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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.

Semmelziege kommt herauf als Pierrot.
Semmelziege. Wie freu' ich mich -- Seh
ich recht? Alfred, Persiwein, o ihr hohen Jüng-
linge, seid mir gegrüßt!
Alfred. (durch die Brille ihn betrachtend). Ists
möglich? Semmelziege, Mensch, du bist es selbst?
In dem Anzuge?
Persiwein. Wunderbar! Laß dich in die
Arme schließen. -- Bist du ein Eremit? Hast dich
hier in der schönen romantischen Wildniß aufs
Fliegen gelegt?
Alfred. Was aus dem Menschen nicht wird!
Kerl, du stehst wenig wie ein Hofrath aus; viel
zu unreputirlich; sage mir nur, was du treibst.
Semmelziege.
O Göttersöhne, Jugendfreunde, Weisheitsbrüder,
Du, Hoher, mit dem Klang der süßen Lieder,
Du, Großer, mit dem tiefen Spähersinn,
Wißt und erfahrt, der Hofrath ist dahin,
Ein Sklav, gefangen, schlimmer noch als todt,
Bin ich dem Wüthrich dort nur Pierrot.
Alfred. Ich verstehs nicht, explizir dich
deutlicher.
Persiwein. Du stehst aus wie vom Theater,
und doch nahm Dein Genie ehemals einen höhern
Schwung.
Semmelziege.
Hätt' ich erfahren nie, was Schwung bedeutet!
Wie schön auf ebner sichrer Erde wallen!
Weh mir, ob diesem Streben nach der Höhe!

Zweite Abtheilung.

Semmelziege kommt herauf als Pierrot.
Semmelziege. Wie freu' ich mich — Seh
ich recht? Alfred, Perſiwein, o ihr hohen Juͤng-
linge, ſeid mir gegruͤßt!
Alfred. (durch die Brille ihn betrachtend). Iſts
moͤglich? Semmelziege, Menſch, du biſt es ſelbſt?
In dem Anzuge?
Perſiwein. Wunderbar! Laß dich in die
Arme ſchließen. — Biſt du ein Eremit? Haſt dich
hier in der ſchoͤnen romantiſchen Wildniß aufs
Fliegen gelegt?
Alfred. Was aus dem Menſchen nicht wird!
Kerl, du ſtehſt wenig wie ein Hofrath aus; viel
zu unreputirlich; ſage mir nur, was du treibſt.
Semmelziege.
O Goͤtterſoͤhne, Jugendfreunde, Weisheitsbruͤder,
Du, Hoher, mit dem Klang der ſuͤßen Lieder,
Du, Großer, mit dem tiefen Spaͤherſinn,
Wißt und erfahrt, der Hofrath iſt dahin,
Ein Sklav, gefangen, ſchlimmer noch als todt,
Bin ich dem Wuͤthrich dort nur Pierrot.
Alfred. Ich verſtehs nicht, explizir dich
deutlicher.
Perſiwein. Du ſtehſt aus wie vom Theater,
und doch nahm Dein Genie ehemals einen hoͤhern
Schwung.
Semmelziege.
Haͤtt' ich erfahren nie, was Schwung bedeutet!
Wie ſchoͤn auf ebner ſichrer Erde wallen!
Weh mir, ob dieſem Streben nach der Hoͤhe!

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[462/0471] Zweite Abtheilung. Semmelziege kommt herauf als Pierrot. Semmelziege. Wie freu' ich mich — Seh ich recht? Alfred, Perſiwein, o ihr hohen Juͤng- linge, ſeid mir gegruͤßt! Alfred. (durch die Brille ihn betrachtend). Iſts moͤglich? Semmelziege, Menſch, du biſt es ſelbſt? In dem Anzuge? Perſiwein. Wunderbar! Laß dich in die Arme ſchließen. — Biſt du ein Eremit? Haſt dich hier in der ſchoͤnen romantiſchen Wildniß aufs Fliegen gelegt? Alfred. Was aus dem Menſchen nicht wird! Kerl, du ſtehſt wenig wie ein Hofrath aus; viel zu unreputirlich; ſage mir nur, was du treibſt. Semmelziege. O Goͤtterſoͤhne, Jugendfreunde, Weisheitsbruͤder, Du, Hoher, mit dem Klang der ſuͤßen Lieder, Du, Großer, mit dem tiefen Spaͤherſinn, Wißt und erfahrt, der Hofrath iſt dahin, Ein Sklav, gefangen, ſchlimmer noch als todt, Bin ich dem Wuͤthrich dort nur Pierrot. Alfred. Ich verſtehs nicht, explizir dich deutlicher. Perſiwein. Du ſtehſt aus wie vom Theater, und doch nahm Dein Genie ehemals einen hoͤhern Schwung. Semmelziege. Haͤtt' ich erfahren nie, was Schwung bedeutet! Wie ſchoͤn auf ebner ſichrer Erde wallen! Weh mir, ob dieſem Streben nach der Hoͤhe!

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/471>, abgerufen am 22.11.2024.