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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
nicht? Ich dächte, ihr hättet lange genug darauf
warten müssen. Nehmts, ich bin heut einmal in
dem Humor, zu bezahlen, ich weiß nicht, wann
mir das wieder kommt.
Wahrmund. Tausend Dank, gnädiger Herr.
-- Frau, lauf, spring nach der Schenke, hol ein
tüchtiges Abendbrodt, wir könnens brauchen.

(Else geht ab.)
Kay. Nun, nichts Neues, Freund Bader?
Kirmes. Immer das Alte, das nicht besser
wird, die Noth im Lande von den fremden Gä-
sten; aber man sagt, unser guter König habe jetzt
eine Schlacht verloren, worin an die zwanzig Mil-
lionen Menschen umgekommen seyn sollen.
Kay. So schlimm wirds wohl auch nicht
seyn. Habt Ihr jetzt viel Verdienst, Bader?
Kirmes. Ach, gnädiger Herr, das pure lautere
Elend, gar miserable Zeiten, die Leute haben alle
Courage verloren. Ja, ehemals, da war noch
Muth und Leben! Da verging doch kein Sonn-
und Festtag, Kirmeß nun gar, wo sie nicht in der
Schenke soffen und lustig waren, und ich konnte
zu Hause schon mit meinen Salben und kühlenden
Wassern parat stehn, denn ich wußte, daß ich nach
Mitternacht geholt wurde. Da waren doch oft
zwanzig Köpfe zu verbinden, und, mein Seel, mit
unter recht schlimme, recht gefährliche Wunden,
daß die Kur sich wohl in die vier Wochen verzö-
gerte; außerdem gabs Arme einzurenken, und Beu-
len, so viel man nur wünschen kann. Und die
Leutchen bezahlten gut. Aber jetzt! Man mag gar
Zweite Abtheilung.
nicht? Ich daͤchte, ihr haͤttet lange genug darauf
warten muͤſſen. Nehmts, ich bin heut einmal in
dem Humor, zu bezahlen, ich weiß nicht, wann
mir das wieder kommt.
Wahrmund. Tauſend Dank, gnaͤdiger Herr.
— Frau, lauf, ſpring nach der Schenke, hol ein
tuͤchtiges Abendbrodt, wir koͤnnens brauchen.

(Elſe geht ab.)
Kay. Nun, nichts Neues, Freund Bader?
Kirmes. Immer das Alte, das nicht beſſer
wird, die Noth im Lande von den fremden Gaͤ-
ſten; aber man ſagt, unſer guter Koͤnig habe jetzt
eine Schlacht verloren, worin an die zwanzig Mil-
lionen Menſchen umgekommen ſeyn ſollen.
Kay. So ſchlimm wirds wohl auch nicht
ſeyn. Habt Ihr jetzt viel Verdienſt, Bader?
Kirmes. Ach, gnaͤdiger Herr, das pure lautere
Elend, gar miſerable Zeiten, die Leute haben alle
Courage verloren. Ja, ehemals, da war noch
Muth und Leben! Da verging doch kein Sonn-
und Feſttag, Kirmeß nun gar, wo ſie nicht in der
Schenke ſoffen und luſtig waren, und ich konnte
zu Hauſe ſchon mit meinen Salben und kuͤhlenden
Waſſern parat ſtehn, denn ich wußte, daß ich nach
Mitternacht geholt wurde. Da waren doch oft
zwanzig Koͤpfe zu verbinden, und, mein Seel, mit
unter recht ſchlimme, recht gefaͤhrliche Wunden,
daß die Kur ſich wohl in die vier Wochen verzoͤ-
gerte; außerdem gabs Arme einzurenken, und Beu-
len, ſo viel man nur wuͤnſchen kann. Und die
Leutchen bezahlten gut. Aber jetzt! Man mag gar
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[476/0485] Zweite Abtheilung. nicht? Ich daͤchte, ihr haͤttet lange genug darauf warten muͤſſen. Nehmts, ich bin heut einmal in dem Humor, zu bezahlen, ich weiß nicht, wann mir das wieder kommt. Wahrmund. Tauſend Dank, gnaͤdiger Herr. — Frau, lauf, ſpring nach der Schenke, hol ein tuͤchtiges Abendbrodt, wir koͤnnens brauchen. (Elſe geht ab.) Kay. Nun, nichts Neues, Freund Bader? Kirmes. Immer das Alte, das nicht beſſer wird, die Noth im Lande von den fremden Gaͤ- ſten; aber man ſagt, unſer guter Koͤnig habe jetzt eine Schlacht verloren, worin an die zwanzig Mil- lionen Menſchen umgekommen ſeyn ſollen. Kay. So ſchlimm wirds wohl auch nicht ſeyn. Habt Ihr jetzt viel Verdienſt, Bader? Kirmes. Ach, gnaͤdiger Herr, das pure lautere Elend, gar miſerable Zeiten, die Leute haben alle Courage verloren. Ja, ehemals, da war noch Muth und Leben! Da verging doch kein Sonn- und Feſttag, Kirmeß nun gar, wo ſie nicht in der Schenke ſoffen und luſtig waren, und ich konnte zu Hauſe ſchon mit meinen Salben und kuͤhlenden Waſſern parat ſtehn, denn ich wußte, daß ich nach Mitternacht geholt wurde. Da waren doch oft zwanzig Koͤpfe zu verbinden, und, mein Seel, mit unter recht ſchlimme, recht gefaͤhrliche Wunden, daß die Kur ſich wohl in die vier Wochen verzoͤ- gerte; außerdem gabs Arme einzurenken, und Beu- len, ſo viel man nur wuͤnſchen kann. Und die Leutchen bezahlten gut. Aber jetzt! Man mag gar

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/485>, abgerufen am 25.11.2024.