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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
Zeit der ersten Liebe, wo man noch weniger dreist
ist, sich anzunähern scheut, wo unser ganzes
Wesen in Sehnsucht zittert. -- Gebt mir mal
den andern Humpen Wein. -- Semmelziege, was
meint Ihr?
Semmelziege.
Erfahrung löst genügend nur die Frage auf.
Leidgast. Sehr wahr, aus der Theorie läßt
sich sehr wenig sprechen. -- Nun sagt mal, Sem-
melziege, wie wenn ich Euch so anbisse? Aus
Freundschaft?
Semmelziege. Ich bin wohl zu geringe,
mein gnädiger Herr.
Leidgast. Aber, was Teufel, ich spüre hier
frisches Fleisch, -- was -- wo -- meine Nase
trügt mich nicht.
Malwina. Wie kann es anders seyn, lieber
Mann, da der Hammel ganz frisch und blutig
am Feuer gedreht wird?
Leidgast. Macht mir nichts weiß, geht mir
mit keinen Finten um, mein Geruch ist zu per-
fekt. Es ist Menschenfleisch. Da hier im Winkel
muß es seyn.
Malwina. Gewiß nicht, lieber Mann.
Leidgast (hebt die Tonne weg). Wie? Ei, sieh
da, ein ganzes Nest voll junger Hüner. -- Nun,
Ihr Spitzbuben? Ihr untersteht euch, mir was
vorzulügen? -- Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs,
sieben. Tretet doch ein bischen näher ans Licht,
ihr Prinzen, daß man Eure Physiognomie mehr
kann in Augenschein nehmen. Leuchte, Frau. Hin!
Zweite Abtheilung.
Zeit der erſten Liebe, wo man noch weniger dreiſt
iſt, ſich anzunaͤhern ſcheut, wo unſer ganzes
Weſen in Sehnſucht zittert. — Gebt mir mal
den andern Humpen Wein. — Semmelziege, was
meint Ihr?
Semmelziege.
Erfahrung loͤſt genuͤgend nur die Frage auf.
Leidgaſt. Sehr wahr, aus der Theorie laͤßt
ſich ſehr wenig ſprechen. — Nun ſagt mal, Sem-
melziege, wie wenn ich Euch ſo anbiſſe? Aus
Freundſchaft?
Semmelziege. Ich bin wohl zu geringe,
mein gnaͤdiger Herr.
Leidgaſt. Aber, was Teufel, ich ſpuͤre hier
friſches Fleiſch, — was — wo — meine Naſe
truͤgt mich nicht.
Malwina. Wie kann es anders ſeyn, lieber
Mann, da der Hammel ganz friſch und blutig
am Feuer gedreht wird?
Leidgaſt. Macht mir nichts weiß, geht mir
mit keinen Finten um, mein Geruch iſt zu per-
fekt. Es iſt Menſchenfleiſch. Da hier im Winkel
muß es ſeyn.
Malwina. Gewiß nicht, lieber Mann.
Leidgaſt (hebt die Tonne weg). Wie? Ei, ſieh
da, ein ganzes Neſt voll junger Huͤner. — Nun,
Ihr Spitzbuben? Ihr unterſteht euch, mir was
vorzuluͤgen? — Eins, zwei, drei, vier, fuͤnf, ſechs,
ſieben. Tretet doch ein bischen naͤher ans Licht,
ihr Prinzen, daß man Eure Phyſiognomie mehr
kann in Augenſchein nehmen. Leuchte, Frau. Hin!
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[504/0513] Zweite Abtheilung. Zeit der erſten Liebe, wo man noch weniger dreiſt iſt, ſich anzunaͤhern ſcheut, wo unſer ganzes Weſen in Sehnſucht zittert. — Gebt mir mal den andern Humpen Wein. — Semmelziege, was meint Ihr? Semmelziege. Erfahrung loͤſt genuͤgend nur die Frage auf. Leidgaſt. Sehr wahr, aus der Theorie laͤßt ſich ſehr wenig ſprechen. — Nun ſagt mal, Sem- melziege, wie wenn ich Euch ſo anbiſſe? Aus Freundſchaft? Semmelziege. Ich bin wohl zu geringe, mein gnaͤdiger Herr. Leidgaſt. Aber, was Teufel, ich ſpuͤre hier friſches Fleiſch, — was — wo — meine Naſe truͤgt mich nicht. Malwina. Wie kann es anders ſeyn, lieber Mann, da der Hammel ganz friſch und blutig am Feuer gedreht wird? Leidgaſt. Macht mir nichts weiß, geht mir mit keinen Finten um, mein Geruch iſt zu per- fekt. Es iſt Menſchenfleiſch. Da hier im Winkel muß es ſeyn. Malwina. Gewiß nicht, lieber Mann. Leidgaſt (hebt die Tonne weg). Wie? Ei, ſieh da, ein ganzes Neſt voll junger Huͤner. — Nun, Ihr Spitzbuben? Ihr unterſteht euch, mir was vorzuluͤgen? — Eins, zwei, drei, vier, fuͤnf, ſechs, ſieben. Tretet doch ein bischen naͤher ans Licht, ihr Prinzen, daß man Eure Phyſiognomie mehr kann in Augenſchein nehmen. Leuchte, Frau. Hin!

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/513>, abgerufen am 27.11.2024.