Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. Brauer. Ich. Bäcker. Das soll gestraft werden. Hier, wart einen Augenblick. (Bäcker und Brauer ab.) Vierter Gast. Herauszuwecken! Es geht zu weit in unsern Tagen! Die Weltbegebenheit hat so was noch nicht erlebt, daß sie ist aus den Schlummer herausgeweckt worden! Keinem ver- storbenen Kaiser und Kurfürsten ist das noch nicht begegnet, und mir muß das arriviren! Das kann ich nur nicht verdauen. Dritter Gast. Gevatter, haben wir bald Fastnacht? Vierter Gast. Religionskrieg haben wir vors Erste! Habt Ihrs denn nicht gehört? Dritter Gast. Also ist die Gewissensfrei- heit wieder zum Teufel? Vierter Gast. Die totale Mondfinsterniß wird wieder Mode. -- Hol der Satan alles, wenn ich nicht mehr frei denken darf. Erster Gast. Wer will es uns aber weh- ren? Vierter Gast. Das wird Dir schon gewie- sen werden, wenn die Religion aus der freien Aus- übung wieder heraus kommt. Zweiter Gast. Aber ist denn der Antichrist schon unterwegs? Vierter Gast. Freilich. Nun muß unser Gewissen wieder leiden. Das arme Thier ist kaum ein bischen zu Athem gekommen. Um die unschul- dige Bestie thut mirs nur am meisten Leid. Zweite Abtheilung. Brauer. Ich. Baͤcker. Das ſoll geſtraft werden. Hier, wart einen Augenblick. (Baͤcker und Brauer ab.) Vierter Gaſt. Herauszuwecken! Es geht zu weit in unſern Tagen! Die Weltbegebenheit hat ſo was noch nicht erlebt, daß ſie iſt aus den Schlummer herausgeweckt worden! Keinem ver- ſtorbenen Kaiſer und Kurfuͤrſten iſt das noch nicht begegnet, und mir muß das arriviren! Das kann ich nur nicht verdauen. Dritter Gaſt. Gevatter, haben wir bald Faſtnacht? Vierter Gaſt. Religionskrieg haben wir vors Erſte! Habt Ihrs denn nicht gehoͤrt? Dritter Gaſt. Alſo iſt die Gewiſſensfrei- heit wieder zum Teufel? Vierter Gaſt. Die totale Mondfinſterniß wird wieder Mode. — Hol der Satan alles, wenn ich nicht mehr frei denken darf. Erſter Gaſt. Wer will es uns aber weh- ren? Vierter Gaſt. Das wird Dir ſchon gewie- ſen werden, wenn die Religion aus der freien Aus- uͤbung wieder heraus kommt. Zweiter Gaſt. Aber iſt denn der Antichriſt ſchon unterwegs? Vierter Gaſt. Freilich. Nun muß unſer Gewiſſen wieder leiden. Das arme Thier iſt kaum ein bischen zu Athem gekommen. Um die unſchul- dige Beſtie thut mirs nur am meiſten Leid. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0383" n="374"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <sp who="#BRA"> <speaker><hi rendition="#g">Brauer</hi>.</speaker> <p>Ich.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAEC"> <speaker><hi rendition="#g">Baͤcker</hi>.</speaker> <p>Das ſoll geſtraft werden. Hier,<lb/> wart einen Augenblick.</p> <stage>(Baͤcker und Brauer ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#VIERGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Vierter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Herauszuwecken! Es geht<lb/> zu weit in unſern Tagen! Die Weltbegebenheit<lb/> hat ſo was noch nicht erlebt, daß ſie iſt aus den<lb/> Schlummer herausgeweckt worden! Keinem ver-<lb/> ſtorbenen Kaiſer und Kurfuͤrſten iſt das noch nicht<lb/> begegnet, und mir muß das arriviren! Das kann<lb/> ich nur nicht verdauen.</p> </sp><lb/> <sp who="#DRIGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Dritter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Gevatter, haben wir bald<lb/> Faſtnacht?</p> </sp><lb/> <sp who="#VIERGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Vierter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Religionskrieg haben wir<lb/> vors Erſte! Habt Ihrs denn nicht gehoͤrt?</p> </sp><lb/> <sp who="#DRIGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Dritter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Alſo iſt die Gewiſſensfrei-<lb/> heit wieder zum Teufel?</p> </sp><lb/> <sp who="#VIERGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Vierter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Die totale Mondfinſterniß<lb/> wird wieder Mode. — Hol der Satan alles, wenn<lb/> ich nicht mehr frei denken darf.</p> </sp><lb/> <sp who="#ERSTGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Erſter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Wer will es uns aber weh-<lb/> ren?</p> </sp><lb/> <sp who="#VIERGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Vierter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Das wird Dir ſchon gewie-<lb/> ſen werden, wenn die Religion aus der freien Aus-<lb/> uͤbung wieder heraus kommt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZWEGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Zweiter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Aber iſt denn der Antichriſt<lb/> ſchon unterwegs?</p> </sp><lb/> <sp who="#VIERGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Vierter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Freilich. Nun muß unſer<lb/> Gewiſſen wieder leiden. Das arme Thier iſt kaum<lb/> ein bischen zu Athem gekommen. Um die unſchul-<lb/> dige Beſtie thut mirs nur am meiſten Leid.</p><lb/> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [374/0383]
Zweite Abtheilung.
Brauer. Ich.
Baͤcker. Das ſoll geſtraft werden. Hier,
wart einen Augenblick. (Baͤcker und Brauer ab.)
Vierter Gaſt. Herauszuwecken! Es geht
zu weit in unſern Tagen! Die Weltbegebenheit
hat ſo was noch nicht erlebt, daß ſie iſt aus den
Schlummer herausgeweckt worden! Keinem ver-
ſtorbenen Kaiſer und Kurfuͤrſten iſt das noch nicht
begegnet, und mir muß das arriviren! Das kann
ich nur nicht verdauen.
Dritter Gaſt. Gevatter, haben wir bald
Faſtnacht?
Vierter Gaſt. Religionskrieg haben wir
vors Erſte! Habt Ihrs denn nicht gehoͤrt?
Dritter Gaſt. Alſo iſt die Gewiſſensfrei-
heit wieder zum Teufel?
Vierter Gaſt. Die totale Mondfinſterniß
wird wieder Mode. — Hol der Satan alles, wenn
ich nicht mehr frei denken darf.
Erſter Gaſt. Wer will es uns aber weh-
ren?
Vierter Gaſt. Das wird Dir ſchon gewie-
ſen werden, wenn die Religion aus der freien Aus-
uͤbung wieder heraus kommt.
Zweiter Gaſt. Aber iſt denn der Antichriſt
ſchon unterwegs?
Vierter Gaſt. Freilich. Nun muß unſer
Gewiſſen wieder leiden. Das arme Thier iſt kaum
ein bischen zu Athem gekommen. Um die unſchul-
dige Beſtie thut mirs nur am meiſten Leid.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |