Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der Blaubart. Anne. O sein Vater, der eben angekommen ist, hat alles in mir erneut und sein Bild wieder lebhaft vor meine Seele gerufen. -- O, Reinhold, Geliebtester, soll ich dich nie wieder sehn? -- Ja, liebe Schwester, ich will mit Dir ziehn, aber wir müssen in der Einsamkeit recht viel von ihm, von Reinhold sprechen. Agnes. Wie du willst, Schwester. Anne. Ich freue mich darauf, denn unser Bruder Anton ist hart und unfreundlich, er ver- steht die Empfindungen des Herzens nicht, seine Gegenwart bedrängt mich, und ich wage es nicht, so zu seyn, wie ich meiner Natur nach bin. Aber komm, liebe Agnes, wir müssen hinein gehn, denn alle werden uns erwarten. Agnes. Der alte Ritter Hans will uns al- len eine feierliche Rede halten und um mich anwer- ben. Was man sich immer zwingen muß, bei so vielen Dingen ernsthaft zu bleiben! (gehn ab.) II. [ 5 ]
Der Blaubart. Anne. O ſein Vater, der eben angekommen iſt, hat alles in mir erneut und ſein Bild wieder lebhaft vor meine Seele gerufen. — O, Reinhold, Geliebteſter, ſoll ich dich nie wieder ſehn? — Ja, liebe Schweſter, ich will mit Dir ziehn, aber wir muͤſſen in der Einſamkeit recht viel von ihm, von Reinhold ſprechen. Agnes. Wie du willſt, Schweſter. Anne. Ich freue mich darauf, denn unſer Bruder Anton iſt hart und unfreundlich, er ver- ſteht die Empfindungen des Herzens nicht, ſeine Gegenwart bedraͤngt mich, und ich wage es nicht, ſo zu ſeyn, wie ich meiner Natur nach bin. Aber komm, liebe Agnes, wir muͤſſen hinein gehn, denn alle werden uns erwarten. Agnes. Der alte Ritter Hans will uns al- len eine feierliche Rede halten und um mich anwer- ben. Was man ſich immer zwingen muß, bei ſo vielen Dingen ernſthaft zu bleiben! (gehn ab.) II. [ 5 ]
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Der Blaubart.
Anne. O ſein Vater, der eben angekommen
iſt, hat alles in mir erneut und ſein Bild wieder
lebhaft vor meine Seele gerufen. — O, Reinhold,
Geliebteſter, ſoll ich dich nie wieder ſehn? — Ja,
liebe Schweſter, ich will mit Dir ziehn, aber wir
muͤſſen in der Einſamkeit recht viel von ihm, von
Reinhold ſprechen.
Agnes. Wie du willſt, Schweſter.
Anne. Ich freue mich darauf, denn unſer
Bruder Anton iſt hart und unfreundlich, er ver-
ſteht die Empfindungen des Herzens nicht, ſeine
Gegenwart bedraͤngt mich, und ich wage es nicht,
ſo zu ſeyn, wie ich meiner Natur nach bin. Aber
komm, liebe Agnes, wir muͤſſen hinein gehn, denn
alle werden uns erwarten.
Agnes. Der alte Ritter Hans will uns al-
len eine feierliche Rede halten und um mich anwer-
ben. Was man ſich immer zwingen muß, bei ſo
vielen Dingen ernſthaft zu bleiben! (gehn ab.)
II. [ 5 ]
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