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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
det, da ihr das Schimpfliche gern duldet, um nur
der Gefahr zu entgehn.

Die Vorigen. Mopsa. Phillis.
Apoll. Schäfer, und Ihr Schäferin, ich
muß Euch jetzt verlassen, aber wir sehn uns bald
wieder.
Mopsa. Heirathet Ihr denn keine von uns?
Apoll. Ich darf nicht, das Schicksal und
die Götter sind dagegen.
Mopsa. Ihr seid ein Narr -- Nun, Myr-
till, so muß ich wohl mit Euch vorlieb nehmen,
Ihr seid gebildet und geschoren, und Ihr gefallt
mir nun viel besser.
Aulicus. Und Du, Phillis?
Phillis. Je nun, wenn meine Schwester
mir mit dem Beispiele vorgeht, so will ich mich
auch mit Dir zufrieden stellen.
(Schäfer ab.)
Apollo allein.
Ich muß mich schämen, wenn ich Feigheit tadle;
Denn hält mich etwas andres hier zurück,
Als daß ich der Gefahr entweichen möchte?
Wir leben gern in Schande, wenn die Schande
Sich nur mit Sicherheit vermählt. Doch kann
Denn Sicherheit der ganz verkehrte Sinn
In Ruh und Ohnmacht und Verachtung finden?
Wir fliehn vor unsern eigenen Gedanken,
Wenn sie uns rathen, nicht das Joch zu dulden. --
Lebt wohl, ihr Heerden und ihr stillen Fluren,
Ich gehe kühnlich der Gefahr entgegen,
Zweite Abtheilung.
det, da ihr das Schimpfliche gern duldet, um nur
der Gefahr zu entgehn.

Die Vorigen. Mopſa. Phillis.
Apoll. Schaͤfer, und Ihr Schaͤferin, ich
muß Euch jetzt verlaſſen, aber wir ſehn uns bald
wieder.
Mopſa. Heirathet Ihr denn keine von uns?
Apoll. Ich darf nicht, das Schickſal und
die Goͤtter ſind dagegen.
Mopſa. Ihr ſeid ein Narr — Nun, Myr-
till, ſo muß ich wohl mit Euch vorlieb nehmen,
Ihr ſeid gebildet und geſchoren, und Ihr gefallt
mir nun viel beſſer.
Aulicus. Und Du, Phillis?
Phillis. Je nun, wenn meine Schweſter
mir mit dem Beiſpiele vorgeht, ſo will ich mich
auch mit Dir zufrieden ſtellen.
(Schaͤfer ab.)
Apollo allein.
Ich muß mich ſchaͤmen, wenn ich Feigheit tadle;
Denn haͤlt mich etwas andres hier zuruͤck,
Als daß ich der Gefahr entweichen moͤchte?
Wir leben gern in Schande, wenn die Schande
Sich nur mit Sicherheit vermaͤhlt. Doch kann
Denn Sicherheit der ganz verkehrte Sinn
In Ruh und Ohnmacht und Verachtung finden?
Wir fliehn vor unſern eigenen Gedanken,
Wenn ſie uns rathen, nicht das Joch zu dulden. —
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Ich gehe kuͤhnlich der Gefahr entgegen,
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[354/0363] Zweite Abtheilung. det, da ihr das Schimpfliche gern duldet, um nur der Gefahr zu entgehn. Die Vorigen. Mopſa. Phillis. Apoll. Schaͤfer, und Ihr Schaͤferin, ich muß Euch jetzt verlaſſen, aber wir ſehn uns bald wieder. Mopſa. Heirathet Ihr denn keine von uns? Apoll. Ich darf nicht, das Schickſal und die Goͤtter ſind dagegen. Mopſa. Ihr ſeid ein Narr — Nun, Myr- till, ſo muß ich wohl mit Euch vorlieb nehmen, Ihr ſeid gebildet und geſchoren, und Ihr gefallt mir nun viel beſſer. Aulicus. Und Du, Phillis? Phillis. Je nun, wenn meine Schweſter mir mit dem Beiſpiele vorgeht, ſo will ich mich auch mit Dir zufrieden ſtellen. (Schaͤfer ab.) Apollo allein. Ich muß mich ſchaͤmen, wenn ich Feigheit tadle; Denn haͤlt mich etwas andres hier zuruͤck, Als daß ich der Gefahr entweichen moͤchte? Wir leben gern in Schande, wenn die Schande Sich nur mit Sicherheit vermaͤhlt. Doch kann Denn Sicherheit der ganz verkehrte Sinn In Ruh und Ohnmacht und Verachtung finden? Wir fliehn vor unſern eigenen Gedanken, Wenn ſie uns rathen, nicht das Joch zu dulden. — Lebt wohl, ihr Heerden und ihr ſtillen Fluren, Ich gehe kuͤhnlich der Gefahr entgegen,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/363>, abgerufen am 24.11.2024.