aha! ein ſchoͤner Caſus! iſt lange nicht vorgekommen. Gehoͤrt der ſaubre Vogel ge- wiß zu der großen Bande, die damals vor einigen und zwanzig Jahren die ganze Gegend hier herum unſicher machte. Graf. Macht das Verhoͤr nur kurz, denn die Sache wird ſich wohl klar ergeben. Es iſt beſ- ſer, als wenn der Kerl nachher noch in weiter Welt herum laͤuft, raͤſonnirt und unnuͤze Reden fuͤhrt. Richter. Recht, gnaͤdiger Herr, wie vor ei- nigen Jahren der ſaubre Vogel, der, weil er un- ſchuldig war, und wir ſo gutherzig dachten, ihn laufen zu laſſen, uns einen Blam zehn Meilen in die Runde gemacht. Ich kam die lezte Kirchweih da an der See hinunter: glaube der gnaͤdige Herr nur, es iſt nicht uͤbertrieben, auch da kannte man mich durch das Renommé, und daran iſt bloß die einzige Geſchichte Schuld. Iſt dieſer auch ſo ein ſuperkluger, feiner, witziger und ſpitziger Geſell, ſo wollen wir die Sache kuͤrzer und ſichrer nehmen. Er ſoll geſtehn und damit gut. (gehn ab.) Dritte Scene. (Gefaͤngniß.) Fortunat in Feſſeln. So bin ich wieder meinem Tode nahe, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#GRAF"> <p><pb facs="#f0135" n="125"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> Reiſende gepluͤndert und ermordet, und das ge-<lb/> ſtohlne Gut bei ſich hat.</p> </sp><lb/> <sp who="#Richter"> <speaker><hi rendition="#g">Richter</hi>.</speaker> <p>Aha! ein ſchoͤner Caſus! iſt lange<lb/> nicht vorgekommen. Gehoͤrt der ſaubre Vogel ge-<lb/> wiß zu der großen Bande, die damals vor einigen<lb/> und zwanzig Jahren die ganze Gegend hier herum<lb/> unſicher machte.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker><hi rendition="#g">Graf</hi>.</speaker> <p>Macht das Verhoͤr nur kurz, denn<lb/> die Sache wird ſich wohl klar ergeben. Es iſt beſ-<lb/> ſer, als wenn der Kerl nachher noch in weiter Welt<lb/> herum laͤuft, raͤſonnirt und unnuͤze Reden fuͤhrt.</p> </sp><lb/> <sp who="#Richter"> <speaker><hi rendition="#g">Richter</hi>.</speaker> <p>Recht, gnaͤdiger Herr, wie vor ei-<lb/> nigen Jahren der ſaubre Vogel, der, weil er un-<lb/> ſchuldig war, und wir ſo gutherzig dachten, ihn<lb/> laufen zu laſſen, uns einen Blam zehn Meilen in<lb/> die Runde gemacht. Ich kam die lezte Kirchweih<lb/> da an der See hinunter: glaube der gnaͤdige Herr<lb/> nur, es iſt nicht uͤbertrieben, auch da kannte man<lb/> mich durch das Renommé, und daran iſt bloß die<lb/> einzige Geſchichte Schuld. Iſt dieſer auch ſo ein<lb/> ſuperkluger, feiner, witziger und ſpitziger Geſell,<lb/> ſo wollen wir die Sache kuͤrzer und ſichrer nehmen.<lb/> Er ſoll geſtehn und damit gut.</p> <stage> <hi rendition="#et">(gehn ab.)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Dritte Scene</hi>.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">Gefaͤngniß</hi>.)</hi> </stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Fortunat</hi> in Feſſeln.</hi> </stage><lb/> <p>So bin ich wieder meinem Tode nahe,<lb/> Und habe noch in keinem Augenblick<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [125/0135]
Fortunat.
Reiſende gepluͤndert und ermordet, und das ge-
ſtohlne Gut bei ſich hat.
Richter. Aha! ein ſchoͤner Caſus! iſt lange
nicht vorgekommen. Gehoͤrt der ſaubre Vogel ge-
wiß zu der großen Bande, die damals vor einigen
und zwanzig Jahren die ganze Gegend hier herum
unſicher machte.
Graf. Macht das Verhoͤr nur kurz, denn
die Sache wird ſich wohl klar ergeben. Es iſt beſ-
ſer, als wenn der Kerl nachher noch in weiter Welt
herum laͤuft, raͤſonnirt und unnuͤze Reden fuͤhrt.
Richter. Recht, gnaͤdiger Herr, wie vor ei-
nigen Jahren der ſaubre Vogel, der, weil er un-
ſchuldig war, und wir ſo gutherzig dachten, ihn
laufen zu laſſen, uns einen Blam zehn Meilen in
die Runde gemacht. Ich kam die lezte Kirchweih
da an der See hinunter: glaube der gnaͤdige Herr
nur, es iſt nicht uͤbertrieben, auch da kannte man
mich durch das Renommé, und daran iſt bloß die
einzige Geſchichte Schuld. Iſt dieſer auch ſo ein
ſuperkluger, feiner, witziger und ſpitziger Geſell,
ſo wollen wir die Sache kuͤrzer und ſichrer nehmen.
Er ſoll geſtehn und damit gut. (gehn ab.)
Dritte Scene.
(Gefaͤngniß.)
Fortunat in Feſſeln.
So bin ich wieder meinem Tode nahe,
Und habe noch in keinem Augenblick
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