Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Die verkehrte Welt. Bäcker. Erstens, das Schießen ist mir zu- wider; zweitens hat der Satan das Pulver er- funden; drittens geht es für den Skaramuz, für den ich keinen Patriotismus habe; viertens, ist Krieg nicht mein Handwerk; fünftens, kann der Beste bei solchem Spaße umkommen; sechstens, heirathet mein Geselle nach meinem Tode vielleicht meine Frau; siebentens, steht der Galgen aufs Desertiren, -- o man findet keinen Grund und Boden, gar kein Ende, wenn man alle Uebel des Krieges herrechnen wollte. Brauer treibt die Gäste hinaus. Brauer. Keiner von den Hunden will auf seinen Beinen stehn, da liegen sie alle in den Win- keln und schlafen. Vierter Gast. Aufzuwecken! vom Schlaf aufzuwecken! mitten aus dem Winkel einen Mann heraus zu wecken, der alle Tage sein Geld hier verzehrt hat! Nein, das ist zu grob. Erster Gast. Was giebts denn? Zweiter Gast. Er wird wieder wollen Ke- gel spielen. Brauer. Leute, wir haben Krieg, wir ha- ben Blutbad, die Empörung ist im Schwange gegangen. Bäcker. Das nun nicht, es ist nichts als simple Rebellion. Brauer. Ihr mögt wohl selbst simpel seyn. Bäcker. Wer ist simpel? -- Wer hat das Herz, das zu sagen? Die verkehrte Welt. Baͤcker. Erſtens, das Schießen iſt mir zu- wider; zweitens hat der Satan das Pulver er- funden; drittens geht es fuͤr den Skaramuz, fuͤr den ich keinen Patriotismus habe; viertens, iſt Krieg nicht mein Handwerk; fuͤnftens, kann der Beſte bei ſolchem Spaße umkommen; ſechſtens, heirathet mein Geſelle nach meinem Tode vielleicht meine Frau; ſiebentens, ſteht der Galgen aufs Deſertiren, — o man findet keinen Grund und Boden, gar kein Ende, wenn man alle Uebel des Krieges herrechnen wollte. Brauer treibt die Gaͤſte hinaus. Brauer. Keiner von den Hunden will auf ſeinen Beinen ſtehn, da liegen ſie alle in den Win- keln und ſchlafen. Vierter Gaſt. Aufzuwecken! vom Schlaf aufzuwecken! mitten aus dem Winkel einen Mann heraus zu wecken, der alle Tage ſein Geld hier verzehrt hat! Nein, das iſt zu grob. Erſter Gaſt. Was giebts denn? Zweiter Gaſt. Er wird wieder wollen Ke- gel ſpielen. Brauer. Leute, wir haben Krieg, wir ha- ben Blutbad, die Empoͤrung iſt im Schwange gegangen. Baͤcker. Das nun nicht, es iſt nichts als ſimple Rebellion. Brauer. Ihr moͤgt wohl ſelbſt ſimpel ſeyn. Baͤcker. Wer iſt ſimpel? — Wer hat das Herz, das zu ſagen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0382" n="373"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die verkehrte Welt</hi>.</fw><lb/> <sp who="#BAEC"> <speaker><hi rendition="#g">Baͤcker</hi>.</speaker> <p>Erſtens, das Schießen iſt mir zu-<lb/> wider; zweitens hat der Satan das Pulver er-<lb/> funden; drittens geht es fuͤr den Skaramuz, fuͤr<lb/> den ich keinen Patriotismus habe; viertens, iſt<lb/> Krieg nicht mein Handwerk; fuͤnftens, kann der<lb/> Beſte bei ſolchem Spaße umkommen; ſechſtens,<lb/> heirathet mein Geſelle nach meinem Tode vielleicht<lb/> meine Frau; ſiebentens, ſteht der Galgen aufs<lb/> Deſertiren, — o man findet keinen Grund und<lb/> Boden, gar kein Ende, wenn man alle Uebel des<lb/> Krieges herrechnen wollte.</p><lb/> <stage><hi rendition="#g">Brauer</hi> treibt <hi rendition="#g">die Gaͤſte</hi> hinaus.</stage> </sp><lb/> <sp who="#BRA"> <speaker><hi rendition="#g">Brauer</hi>.</speaker> <p>Keiner von den Hunden will auf<lb/> ſeinen Beinen ſtehn, da liegen ſie alle in den Win-<lb/> keln und ſchlafen.</p> </sp><lb/> <sp who="#VIERGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Vierter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Aufzuwecken! vom Schlaf<lb/> aufzuwecken! mitten aus dem Winkel einen Mann<lb/> heraus zu wecken, der alle Tage ſein Geld hier<lb/> verzehrt hat! Nein, das iſt zu grob.</p> </sp><lb/> <sp who="#ERSTGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Erſter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Was giebts denn?</p> </sp><lb/> <sp who="#ZWEGAST"> <speaker><hi rendition="#g">Zweiter Gaſt</hi>.</speaker> <p>Er wird wieder wollen Ke-<lb/> gel ſpielen.</p> </sp><lb/> <sp who="#BRA"> <speaker><hi rendition="#g">Brauer</hi>.</speaker> <p>Leute, wir haben Krieg, wir ha-<lb/> ben Blutbad, die Empoͤrung iſt im Schwange<lb/> gegangen.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAEC"> <speaker><hi rendition="#g">Baͤcker</hi>.</speaker> <p>Das nun nicht, es iſt nichts als<lb/> ſimple Rebellion.</p> </sp><lb/> <sp who="#BRA"> <speaker><hi rendition="#g">Brauer</hi>.</speaker> <p>Ihr moͤgt wohl ſelbſt ſimpel ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAEC"> <speaker><hi rendition="#g">Baͤcker</hi>.</speaker> <p>Wer iſt ſimpel? — Wer hat das<lb/> Herz, das zu ſagen?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [373/0382]
Die verkehrte Welt.
Baͤcker. Erſtens, das Schießen iſt mir zu-
wider; zweitens hat der Satan das Pulver er-
funden; drittens geht es fuͤr den Skaramuz, fuͤr
den ich keinen Patriotismus habe; viertens, iſt
Krieg nicht mein Handwerk; fuͤnftens, kann der
Beſte bei ſolchem Spaße umkommen; ſechſtens,
heirathet mein Geſelle nach meinem Tode vielleicht
meine Frau; ſiebentens, ſteht der Galgen aufs
Deſertiren, — o man findet keinen Grund und
Boden, gar kein Ende, wenn man alle Uebel des
Krieges herrechnen wollte.
Brauer treibt die Gaͤſte hinaus.
Brauer. Keiner von den Hunden will auf
ſeinen Beinen ſtehn, da liegen ſie alle in den Win-
keln und ſchlafen.
Vierter Gaſt. Aufzuwecken! vom Schlaf
aufzuwecken! mitten aus dem Winkel einen Mann
heraus zu wecken, der alle Tage ſein Geld hier
verzehrt hat! Nein, das iſt zu grob.
Erſter Gaſt. Was giebts denn?
Zweiter Gaſt. Er wird wieder wollen Ke-
gel ſpielen.
Brauer. Leute, wir haben Krieg, wir ha-
ben Blutbad, die Empoͤrung iſt im Schwange
gegangen.
Baͤcker. Das nun nicht, es iſt nichts als
ſimple Rebellion.
Brauer. Ihr moͤgt wohl ſelbſt ſimpel ſeyn.
Baͤcker. Wer iſt ſimpel? — Wer hat das
Herz, das zu ſagen?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |