Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der Blaubart. jene Narren sterben sehn. -- (geht ab, die Knechteziehn fort.) Claus. (allein) Kann man mit einer so ge- ringen Verstellung selbst so listige Füchse hinter- gehn? Mit den wenigen Worten also hab ich mein Leben von dem blutdürstigen grimmigen Menschen zurück kaufen können? Aber, wenn ich es recht ernsthaft überlege, ist mein Leben auch nicht viel werth. Ho ho! das fehlte nur noch, das wäre ein Hauptspaß, daß ich mich selbst aus Desperation aufknüpfte, nachdem er mich verschont hat. Aber meine armen Herren! -- Ich könnte weinen. -- Und warum soll ich nicht weinen? Es ist eben so thöricht, als zu lachen, es liegt also nicht außer meinem Berufe. -- (er setzt sich auf die Erde.) Sie sind gewiß schon todt, -- hier will ich um sie trauern, denn kein anderes Auge geht doch ihret- wegen über. (Er verhüllt das Gesicht. Der Vorhang fällt.) Der Blaubart. jene Narren ſterben ſehn. — (geht ab, die Knechteziehn fort.) Claus. (allein) Kann man mit einer ſo ge- ringen Verſtellung ſelbſt ſo liſtige Fuͤchſe hinter- gehn? Mit den wenigen Worten alſo hab ich mein Leben von dem blutduͤrſtigen grimmigen Menſchen zuruͤck kaufen koͤnnen? Aber, wenn ich es recht ernſthaft uͤberlege, iſt mein Leben auch nicht viel werth. Ho ho! das fehlte nur noch, das waͤre ein Hauptſpaß, daß ich mich ſelbſt aus Desperation aufknuͤpfte, nachdem er mich verſchont hat. Aber meine armen Herren! — Ich koͤnnte weinen. — Und warum ſoll ich nicht weinen? Es iſt eben ſo thoͤricht, als zu lachen, es liegt alſo nicht außer meinem Berufe. — (er ſetzt ſich auf die Erde.) Sie ſind gewiß ſchon todt, — hier will ich um ſie trauern, denn kein anderes Auge geht doch ihret- wegen uͤber. (Er verhuͤllt das Geſicht. Der Vorhang faͤllt.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#HUGO"> <p><pb facs="#f0044" n="35"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Blaubart</hi>.</fw><lb/> jene Narren ſterben ſehn. —</p> <stage>(geht ab, die Knechte<lb/> ziehn fort.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#CLAU"> <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker> <stage>(allein)</stage> <p>Kann man mit einer ſo ge-<lb/> ringen Verſtellung ſelbſt ſo liſtige Fuͤchſe hinter-<lb/> gehn? Mit den wenigen Worten alſo hab ich mein<lb/> Leben von dem blutduͤrſtigen grimmigen Menſchen<lb/> zuruͤck kaufen koͤnnen? Aber, wenn ich es recht<lb/> ernſthaft uͤberlege, iſt mein Leben auch nicht viel<lb/> werth. Ho ho! das fehlte nur noch, das waͤre ein<lb/> Hauptſpaß, daß ich mich ſelbſt aus Desperation<lb/> aufknuͤpfte, nachdem er mich verſchont hat. Aber<lb/> meine armen Herren! — Ich koͤnnte weinen. —<lb/> Und warum ſoll ich nicht weinen? Es iſt eben ſo<lb/> thoͤricht, als zu lachen, es liegt alſo nicht außer<lb/> meinem Berufe. — <stage>(er ſetzt ſich auf die Erde.)</stage> Sie<lb/> ſind gewiß ſchon todt, — hier will ich um ſie<lb/> trauern, denn kein anderes Auge geht doch ihret-<lb/> wegen uͤber.</p> <stage>(Er verhuͤllt das Geſicht. Der Vorhang faͤllt.)</stage> </sp> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [35/0044]
Der Blaubart.
jene Narren ſterben ſehn. — (geht ab, die Knechte
ziehn fort.)
Claus. (allein) Kann man mit einer ſo ge-
ringen Verſtellung ſelbſt ſo liſtige Fuͤchſe hinter-
gehn? Mit den wenigen Worten alſo hab ich mein
Leben von dem blutduͤrſtigen grimmigen Menſchen
zuruͤck kaufen koͤnnen? Aber, wenn ich es recht
ernſthaft uͤberlege, iſt mein Leben auch nicht viel
werth. Ho ho! das fehlte nur noch, das waͤre ein
Hauptſpaß, daß ich mich ſelbſt aus Desperation
aufknuͤpfte, nachdem er mich verſchont hat. Aber
meine armen Herren! — Ich koͤnnte weinen. —
Und warum ſoll ich nicht weinen? Es iſt eben ſo
thoͤricht, als zu lachen, es liegt alſo nicht außer
meinem Berufe. — (er ſetzt ſich auf die Erde.) Sie
ſind gewiß ſchon todt, — hier will ich um ſie
trauern, denn kein anderes Auge geht doch ihret-
wegen uͤber. (Er verhuͤllt das Geſicht. Der Vorhang faͤllt.)
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/44>, abgerufen am 28.07.2024. |