Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. So kam es denn, daß mir das Leben wiederAls Leben und als Freund entgegentrat, Ich fühlte nun, welch zarte wahre Liebe Mein jetzger Mann im Herzen zu mir trug, Fand nach dem Trauerjahr ein neues Glück. L. Oldfield. Es blühe Dir noch viele, viele Jahre, Doch mir vergönne meine Todeslust. Wie sich der Fromme dort im heilgen Lande Erfreut das Grab zu sehn, und jeden Stein Mit Inbrunst küßt, weil er wie damals ruht, So sey mir heilig, was er nur berührte, Der Sessel bleibe stehn als wie für ihn, In dem er Nachmittags zu schlummern pflegte, Papier und Feder liege, wie es liegt, Jedwedes Buch sey aufgeschlagen immer Das er aus seiner Hand gelegt. Wie könnt' ich, Wie könnt' ich, Freundinn, Deinem Worte folgen, Und jenes Bett verrücken? Nein, ich glaubte Von neuem ihn mit frecher Hand zu morden, Die nur ein Tuch, ein Kissen stören wollte, So wie es mir als Heiligthum da ruht. L. Sand. Ich billig' es nicht, doch muß ich dich bewun- dern. Nur dieses noch: vergönne mir zu Zeiten Zu Dir zu kommen, Dich zu sehn, zu trösten. L. Oldfield. Dein Anblick, Deine Liebe sey mein Trost, Nicht irdsche Worte, Ueberredung nicht. Jezt geh' ich, ewges Heil ihm zu erflehn. Zweite Abtheilung. So kam es denn, daß mir das Leben wiederAls Leben und als Freund entgegentrat, Ich fuͤhlte nun, welch zarte wahre Liebe Mein jetzger Mann im Herzen zu mir trug, Fand nach dem Trauerjahr ein neues Gluͤck. L. Oldfield. Es bluͤhe Dir noch viele, viele Jahre, Doch mir vergoͤnne meine Todesluſt. Wie ſich der Fromme dort im heilgen Lande Erfreut das Grab zu ſehn, und jeden Stein Mit Inbrunſt kuͤßt, weil er wie damals ruht, So ſey mir heilig, was er nur beruͤhrte, Der Seſſel bleibe ſtehn als wie fuͤr ihn, In dem er Nachmittags zu ſchlummern pflegte, Papier und Feder liege, wie es liegt, Jedwedes Buch ſey aufgeſchlagen immer Das er aus ſeiner Hand gelegt. Wie koͤnnt' ich, Wie koͤnnt' ich, Freundinn, Deinem Worte folgen, Und jenes Bett verruͤcken? Nein, ich glaubte Von neuem ihn mit frecher Hand zu morden, Die nur ein Tuch, ein Kiſſen ſtoͤren wollte, So wie es mir als Heiligthum da ruht. L. Sand. Ich billig' es nicht, doch muß ich dich bewun- dern. Nur dieſes noch: vergoͤnne mir zu Zeiten Zu Dir zu kommen, Dich zu ſehn, zu troͤſten. L. Oldfield. Dein Anblick, Deine Liebe ſey mein Troſt, Nicht irdſche Worte, Ueberredung nicht. Jezt geh' ich, ewges Heil ihm zu erflehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#LSand"> <p><pb facs="#f0110" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> So kam es denn, daß mir das Leben wieder<lb/> Als Leben und als Freund entgegentrat,<lb/> Ich fuͤhlte nun, welch zarte wahre Liebe<lb/> Mein jetzger Mann im Herzen zu mir trug,<lb/> Fand nach dem Trauerjahr ein neues Gluͤck.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOldfield"> <speaker>L. <hi rendition="#g">Oldfield</hi>.</speaker><lb/> <p>Es bluͤhe Dir noch viele, viele Jahre,<lb/> Doch mir vergoͤnne meine Todesluſt.<lb/> Wie ſich der Fromme dort im heilgen Lande<lb/> Erfreut das Grab zu ſehn, und jeden Stein<lb/> Mit Inbrunſt kuͤßt, weil er wie damals ruht,<lb/> So ſey mir heilig, was er nur beruͤhrte,<lb/> Der Seſſel bleibe ſtehn als wie fuͤr ihn,<lb/> In dem er Nachmittags zu ſchlummern pflegte,<lb/> Papier und Feder liege, wie es liegt,<lb/> Jedwedes Buch ſey aufgeſchlagen immer<lb/> Das er aus ſeiner Hand gelegt. Wie koͤnnt' ich,<lb/> Wie koͤnnt' ich, Freundinn, Deinem Worte folgen,<lb/> Und jenes Bett verruͤcken? Nein, ich glaubte<lb/> Von neuem ihn mit frecher Hand zu morden,<lb/> Die nur ein Tuch, ein Kiſſen ſtoͤren wollte,<lb/> So wie es mir als Heiligthum da ruht.</p> </sp><lb/> <sp who="#LSand"> <speaker>L. <hi rendition="#g">Sand</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich <choice><sic>billg'</sic><corr>billig'</corr></choice> es nicht, doch muß ich dich bewun-<lb/><hi rendition="#et">dern.</hi><lb/> Nur dieſes noch: vergoͤnne mir zu Zeiten<lb/> Zu Dir zu kommen, Dich zu ſehn, zu troͤſten.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOldfield"> <speaker>L. <hi rendition="#g">Oldfield</hi>.</speaker><lb/> <p>Dein Anblick, Deine Liebe ſey mein Troſt,<lb/> Nicht irdſche Worte, Ueberredung nicht.<lb/> Jezt geh' ich, ewges Heil ihm zu erflehn.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0110]
Zweite Abtheilung.
So kam es denn, daß mir das Leben wieder
Als Leben und als Freund entgegentrat,
Ich fuͤhlte nun, welch zarte wahre Liebe
Mein jetzger Mann im Herzen zu mir trug,
Fand nach dem Trauerjahr ein neues Gluͤck.
L. Oldfield.
Es bluͤhe Dir noch viele, viele Jahre,
Doch mir vergoͤnne meine Todesluſt.
Wie ſich der Fromme dort im heilgen Lande
Erfreut das Grab zu ſehn, und jeden Stein
Mit Inbrunſt kuͤßt, weil er wie damals ruht,
So ſey mir heilig, was er nur beruͤhrte,
Der Seſſel bleibe ſtehn als wie fuͤr ihn,
In dem er Nachmittags zu ſchlummern pflegte,
Papier und Feder liege, wie es liegt,
Jedwedes Buch ſey aufgeſchlagen immer
Das er aus ſeiner Hand gelegt. Wie koͤnnt' ich,
Wie koͤnnt' ich, Freundinn, Deinem Worte folgen,
Und jenes Bett verruͤcken? Nein, ich glaubte
Von neuem ihn mit frecher Hand zu morden,
Die nur ein Tuch, ein Kiſſen ſtoͤren wollte,
So wie es mir als Heiligthum da ruht.
L. Sand.
Ich billig' es nicht, doch muß ich dich bewun-
dern.
Nur dieſes noch: vergoͤnne mir zu Zeiten
Zu Dir zu kommen, Dich zu ſehn, zu troͤſten.
L. Oldfield.
Dein Anblick, Deine Liebe ſey mein Troſt,
Nicht irdſche Worte, Ueberredung nicht.
Jezt geh' ich, ewges Heil ihm zu erflehn.
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/110>, abgerufen am 16.02.2025. |