Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. Rathgeber. Lieber Gott, was kann er fra- gen, worauf ich nicht eine Antwort zu geben wüßte! Claus. Da müßt Ihr in Eurem Berufe gut beschlagen seyn. Rathgeber. Ein Narr, wie Du, kann so etwas freilich nicht begreifen. -- Es ärgert mich nur, daß ich so mit Dir in Gesellschaft reisen muß, mit dieser armseligen Gelegenheit; was wer- den die Leute denken? Claus. Sie werden Euch für einen blinden Passagier halten, der grade nicht Weisheit genug bei sich hat, um auf eine bessere Art fortzukommen. Rathgeber. Wir sollten wenigstens die große Landstraße meiden. Claus. Narrheit geht nie anders. -- Narr- heit mit Weisheit, das ist die beste Gesellschaft. Rathgeber. Ja, für den Narren, aber der weise Mann kömmt sehr dabei zu kurz. Claus. Ihr dürft ja nur an mir ein Bei- spiel nehmen, um immer noch mehr Abscheu vor der Narrheit zu bekommen. -- Nun, eßt, eßt und trinkt und laßt es Euch wohl schmecken. Ulrich zu den Vorigen. Ulrich. Das ist ein verdammter Auftrag, den mir mein Herr gegeben hat, zu lauern, zu spähen, Gerüchte einzuziehen, mit einem Worte zu spionieren, was niemals meines Thuns gewesen ist. Da will er im Gebirge auf mich warten, bis ich ihm Nachricht bringen kann, ob sein Vater Zweite Abtheilung. Rathgeber. Lieber Gott, was kann er fra- gen, worauf ich nicht eine Antwort zu geben wuͤßte! Claus. Da muͤßt Ihr in Eurem Berufe gut beſchlagen ſeyn. Rathgeber. Ein Narr, wie Du, kann ſo etwas freilich nicht begreifen. — Es aͤrgert mich nur, daß ich ſo mit Dir in Geſellſchaft reiſen muß, mit dieſer armſeligen Gelegenheit; was wer- den die Leute denken? Claus. Sie werden Euch fuͤr einen blinden Paſſagier halten, der grade nicht Weisheit genug bei ſich hat, um auf eine beſſere Art fortzukommen. Rathgeber. Wir ſollten wenigſtens die große Landſtraße meiden. Claus. Narrheit geht nie anders. — Narr- heit mit Weisheit, das iſt die beſte Geſellſchaft. Rathgeber. Ja, fuͤr den Narren, aber der weiſe Mann koͤmmt ſehr dabei zu kurz. Claus. Ihr duͤrft ja nur an mir ein Bei- ſpiel nehmen, um immer noch mehr Abſcheu vor der Narrheit zu bekommen. — Nun, eßt, eßt und trinkt und laßt es Euch wohl ſchmecken. Ulrich zu den Vorigen. Ulrich. Das iſt ein verdammter Auftrag, den mir mein Herr gegeben hat, zu lauern, zu ſpaͤhen, Geruͤchte einzuziehen, mit einem Worte zu ſpionieren, was niemals meines Thuns geweſen iſt. Da will er im Gebirge auf mich warten, bis ich ihm Nachricht bringen kann, ob ſein Vater <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0077" n="68"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Lieber Gott, was kann er fra-<lb/> gen, worauf ich nicht eine Antwort zu geben wuͤßte!</p> </sp><lb/> <sp who="#CLAU"> <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker> <p>Da muͤßt Ihr in Eurem Berufe gut<lb/> beſchlagen ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Ein Narr, wie Du, kann ſo<lb/> etwas freilich nicht begreifen. — Es aͤrgert mich<lb/> nur, daß ich ſo mit Dir in Geſellſchaft reiſen<lb/> muß, mit dieſer armſeligen Gelegenheit; was wer-<lb/> den die Leute denken?</p> </sp><lb/> <sp who="#CLAU"> <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker> <p>Sie werden Euch fuͤr einen blinden<lb/> Paſſagier halten, der grade nicht Weisheit genug<lb/> bei ſich hat, um auf eine beſſere Art fortzukommen.</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Wir ſollten wenigſtens die große<lb/> Landſtraße meiden.</p> </sp><lb/> <sp who="#CLAU"> <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker> <p>Narrheit geht nie anders. — Narr-<lb/> heit mit Weisheit, das iſt die beſte Geſellſchaft.</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Ja, fuͤr den Narren, aber<lb/> der weiſe Mann koͤmmt ſehr dabei zu kurz.</p> </sp><lb/> <sp who="#CLAU"> <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker> <p>Ihr duͤrft ja nur an mir ein Bei-<lb/> ſpiel nehmen, um immer noch mehr Abſcheu vor<lb/> der Narrheit zu bekommen. — Nun, eßt, eßt<lb/> und trinkt und laßt es Euch wohl ſchmecken.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Ulrich</hi> zu den <hi rendition="#g">Vorigen</hi>.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#ULR"> <speaker><hi rendition="#g">Ulrich</hi>.</speaker> <p>Das iſt ein verdammter Auftrag,<lb/> den mir mein Herr gegeben hat, zu lauern, zu<lb/> ſpaͤhen, Geruͤchte einzuziehen, mit einem Worte<lb/> zu ſpionieren, was niemals meines Thuns geweſen<lb/> iſt. Da will er im Gebirge auf mich warten, bis<lb/> ich ihm Nachricht bringen kann, ob ſein Vater<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0077]
Zweite Abtheilung.
Rathgeber. Lieber Gott, was kann er fra-
gen, worauf ich nicht eine Antwort zu geben wuͤßte!
Claus. Da muͤßt Ihr in Eurem Berufe gut
beſchlagen ſeyn.
Rathgeber. Ein Narr, wie Du, kann ſo
etwas freilich nicht begreifen. — Es aͤrgert mich
nur, daß ich ſo mit Dir in Geſellſchaft reiſen
muß, mit dieſer armſeligen Gelegenheit; was wer-
den die Leute denken?
Claus. Sie werden Euch fuͤr einen blinden
Paſſagier halten, der grade nicht Weisheit genug
bei ſich hat, um auf eine beſſere Art fortzukommen.
Rathgeber. Wir ſollten wenigſtens die große
Landſtraße meiden.
Claus. Narrheit geht nie anders. — Narr-
heit mit Weisheit, das iſt die beſte Geſellſchaft.
Rathgeber. Ja, fuͤr den Narren, aber
der weiſe Mann koͤmmt ſehr dabei zu kurz.
Claus. Ihr duͤrft ja nur an mir ein Bei-
ſpiel nehmen, um immer noch mehr Abſcheu vor
der Narrheit zu bekommen. — Nun, eßt, eßt
und trinkt und laßt es Euch wohl ſchmecken.
Ulrich zu den Vorigen.
Ulrich. Das iſt ein verdammter Auftrag,
den mir mein Herr gegeben hat, zu lauern, zu
ſpaͤhen, Geruͤchte einzuziehen, mit einem Worte
zu ſpionieren, was niemals meines Thuns geweſen
iſt. Da will er im Gebirge auf mich warten, bis
ich ihm Nachricht bringen kann, ob ſein Vater
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/77>, abgerufen am 06.07.2024. |