Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Däumchen. meiner, wie gefällig ich Euch immer gewesen bin,mit Credit und baaren Vorschüssen. Kay. Kommt, mein Wagen wartet auf Euch, der König hat mir Eil anbefohlen. Wahrmund. Gleich, gnädiger Herr, gleich! Wir müssen doch erst unsre übrigen sechs Jungen zusammen lesen. Die werden sich wundern! -- (sie gehn ab.) Siebente Scene. (Schusterbude.) Zahn mit seinen Gesellen und Burschen, arbeitend, Alfred. Zahn. Nein, mein werther Herr Schuldi- rektor, das sind nur Flausen, was man von dem Merlin erzählt, glauben Sie mir, diesen Stiefeln seh ichs an, daß sie noch aus der alten Griechen- zeit zu uns herüber gekommen sind; nein, nein, solche Arbeit macht kein Moderner, so sicher, ein- fach, edel im Zuschnitt, solche Stiche! ei, das ist ein Werk vom Phidias, das laß ich mir nicht neh- men. Sehn Sie nur einmal, wenn ich den einen so hinstelle, wie ganz erhaben, plastisch, in stiller Größe, kein Ueberfluß, kein Schnörkel, kein gothisches Bei- wesen, nichts von jener romantischen Vermischung unsrer Tage, wo Sohle, Leder, Klappen, Falten, Püschel, Wichse, alles dazu beitragen muß, um Daͤumchen. meiner, wie gefaͤllig ich Euch immer geweſen bin,mit Credit und baaren Vorſchuͤſſen. Kay. Kommt, mein Wagen wartet auf Euch, der Koͤnig hat mir Eil anbefohlen. Wahrmund. Gleich, gnaͤdiger Herr, gleich! Wir muͤſſen doch erſt unſre uͤbrigen ſechs Jungen zuſammen leſen. Die werden ſich wundern! — (ſie gehn ab.) Siebente Scene. (Schuſterbude.) Zahn mit ſeinen Geſellen und Burſchen, arbeitend, Alfred. Zahn. Nein, mein werther Herr Schuldi- rektor, das ſind nur Flauſen, was man von dem Merlin erzaͤhlt, glauben Sie mir, dieſen Stiefeln ſeh ichs an, daß ſie noch aus der alten Griechen- zeit zu uns heruͤber gekommen ſind; nein, nein, ſolche Arbeit macht kein Moderner, ſo ſicher, ein- fach, edel im Zuſchnitt, ſolche Stiche! ei, das iſt ein Werk vom Phidias, das laß ich mir nicht neh- men. Sehn Sie nur einmal, wenn ich den einen ſo hinſtelle, wie ganz erhaben, plaſtiſch, in ſtiller Groͤße, kein Ueberfluß, kein Schnoͤrkel, kein gothiſches Bei- weſen, nichts von jener romantiſchen Vermiſchung unſrer Tage, wo Sohle, Leder, Klappen, Falten, Puͤſchel, Wichſe, alles dazu beitragen muß, um <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#KIR"> <p><pb facs="#f0544" n="535"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Daͤumchen</hi>.</fw><lb/> meiner, wie gefaͤllig ich Euch immer geweſen bin,<lb/> mit Credit und baaren Vorſchuͤſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAY"> <speaker><hi rendition="#g">Kay</hi>.</speaker> <p>Kommt, mein Wagen wartet auf Euch,<lb/> der Koͤnig hat mir Eil anbefohlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#WAH"> <speaker><hi rendition="#g">Wahrmund</hi>.</speaker> <p>Gleich, gnaͤdiger Herr, gleich!<lb/> Wir muͤſſen doch erſt unſre uͤbrigen ſechs Jungen<lb/> zuſammen leſen. Die werden ſich wundern! —</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(ſie gehn ab.)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Siebente Scene</hi>.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">Schuſterbude</hi>.)</hi> </stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <stage><hi rendition="#g">Zahn</hi> mit ſeinen Geſellen und Burſchen, arbeitend, <hi rendition="#g">Alfred</hi>.</stage><lb/> <sp who="#ZAH"> <speaker><hi rendition="#g">Zahn</hi>.</speaker> <p>Nein, mein werther Herr Schuldi-<lb/> rektor, das ſind nur Flauſen, was man von dem<lb/> Merlin erzaͤhlt, glauben Sie mir, dieſen Stiefeln<lb/> ſeh ichs an, daß ſie noch aus der alten Griechen-<lb/> zeit zu uns heruͤber gekommen ſind; nein, nein,<lb/> ſolche Arbeit macht kein Moderner, ſo ſicher, ein-<lb/> fach, edel im Zuſchnitt, ſolche Stiche! ei, das iſt<lb/> ein Werk vom Phidias, das laß ich mir nicht neh-<lb/> men. Sehn Sie nur einmal, wenn ich den einen ſo<lb/> hinſtelle, wie ganz erhaben, plaſtiſch, in ſtiller Groͤße,<lb/> kein Ueberfluß, kein Schnoͤrkel, kein gothiſches Bei-<lb/> weſen, nichts von jener romantiſchen Vermiſchung<lb/> unſrer Tage, wo Sohle, Leder, Klappen, Falten,<lb/> Puͤſchel, Wichſe, alles dazu beitragen muß, um<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [535/0544]
Daͤumchen.
meiner, wie gefaͤllig ich Euch immer geweſen bin,
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Kay. Kommt, mein Wagen wartet auf Euch,
der Koͤnig hat mir Eil anbefohlen.
Wahrmund. Gleich, gnaͤdiger Herr, gleich!
Wir muͤſſen doch erſt unſre uͤbrigen ſechs Jungen
zuſammen leſen. Die werden ſich wundern! —
(ſie gehn ab.)
Siebente Scene.
(Schuſterbude.)
Zahn mit ſeinen Geſellen und Burſchen, arbeitend, Alfred.
Zahn. Nein, mein werther Herr Schuldi-
rektor, das ſind nur Flauſen, was man von dem
Merlin erzaͤhlt, glauben Sie mir, dieſen Stiefeln
ſeh ichs an, daß ſie noch aus der alten Griechen-
zeit zu uns heruͤber gekommen ſind; nein, nein,
ſolche Arbeit macht kein Moderner, ſo ſicher, ein-
fach, edel im Zuſchnitt, ſolche Stiche! ei, das iſt
ein Werk vom Phidias, das laß ich mir nicht neh-
men. Sehn Sie nur einmal, wenn ich den einen ſo
hinſtelle, wie ganz erhaben, plaſtiſch, in ſtiller Groͤße,
kein Ueberfluß, kein Schnoͤrkel, kein gothiſches Bei-
weſen, nichts von jener romantiſchen Vermiſchung
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/544>, abgerufen am 23.02.2025. |