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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
das arme Thier wäre fast unter Euch zusammen
gesunken.
Hugo. Desto mehr wird es sich auf den
Stall freuen. Nur, wenn wir recht viel Beschwer-
lichkeiten überstanden haben, kömmt uns die Ruhe
wie Ruhe vor. Laß das, mein Kind.
Agnes. Ihr könntet stürzen.
Hugo. Ich bin schon oft gestürzt, das thut
nichts.
Agnes. Ihr macht mir aber solche Angst.
Hugo. Das ist gut, es ist ein Beweis dei-
ner Liebe.
Agnes. Wahrlich', da ich jetzt mit Euch
allein bin, könnt ich mich vor Euch fürchten.
Hugo. Wirklich? -- Nun, das ist mir lieb,
so etwas hab ich gern. Aber du wirst dich schon
noch ganz an mich gewöhnen, Kind.
Agnes. Die Gegend hier herum ist doch
recht wüste. Die Mühle dort unten saust so
schauerlich durch die Einsamkeit. -- Seht, da rei-
ten meine Brüder schon den Fels hinauf.
Hugo. Meine Augen tragen nicht so weit.
Agnes. Als ich von dort herunterritt, dacht
ich nicht, daß der Ort schon so nahe sei, wo wir
Abschied nehmen sollten.
Hugo. Schlage dir das aus dem Sinn.
Agnes. Als ich noch nie gereist war, wünscht
ich nichts so sehnlich, als eine recht weite Reise;
ich dachte mir in meiner Vorstellung immer nur
schöne unbegreiflich schöne Gegenden, Burgen
und Thürme mit wunderbaren Zinnen, mit Gold
Zweite Abtheilung.
das arme Thier waͤre faſt unter Euch zuſammen
geſunken.
Hugo. Deſto mehr wird es ſich auf den
Stall freuen. Nur, wenn wir recht viel Beſchwer-
lichkeiten uͤberſtanden haben, koͤmmt uns die Ruhe
wie Ruhe vor. Laß das, mein Kind.
Agnes. Ihr koͤnntet ſtuͤrzen.
Hugo. Ich bin ſchon oft geſtuͤrzt, das thut
nichts.
Agnes. Ihr macht mir aber ſolche Angſt.
Hugo. Das iſt gut, es iſt ein Beweis dei-
ner Liebe.
Agnes. Wahrlich', da ich jetzt mit Euch
allein bin, koͤnnt ich mich vor Euch fuͤrchten.
Hugo. Wirklich? — Nun, das iſt mir lieb,
ſo etwas hab ich gern. Aber du wirſt dich ſchon
noch ganz an mich gewoͤhnen, Kind.
Agnes. Die Gegend hier herum iſt doch
recht wuͤſte. Die Muͤhle dort unten ſauſt ſo
ſchauerlich durch die Einſamkeit. — Seht, da rei-
ten meine Bruͤder ſchon den Fels hinauf.
Hugo. Meine Augen tragen nicht ſo weit.
Agnes. Als ich von dort herunterritt, dacht
ich nicht, daß der Ort ſchon ſo nahe ſei, wo wir
Abſchied nehmen ſollten.
Hugo. Schlage dir das aus dem Sinn.
Agnes. Als ich noch nie gereiſt war, wuͤnſcht
ich nichts ſo ſehnlich, als eine recht weite Reiſe;
ich dachte mir in meiner Vorſtellung immer nur
ſchoͤne unbegreiflich ſchoͤne Gegenden, Burgen
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[76/0085] Zweite Abtheilung. das arme Thier waͤre faſt unter Euch zuſammen geſunken. Hugo. Deſto mehr wird es ſich auf den Stall freuen. Nur, wenn wir recht viel Beſchwer- lichkeiten uͤberſtanden haben, koͤmmt uns die Ruhe wie Ruhe vor. Laß das, mein Kind. Agnes. Ihr koͤnntet ſtuͤrzen. Hugo. Ich bin ſchon oft geſtuͤrzt, das thut nichts. Agnes. Ihr macht mir aber ſolche Angſt. Hugo. Das iſt gut, es iſt ein Beweis dei- ner Liebe. Agnes. Wahrlich', da ich jetzt mit Euch allein bin, koͤnnt ich mich vor Euch fuͤrchten. Hugo. Wirklich? — Nun, das iſt mir lieb, ſo etwas hab ich gern. Aber du wirſt dich ſchon noch ganz an mich gewoͤhnen, Kind. Agnes. Die Gegend hier herum iſt doch recht wuͤſte. Die Muͤhle dort unten ſauſt ſo ſchauerlich durch die Einſamkeit. — Seht, da rei- ten meine Bruͤder ſchon den Fels hinauf. Hugo. Meine Augen tragen nicht ſo weit. Agnes. Als ich von dort herunterritt, dacht ich nicht, daß der Ort ſchon ſo nahe ſei, wo wir Abſchied nehmen ſollten. Hugo. Schlage dir das aus dem Sinn. Agnes. Als ich noch nie gereiſt war, wuͤnſcht ich nichts ſo ſehnlich, als eine recht weite Reiſe; ich dachte mir in meiner Vorſtellung immer nur ſchoͤne unbegreiflich ſchoͤne Gegenden, Burgen und Thuͤrme mit wunderbaren Zinnen, mit Gold

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/85>, abgerufen am 22.11.2024.